Plantage der Lust: Erotischer Roman (German Edition)
hatte es abgekühlt. Frischer, leichter Wind streichelte ihr Gesicht.
Wenn das Wetter so blieb, würde sie heute Abend das cremefarbene Kleid anziehen. Um die bloßen Schultern konnte sie ein Tuch legen, vielleicht das hellrote. Sie fand, es passte besser als jedes andere zu ihren blonden Locken. Mit beiden Händen strich sie sich durch die Haare. Sie würden sie offen lassen. Und für das Dekolleté eventuell das Medaillon mit der schwarzen Rose? Es war ein Geschenk ihrer Mutter gewesen, nur wenige Monate vor ihrem Tod. Madeleine seufzte schwer. Wie gern hätte sie sich ihrer Mutter anvertraut und mit ihr über Rodrique gesprochen. Oder nicht? Hätte sie ihr kleines Geheimnis für sich behalten, so wie sie es Gaston auch verschwiegen hatte?
Er war deutlich aufgebracht gewesen, als sie gestern durchnässt und dreckig und reichlich außer Atem nach Hause gekommen war. Es war ja auch schon nahezu dunkel gewesen. Sicher, er war weder ihr Vater noch ihr Vormund, sondern nur ihr Arbeitgeber, also war ihre Freizeit weitgehend ihre Angelegenheit. Dennoch, sie wollte ihn nicht verärgern. Abgesehen davon war ihm eine Sorge in sein gutmütiges rundes Gesicht geschrieben gewesen, die jeden Vorwurf überwog. Nach dem Unglück, welches seiner eigenen Tochter, seinem einzigen Kind, vor Jahren zugestoßen war, konnte Madeleine ihn durchaus verstehen. Entschieden schüttelte sie den Kopf. Sie wollte diesen trüben Erinnerungen nicht nachhängen. Lieber wollte sie sich für den Tag fertig machen, eine Kleinigkeit frühstücken und sich dann an ihren Schreibtisch setzen, um die Aufstellung für die Buchhaltung zu beenden. Ob Emmi Brioches gebacken hatte? Dazu Butter und Aprikosenmarmelade und frisch gebrühter Kaffee? Madeleine lief bei dem Gedanken an das duftende Hefegebäck das Wasser im Mund zusammen.
Sie öffnete die Zimmertür einen Spalt und schnupperte. Tatsächlich meinte sie, der süße Geruch der Leckerei zöge durchs Treppenhaus. Eilig begann sie, sich anzuziehen.
Eine gute Stunde darauf saß sie an ihrem Arbeitsplatz und notierte sorgfältig die Zahlenkolonnen untereinander.
Gaston erschien am späten Vormittag, gerade als Madeleine mit der Buchhaltung für den vergangenen Monat fertig war. Seine Miene war angestrengt.
„Wie weit sind Sie, Madeleine?“, fragte er nach einer kurzen Begrüßung, ohne sie noch einmal auf den Vorabend anzusprechen.
„Ich bin fertig, Monsieur.“ Madeleine reichte ihm die Papiere und forschte unauffällig in seinem Gesicht. Er würde ihr doch nicht ernsthaft böse sein? Was konnte sie für das Unwetter?
Gaston überflog die Unterlagen und nickte. Auf seiner Stirn standen dicke Falten.
„Wo ist das Buch mit den Beständen?“
„Hier.“ Sie stand auf und wandte sich zu dem Regal, welches seitlich des Schreibtisches stand. Mit einem Griff zog sie das gewünschte Werk heraus. Gaston begann wortlos zu blättern. Madeleine bekam ein flaues Gefühl im Bauch. Irgendetwas stimmte doch nicht.
„Monsieur? Entschuldigung, aber … ist alles in Ordnung?“
Gaston sah hoch und stieß einen schweren Seufzer aus. „Wie man es nimmt. Das Unwetter von gestern hat unserem Lager in Taupinière schweren Schaden zugefügt. Durch einen umgestürzten Baum ist das Dach beschädigt worden und reichlich Wasser eingedrungen. Unsere Restbestände an Muskatnuss, Zimt und Koriander wurden quasi weggespült. Jetzt kann ich Bellier nicht beliefern! Dabei war es ohnehin schwierig, den Auftrag zu kriegen. Wenn ich nicht im Wort bleibe und er übermorgen die Ware nicht bekommt, bestellt er in Zukunft wieder bei Lenoir, diesem Halsabschneider!“
Betroffen hatte Madeleine zugehört. Gaston fuhr sich über die Glatze. Zögernd griff sie nach dem Buch, welches er aufgeschlagen auf den Schreibtisch gelegt hatte, und begann zu blättern.
„Könnten wir nicht Muskatnuss und Koriander aus dem Lager in Galocha nehmen? Und Bellier mit dem Zimt hinhalten? Es kommt doch nächste Woche die große Lieferung mit der Caribbean Sky. Dann kriegt er den Zimt eben später“, schlug sie vor.
Gaston begann, im Raum auf und ab zu gehen.
„Galocha? Ziemlich weit weg, aber besser als nichts. Guter Gedanke, Madeleine. Allerdings war die Ware eigentlich für Madame de Fortune bestimmt.“
„Ich dachte, das eilt nicht? Sie wollte doch eine Nachricht schicken, sowie sie sie benötigt“, wandte Madeleine ein.
„Richtig. Zugegeben rechne ich täglich damit. Aber was soll es, Madame de Fortune ist ein sehr umgänglicher
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