Plantage der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
fiel ihr etwas ein, und sie setzte sich gerade hin. Die Nachricht, die er gestern Abend bekommen hatte! Hatte sie etwas mit seinem unerwarteten Verschwinden zu tun? Himmel, warum hatte sie sie nicht gelesen! Sie sank in sich zusammen. Nun war es zu spät. „Grande-Terre“, dies war das Einzige, was sie in dem kurzen Moment hatte sehen können. Ob er dorthin gefahren war? Oder war nur der Brief von dort gekommen? Ging es in dem Schreiben um eilige Geschäfte, die mit der Insel zusammenhingen? Ob sie ihn fand, wenn sie versuchte, nach Grande-Terre zu kommen? Doch wie? Nicht einmal das Geld hatte sie hierfür.
Madeleine zog die Scheine aus dem Kuvert und zählte. Bitterkeit überkam sie. Niemals würde die Summe reichen, um eine Schiffspassage zu bekommen. Selbst wenn sie ab sofort eisern sparte, es würden Monate ins Land gehen, bis sie genug beisammen hatte. Nebenbei war nicht gesagt, dass Rodrique tatsächlich auf der Insel zu finden war.
Allmählich übermannte sie die Erschöpfung. Sie stopfte Geld und Papiere in ihre Handtasche und raffte sich mühevoll auf, um nach Hause zu gehen.
Nie zuvor war ihr der Weg so weit erschienen. Immer wieder kamen ihr die Tränen, sosehr sie sich auch vor den verwunderten Passanten schämte, die ihr entgegenkamen.
Eine gute halbe Stunde später trat Madeleine durch das schmiedeeiserne Tor von Gastons Anwesen und ging schweren Schrittes die breite Auffahrt zum Haupteingang hoch. Sie hätte lieber den Seiteneingang genommen, der eigentlich für das Personal bestimmt war, aber sie vermutete, Louis in die Arme zu laufen. So gern sie ihn hatte, sie wollte jetzt nicht mit ihm reden. Sie wollte nur noch allein sein, sich auf ihr Bett legen und darüber nachdenken, ob es nicht doch eine Aussicht gab, Rodrique zu finden.
Flüchtig warf sie einen Blick zu den hohen Fenstern. Hinter keinem bewegte sich etwas. Sie senkte den Kopf und lief rascher. Nur kein Aufsehen erregen. Sacht drückte sie die Klinke der massigen Eingangstür hinunter und schlüpfte in die kühle, dämmrige Halle. Nun noch die Treppe, den Gang hinter, und dann hätte sie ihr Zimmer erreicht, wo sie hoffentlich ungestört war. Sie stutzte. Gastons Stimme drang gedämpft, aber aufgebracht aus seinem Büro. Er hatte doch nach Taupinière fahren wollen? Unmöglich, dass er in der kurzen Zeit schon wieder zurück war. Gab es neuen Ärger?
Für einen unsicheren Augenblick überlegte sie, sich zu erkundigen, und entschied sich sogleich anders. Ihr fehlte gerade die Energie für Gastons geschäftliche Schwierigkeiten. Sie hatte eben den Fuß auf die erste Stufe gesetzt, als die Tür von dessen Büro aufflog.
„Madeleine!“
„Gaston?“ Sie straffte die Schultern. Trotz ihrer eigenen schlechten Verfassung erkannte sie, wie bleich und erschüttert ihr Arbeitgeber aussah. Hinter ihm erschien Gilbert, einer der Stallburschen. Seine mageren Schultern hingen nach vorn, und in der Hand drehte er seine Mütze.
„Was ist geschehen?“ Dass Gilbert sich im Hauptgebäude aufhielt, deutete auf einen äußerst ungewöhnlichen Anlass hin.
„Es ist eine Katastrophe!“, schnaubte Gaston. „Gilbert, ich gebe Anweisung, dass für Ihren Bruder ein Arzt bestellt wird. Sowie er ansprechbar ist, lassen Sie es mich wissen!“
„Jawohl, Monsieur. Und vielen Dank.“ Mit zwei raschen Verbeugungen, die Mütze gegen den Bauch gepresst, verabschiedete sich der Stallbursche.
„Was ist passiert?“, wollte Madeleine erneut wissen.
„Die Caribbean Sky ist Piraten in die Hände gefallen. Das Schiff ist verschollen, es gibt nur wenige Überlebende. Einer davon ist Gilberts Bruder Mathis. Er ist schwer verletzt, konnte sich aber auf eines der Beiboote retten und wurde in der Nähe von Roseau von einem Frachter aufgenommen, der ihn zum hiesigen Hafen mitgenommen hat.“ Gastons Gesicht war rot angelaufen, während er sprach.
„Das ist ja furchtbar!“ Madeleine war ehrlich bestürzt.
„Das ist es! Ich bin so gut wie ruiniert, Madeleine.“ Er schwankte und hielt sich am Türrahmen fest.
„Monsieur, Sie dürfen sich nicht so aufregen, bitte.“ Sie trat zu ihm und legte ihm die Hand auf den Arm. „Kommen Sie, setzen Sie sich. Ich werde Emmi bitten, einen Tee zu kochen.“
„Ich brauche keinen Tee! In solch katastrophalen Fällen wie diesen hilft nur etwas Hochprozentiges.“ Überraschend festen Schrittes ging er in sein Büro zurück und nahm die bauchige Kognakflasche aus der Vitrine. Er goss sich zwei Fingerbreit in ein
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