Plantage der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
ständig an Rodrique denken. Was er wohl gerade machte? Er hatte sie in der Nacht zuvor beinahe bis nach Hause begleitet. Nur die letzten paar hundert Meter war Madeleine allein gelaufen. So spät es war, man wusste nie, wer hinter einem der Fenster stand. Gaston, der nicht schlafen konnte, was öfter der Fall war, oder Emmi, die in Pantoffeln und Hausrock bereitstand zur Flucht, weil sie wieder fürchtete, Gespenster wollten durch die Fugen der alten Mauern schlüpfen.
„Ja, bitte.“ Er trommelte mit den Fingern auf die Kante ihres Schreibtisches und schien nachzudenken.
„Ich fahre nach Taupinière. Ich will mir das Lager ansehen, vielleicht ist doch noch was zu retten. Wenn Sie mit den Akten fertig sind, können Sie meinethalben den Rest des Tages freinehmen.“ Er deutete auf einen Stapel Ordner, der sich auf dem Beistelltisch türmte. Es gab etliche Papiere neu zu ordnen und andere einzusortieren. Madeleine nickte. Freudige Erwartung begann in ihrem Bauch zu kribbeln. Für diese Arbeit würde sie nicht allzu lange brauchen. Eventuell konnte sie am Nachmittag Rodrique einen Überraschungsbesuch abstatten? Bestimmt sehnte er sich genauso nach ihr, wie sie sich nach ihm? Falls er unterwegs war, würde sie auf ihn warten?
Gaston seufzte schwer.
„Schön, dass Sie die Aussicht auf einige freie Stunden so vergnügt aussehen lässt. Vielleicht könnten Sie … ach nein. Ich sehe selbst noch einmal bei Olivier vorbei. Möglicherweise kann ich ihn gleich mitnehmen nach Taupinière.“
„Möglicherweise“, erwiderte Madeleine und lächelte.
„Ich werde auf jeden Fall bis zum späten Abend zurück sein. Sie sind so lieb und kümmern sich um die Vorbereitungen für unseren plötzlichen Besuch?“
„Natürlich. Gern.“ Sie nickte.
„Danke, meine Liebe.“ Gaston strich sich über die Glatze. Unerwartet glitt ein trauriges Lächeln über sein Gesicht. „Es ist schön, dass Sie hier sind, auch wenn die Umstände, die Sie hergeführt haben, sehr tragischer Natur sind. Sie sind mir eine echte Unterstützung.“
Ohne eine Antwort abzuwarten, wandte er sich um und verließ den Raum. Nachdenklich sah Madeleine ihm nach. Der arme Gaston, er hatte es nicht leicht gehabt in seinem bisherigen Leben. Manchmal glaubte sie, dass er in ihr so etwas wie einen Ersatz für seine verstorbene Tochter sah. Sie schüttelte die trüben Gedanken ab. Je rascher sie an die Arbeit ging, desto eher konnte sie sich auf den Weg zu Rodrique machen. Warm durchlief es sie. Wie wundervoll die Stunden mit ihm gewesen waren. Wie gern wollte sie sie wiederholen, so bald wie möglich.
„Ein ganzes Leben“ wollte er mit ihr teilen. Dies konnte nur bedeuten, dass er sie heiraten wollte. Wann? Sicher bald, er war ja nur vorübergehend auf Martinique. Vielleicht wollte er sie gleich mit zu sich nach Hause nehmen? Oder er kam wieder und sie heirateten dann? Madeleine lehnte sich im Stuhl zurück. Unmöglich, die staubigen Akten zu sortieren. Wo war dieses „zu Hause“? Sie hatte ihn gar nicht gefragt. Hoffentlich nicht allzu weit weg, schließlich brauchte Gaston sie im Büro. Eilig brachte sie den winzigen störenden Gedanken zum Schweigen. Ihre Zukunft als Rodriques Frau stand gegen die triste Büroarbeit. Dies war keine Überlegung wert. Sie brauchte ein Brautkleid! Schneeweiß sollte es sein, und einen blütenbestickten Schleier wollte sie haben und eine Schleppe aus schimmerndem Satin. Eine Hochzeitstorte, drei Stock hoch, mit süßer weißer Creme und rosa Zuckerrosen. Gaston und Louis sollten dabei sein, mehr Familie hatte sie ja nicht mehr. Kurz drückte es in ihrer Brust. Wie gerührt wäre ihr Vater gewesen, seine Tochter zum Altar zu führen, und wie ergriffen ihre Mutter, sie in die Ehe zu entlassen. Madeleine seufzte. Das Schicksal war nicht zu ändern. Rodrique hatte sicher viele Verwandte. Es würde eine wunderschöne, rauschende Feier werden! Und am frühen Abend, wenn alle Gäste noch mit köstlichen Speisen, Wein und Musik beschäftigt waren, würden sie sich zurückziehen und dann … In Madeleine begann es zu fiebern. Sie musste ihn wiedersehen. Sofort! Aber erst die Akten, Gaston sollte nicht enttäuscht sein. Ach ja, und Emmi brauchte Anweisungen für den Besuch von Madame de Fortune. Entschlossen stand Madeleine auf. Zuerst wollte sie Emmi Bescheid geben, sie brauchte immer so lange für alles.
„Abgereist?“ Madeleine spürte, wie alle Farbe aus ihrem Gesicht wich. Sie starrte den Portier an, über dessen
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