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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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erspähte schwarze Gleitkufen unter ihrem Bauch. Natürlich. Ihre Retter wussten von Satellitenfotos, was sie erwartete. Mit der ersten Platzrunde hatten sie sich lediglich einen Überblick verschafft.
    »Gehen Sie nicht zu nahe ran!« Newcombe dachte vermutlich an Feuer und umherfliegende Teile, falls die Landung missglückte.
    Die weiße Cessna wirbelte jede Menge Sand hoch, als sie mit ein paar harten Stößen aufsetzte. Newcombe winkte und schrie, während die Maschine in Startposition rollte, aber er schaute dabei über Ruths Schulter hinweg. Sie drehte sich um und sah Cam, der auf sie zu gerannt kam. Ein Gefühl der Wärme stieg in ihrer Brust auf, und sie presste die Hand ans Herz, als müsste sie diese Wärme festhalten.
    »Na, was habe ich gesagt?«, rief ihr Newcombe zu. »Schnell jetzt!«
    Sie zögerte. Sie wollte Cam helfen, aber er winkte ab, und so drehte sie sich um und lief einfach los. Die Tür des Flugzeugs stand offen. Ruth versuchte mit Newcombes Hilfe an Bord zu klettern. Ein Mann beugte sich aus der Luke und packte sie an der Jacke.
    Ruth schaute auf. »Danke …«
    Etwas stimmte nicht mit seinem Gesicht. Ein Verband. Ein mit Heftpflaster befestigtes weißes Mullquadrat über dem rechten Auge. Er trug weder einen Druckanzug noch eine Sauerstoffmaske. Ruth warf einen Blick ins Cockpit. Auf dem Pilotensitz hatte ein zweiter Mann Platz genommen. Bei ihm war das linke Auge verpflastert. Ansonsten wirkten beide unversehrt und tipptopp. Neue Uniformen. Maschinenpistolen im Anschlag.
    Ruth wich zurück, aber Newcombe, der dicht hinter ihr stand, war stärker, und der andere Mann schrie: »Los jetzt, beeilt euch!«
    »Nun machen Sie schon, Ruth!«, drängte Newcombe.
    Sie kroch ins Innere, trotz ihrer Bedenken. Vielleicht war die Sache ja auch okay. Der Mann im Cockpit senkte die Maschinenpistole, und sein Begleiter half Newcombe und Cam nach oben. Niemand sonst war an Bord. Je weniger Gewicht, desto größer die Reichweite. Wie die Löcher im dünnen Bodenbelag zeigten, hatte man sogar einen Teil der Sitzreihen entfernt.
    Ruth fiel auf einen der wenigen Plätze, und Cam ließ sich neben ihr nieder. Der halb blinde Mann verriegelte die Tür. »Festschnallen«, sagte er, während er sich ins Cockpit begab und sich auf den Kopilotensitz zwängte.
    Der Pilot beschleunigte bereits. Die Maschine pflügte in die Dünen, und Eiseskälte schnürte Ruth die Brust zusammen – wie ein Knäuel glitschiger Schlangen. Sie bekam keine Luft. Die langen Monate auf der Raumstation hatten bewirkt, dass sie in engen Räumen zu Panik neigte. Die klapprige Kabine kam ihr wie eine tödliche Falle vor. Dann hob die Cessna schwerfällig ab.
    »Was ist mit ihren Augen los?«, flüsterte sie Cam zu, in erster Linie, um ihm nahe zu sein. Die Verbände der Piloten waren zu symmetrisch, was in ihr den Eindruck erweckte, als hätten sie sich die Verletzungen selbst zugefügt. Aber warum?
    Cam schüttelte nur den Kopf. Er musste sich erst sammeln. Dann drehte er sich zu Newcombe um und deutete auf sein Gesicht.
    »Atombomben«, sagte der Soldat ruhig. »Sie haben Angst vor weiteren Atombomben. Vor dem Lichtblitz. Wenn sie nur ein Auge verlieren, können sie das Flugzeug noch landen.«
    Mein Gott, dachte Ruth, während sie gegen ihre Klaustrophobie ankämpfte. Sie presste ihre Schutzbrille an die Sichtluke, als wollte sie fliehen, aber jenseits der verkratzten Plexiglasscheibe standen Berggipfel in Flammen, und Jets flogen hektisch hin und her.

19
    Bei jedem Stoß und jedem Rütteln schnitt der Sitzgurt tief in Cams Hüften. Die Piloten hatten Hosenträgergurte, die Passagiere dagegen nur Beckengurte. Der Flug erinnerte an das Auf und Ab einer Achterbahn, und mehr als einmal sackte der Sitz unter Cam weg, obwohl er den Gurt stramm festgezogen hatte.
    Hügel und Felsen huschten an den Sichtluken vorbei. Eine Stadt. Einmal flogen sie ein paar Sekunden parallel zu einer Stromleitung. Dutzende von Masten tauchten auf und verschwanden wieder. Es war enttäuschend. Sie hatten so viel durchgemacht, um hierher zu gelangen – und befanden sich noch immer nicht in Sicherheit, auch wenn sie der Pest entronnen waren. Die Cessna 172 hatte keine Druckkabine, aber die Fenster und das verglaste Cockpit waren mit Silikonmasse abgedichtet, ebenso die Durchführungen für die Instrumente und Steuereinrichtungen, die Luken und eine der beiden Türen. Auf dem Boden war eine Vakuumpumpe festgeschraubt, deren Abluftstutzen ins Freie führte. Eine

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