Plasma City
Kopf, aus Tausenden Fenstern sieht sie nach draußen, die Menschen in den Wohntürmen scheinen wie Blutkörperchen durch ihre Adern zu strömen.
Prowler erschrickt, weil er irgendetwas wahrgenommen hat, und entfernt sich mit einem großen Sprung von keinem Platz, um im dichten Blattwerk zu verschwinden.
Aiah konzentriert sich zunächst auf den Raum. Die Einrichtung – der Schreibtisch, die Stühle, die Bildschirme – alles scheint unverändert und doch irgendwie bedrohlich, von einer verborgenen Kraft erfüllt. Aiah braucht einen Augenblick, um ihre Anima und die Sinnesorgane zu festigen, mit denen sie sich der Realität da draußen stellen wird. Sie geht nacheinander die Sinne durch, und dann schwebt ihre Anima nach oben zu den Sendemasten und ins Leere hinaus.
Sie könnte sich mühsam den Weg durch die Straßen bis zum Terminal suchen, aber es gibt eine einfachere Möglichkeit. Sie weiß, dass der Terminal in der Nähe der Grand City ist, und die Grand City besteht aus weißen Türmen, die beinahe aussehen, als sollten sie eine strahlende Antwort auf die schwarzen Reißzähne der Mage Towers darstellen. Am Horizont sind sie gut zu erkennen und Aiah streckt sich in diese Richtung. Sie folgt dem vierstöckigen District Boulevard, der am Rand von Rocketman verläuft, und biegt dann in die düsteren Schluchten zwischen den Häusern ein. Am Ende muss sie doch bis auf Bodenniveau hinunter, um die Straßenschilder zu lesen und den Zugang zur alten Fabrik zu suchen.
Als sie wie ein Gespenst in die Fabrik eindringt, sieht sie Constantine am Telefon sprechen. Er scheint sie nicht zu bemerken. Nur gut, dass die Bronzegitter noch nicht ganz zusammengebaut sind, sonst würde ihre Reise hier vor der Abschirmung enden. Ihre Anima würde sich in Constantines Plasmaverteidigung einfach auflösen. Aber sie kann mühelos zwischen den Leitungen hindurch und über die Treppe zum Keller vordringen.
Wieder schmeckt sie Betonstaub. Sie fragt sich, ob der Staub immer noch in der Luft schwebt oder ob sie sich nur an den Geschmack erinnert, weil sie schon einmal hier war. Der Presslufthammer ist entfernt worden; wahrscheinlich hatten die Arbeiter Angst, sie könnte ihn beschädigen. Die Arbeiter stehen in der Nähe der Treppe herum, bemerken sie aber nicht. Sie essen etwas und trinken Kaffee. Anscheinend wurden die Arbeiten eingestellt, nachdem sie aufgebrochen ist.
Sie umkreist das Loch im Boden, betrachtet den aufgehäuften Schutt, die Beton- und Ziegelbrocken. Darunter liegt eine vernarbte Fläche. Stahlbeton, in den glänzende Träger eingelassen sind. Sie fragt sich, ob sie vielleicht eine Jahrhunderte alte militärische Ruine vor sich hat. Ein Bunker, der durch ein eingebautes Netz von leitfähigem Metall vor geomantischen Angriffen geschützt war? Wenn das zutrifft, wird ihre Anima sich auflösen, sobald sie die Leitungen berührt. Für den physischen Körper sind sie harmlos und können im schlimmsten Fall ihre Sinne verwirren.
Soweit sie weiß, gibt es keinen anderen Weg es herauszufinden, als es zu versuchen. Sie visualisiert zwei Arme mit unsichtbaren Knochen und Muskeln aus Plasma, und greift ins Loch, berührt das Metall.
Nichts. Das Gebäude .ist ihr gegenüber nicht feindselig.
Aiah weiß nicht, welche Legierungen hier verwendet wurden, und sie versteht nicht genug von chemischer Geomantie, um es herauszufinden, aber sie stellt sich vor, dass sie das Material auf jeden Fall schmelzen kann. Sie verstärkt den Zustrom von Plasma über die unsichtbare Speiseleitung von den Mage Towers und lenkt die Energie in Form von Wärmestrahlung durch die Arme ihrer Anima …
Lange Zeit geschieht überhaupt nichts. Aber nach einer Weile läuft das Metall endlich schwarz an, dann glüht es dunkelrot und schließlich weiß. Kleine Flammen lodern auf. Tropfen der verflüssigten Le gierung fließen aus den freiliegenden Trägern. Aiah zieht mit einer visualisierten Bewegung das flüssige Metall heraus, das sich immer wieder in Vertiefungen im Beton abzusetzen droht. Sie will es völlig loswerden, also hebt sie es noch einmal an und ein umgekehrter Wasserfall aus hellem, flüssigem Metall ergießt sich aus dem Loch heraus auf den Boden des Raums. Dort soll es auskühlen und wieder erstarren.
Sie visualisiert noch mehr Arme. Jeder berührt ein Stuck des freigelegten Metalls, dann ruft sie mehr Energie ab. Der Beton bricht mit lautem Knacken, als sich das in ihn eingelassene Metall ausdehnt. Sie zieht die Legierung aus dem Beton, fasst
Weitere Kostenlose Bücher