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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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Einen Augenblick lang überkam sie der verrückte Impuls, auf einen Felsblock zu springen und nach Cam und Newcombe zu rufen, vielleicht sogar ihre Pistole abzufeuern. Aber das war riskant, denn womöglich waren sie hier draußen nicht allein. Die Entscheidung lag bei ihr, und der einfache Code passte zu dem, was Newcombe gesagt hatte.
    »Hier Goldman, bitte bestätigen«, sprach Ruth in das Mikro. »Hier Goldman, bitte bestätigen.« Sie bückte sich und nahm alle drei Rucksäcke auf. Dann erzitterte die Wüste von Neuem. Aus den Bergen hinter ihr drang Lärm und Bewegung, eingehüllt in ein Gewirbel aus dunklen Linien und Feuer – Jets und Raketen.
    Irgendwie aber kam die gleiche Stimme wie vorhin schon durch, nämlich mit der Bestätigung, obwohl die Jäger in heftige Kämpfe verwickelt waren.
    »Roger, George, Rettung in fünfzehn, wiederhole, Rettung in fünfzehn.« Die Rebellen waren in voller Stärke eingetroffen. Es gab keine Möglichkeit, die Becken von Nevada ungesehen zu überfliegen, und so machten sie den Luftraum zwischen dem Feind und den Rollbahnen von Doyle in der Manier eines Rammbocks frei.
    Ruth marschierte los, die Pistole schussbereit. Das Funkgerät zischte leise, übertönt vom Dröhnen der Jets und einer fernen Detonation – eine Rauchspur, die an einer Bergflanke endete. Irgendwie wandte sie dem Spektakel den Rücken zu und ging weiter.
    Draußen in der Wüste tauchte ein Mann mit einem Gewehr auf. Nein, bitte nicht, betete sie, noch während sie die Hand mit der Pistole hob.
    Es war Newcombe. »Was machen Sie hier?«, schrie er, während seine Blicke von ihr zu den Bergen hinüberwanderten. Ruth drehte sich ebenfalls um. Der Luftkrieg war schnell und erschreckend und konzentrierte sich mittlerweile auf zwei Stellen. Helle Funken und Rauch.
    »Wo ist Cam?«, fragte sie keuchend. »Eine Maschine für uns. Landet in zwölf Minuten. Wir müssen zum Flugfeld.«
    Newcombe nahm ihr das Funkgerät ab und setzte sich in Bewegung, ohne seinen und Cams Rucksack mitzunehmen.
    »Wir können jetzt keinen unnötigen Ballast mitschleppen. Sie haben das Nanotech-Zeug, ja?«
    »Ich lasse ihn nicht im Stich!«
    »Haben Sie das Nanotech-Zeug?«, wiederholte Newcombe. »Er stößt am Flugplatz zu uns. Nun kommen Sie schon, verdammt noch mal! Kommen Sie! Es hat keinen Sinn, hier herumzurennen und nach ihm zu suchen. Wir könnten uns verfehlen und das Flugzeug verpassen.«
    Ruth nickte, aber die verrückte Sorge um Cam verließ sie keine Sekunde, während sie zum Flugfeld rannten. Sie hatte nicht begriffen, wie tief ihre Gefühle für ihn waren. Sie hatte sich vorgemacht, dass ihre Beziehung etwas rein Physisches war, etwas rein Zufälliges, das sich aus den Umständen ergeben hatte. Aber sie hätte sich wohl auch mit Newcombe eingelassen, wenn es wirklich nur um einen warmen Körper gegangen wäre.
    Zu früh kam eine andere Maschine aus der Hitze, kleiner und langsamer als die Jets. Auch sie waren niedrig über die Wüste hinweggeflogen, aber diese Kiste hielt höchstens ein paar Fuß Abstand zum Boden und kurvte umher wie die Kunstflieger von einst, die ihre Stunts für ein paar Dollar vorgeführt hatten. Auch das Geräusch der Flugmotoren unterschied sich stark vom schrillen Kreischen der Jet-Triebwerke. Es handelte sich um eine plumpe, kleine Cessna.
    Newcombe verhedderte sich in einem Zaun und rüttelte wütend an dem Maschendraht. »Herrgott noch mal!« Sie waren knapp hundert Meter vom Flugfeld entfernt und sahen nirgendwo einen Durchlass. Er hätte problemlos über das Hindernis klettern können, aber für sie und ihren gebrochenen Arm kam das nicht in Frage.
    Ruth ließ ihre Blicke wieder über die Felsblöcke und den Sand schweifen. Angenommen, Cam ist den langen Weg zu unserem Versteck zurückgelaufen, um mich zu holen, dachte sie besorgt. Am liebsten hätte sie laut seinen Namen gerufen.
    Newcombe führte sie vierzig Meter weit bis zu einem Tor. Er hielt den Gewehrlauf gegen das Schloss und drückte ab. Sie schoben sich zwischen zwei langen Aluhangars durch. Die Cessna steuerte den freien Platz vor ihnen an, aber plötzlich stieg sie höher und verschwand.
    »Wartet, wartet, wir sind hier!«, schrie Newcombe in das Funkgerät. Dann hatten sie die Hangars hinter sich gelassen und sahen, dass die Rollbahnen mit Sand bedeckt waren. So wie die Wüste die Highways zurückerobert hatte, so hatte sie auch dieses Flugfeld längst unter sich begraben. Die Maschine drehte eine Schleife und kam zurück. Ruth

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