Plasma City
werde ich mich kümmern.«
■ ■ ■
Mit verfilztem Haar und schaudernd vor Kälte kehrt Aiah mit Constantines Leuten zum Vulkan-Hotel zurück. Constantine hat für die kurze Spanne, die sie in der Öffentlichkeit auftreten müssen, wieder die rote Perücke aufgesetzt. Sorya erwartet sie schon in der Suite. Sie trägt wundervollen Goldschmuck und ein strahlendes rotes Seidenkleid. Die Farbe der Seide passt zu der Wut, die sofort ausbricht, als Constantine eintrifft.
»Parq kommt zum Essen?«, faucht sie. »Und du hast dir das ausgedacht?«
Constantine gibt die rote Perücke einem seiner Begleiter. »Allerdings«, bestätigt er.
»Aber ich sagte dir doch, dass du ihm nicht trauen kannst.«
»Ich traue ihm auch nicht«, erwidert Constantine gelassen. »Ich benutze ihn.«
Soryas Hände fahren mit den langen Fingernägeln wie Messer durch die Luft. »Er hat bisher noch jeden Geschäftspartner und Auftraggeber betrogen …«
Constantine nickt. »Und deshalb«, sagt er, »ist er sehr berechenbar.«
Sorya tobt weiter. Die Leibwächter ziehen sich taktvoll in andere Bereiche der Suite zurück, die gerade jetzt unbedingt gegen Eindringlinge gesichert werden müssen. Aiah denkt, dass sie Bobo und Momo am besten sich selbst überlässt. Sie weicht dem Sturmzentrum aus und flieht in ihr Zimmer.
Sie richtet sich ein Bad und weicht lange im heißen Wasser ein, damit der Duft des geschmeidigen Badeöls ihre Nerven beruhigen kann … aber es ist hoffnungslos, weil zornige Stimmen die Tür im Rahmen vibrieren lassen. Die Worte kann Aiah nicht verstehen, aber vielleicht spielt das auch keine Rolle, denn die Worte haben vermutlich sowieso nicht viel zu vermitteln außer dass die Sprecher wütend sind. Aiah erinnert sich an Zeiten in ihrer Jugend, als die Alltagsroutine unvermittelt durch das Geschrei zorniger Nachbarn gestört wurde. Der Streit war durch die dünnen Wände der einfachen Häuser gut zu hören – oder wenn es kein Streit war, dann ein geräuschvoller Geschlechtsverkehr, manchmal unerklärlicherweise einer nach dem anderen … Aiah erinnert sich an ein Gefühl von Peinlichkeit, das aber nicht sie selbst, sondern viel eher die Nachbarn betraf … Menschen, die sie jeden Tag sah und auf den Gängen grüßte, hatten so ihre eigene Intimität missachtet und ihre Geheimnisse in die Welt hinausgeschrien …
Bobo und Momo. Constantine und Sorya. Aiah wird klar, dass sie eigentlich überhaupt nichts über diese Frau weiß, außer dass sie eine reiche Carveli ist. Aiah fragt sich, wie lange Sorya und Constantine schon zusammen sind oder ob sie sich häufig auf diese Weise streiten oder nur wenn sie einen Krieg planen … Aiah lacht leise über den Gedanken und wäscht sich den Hals.
Türen knallen, dann wird es still. Aiah wäscht sich die Haare, rutscht in der langen Porzellanwanne weit hinunter, bis sie ganz unter die Oberfläche taucht und nur noch die Kniescheiben als kleine Insel hervorlugen … wieder eine Erinnerung an die Kindheit. Durch eine verschwommene Wasserschicht geht der Blick hinauf zur rissigen Decke des Bads. Aber hier ist die Decke gekachelt, kleine blaue und weiße Mosaiksteinchen in einem lebhaften, abstrakten Muster.
Das Hotel hat ihnen wunderschöne dicke Frotteebademäntel zur Verfügung gestellt, in die der Name des Hotels eingewebt ist. Aiah wickelt sich in einen davon ein und beschäftigt sich eine Weile damit, das verfilzte Haar zu ordnen. Draußen ist es jetzt völlig still.
Aiah betrachtet sich im Spiegel und überlegt, ob die neuen Eindrücke irgendwie ihren Augen anzusehen sind, ob man äußerlich erkennen kann, wie der Geschmack des Meerwassers auf der Zunge sie verändert hat. Oder die Blicke und das starre Grinsen des Delphins, die strahlenden Farben der Unterwasserwelt im Licht der Scheinwerfer, Constantines Profil vor dem Himmel, während er das Boot steuert …
Es klopft leise an der Tür, und sie antwortet. Es ist Constantine, schon halb für seine Verabredung angekleidet – schwarze Röhrenhosen, die unten weiter werden, mit aufgesticktem Muster, Hosenträger über einem makellos weißen Hemd, die Rüschen noch nicht festgeknöpft. Das verlegene Lächeln wird durch die amüsiert funkelnden Augen wieder aufgehoben.
»Sie haben es wohl gehört?«, erkundigt er sich.
»Ich habe mich bemüht, es zu überhören«, erklärt sie.
»Sorya ist fort.«
»Wird sie zurückkommen?«
Er zuckt mit die Achseln. »Das liegt hauptsächlich an ihr.« Aiah tritt zur Seite und
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