Plasma
kam ihnen ebenfalls entgegen. Es würde jede Annäherung in den Pass weiter unten lenken; dort fiel der Hang in ein Tal ab, das von den flachen, gewundenen Bändern der Highways 82 und 24 gesäumt wurde.
Sie brachten Kotowych zu Bunker 5. Zwei weitere Soldaten tauchten am Eingang auf. »Wir übernehmen ihn, Sir«, sagte einer von ihnen.
Hernandez schüttelte den Kopf. Er wollte selbst bei dem Verletzten bleiben.
»Bitte, Sir«, beharrte der Soldat.
Plötzlich erschien Sergeant Gilbride von der Talseite des Bunkers her. Sein bärtiges Gesicht war stark gerötet, als sei er quer durch das Camp gejoggt. Bei seinem Anblick überkam Hernandez ein ungutes Gefühl.
»Major, ich bräuchte kurz Ihre Hilfe«, sagte Gilbride.
»Ich komme.« Hernandez löste sich von Kotowych. »Alles in Ordnung mit Ihnen?«
»Jawohl, Sir.«
Gilbride hatte schon wieder mit dem Abstieg begonnen, und Hernandez folgte ihm. Dann hörte er eine helle, klare Frauenstimme. Er warf einen Blick über die Schulter. Powers und ein anderer Mann hatten ihm nachgestarrt und senkten nun rasch die Köpfe.
Hernandez dämmerte die Wahrheit. Verdammt, sie wollten mich nicht drinnen haben!
Fast alle seiner Leute waren in Leadville kaserniert gewesen, ehe man sie ihm zugeteilt hatte. Sie hatten Freundinnen, Kameraden und jegliches Gefühl für Sicherheit verloren . Seine Unteroffiziere berichteten, dass sich mindestens drei Frauen unter den einundachtzig Soldaten befanden – drei Frauen, die keine Marines waren. Aber Hernandez hatte den Hinweis übergangen. Da nur elf Angehörige seiner Einheit weiblich waren, herrschte in diesem Bereich ein krasses Missverhältnis. Bis jetzt hatte es allerdings erst zwei Schlägereien gegeben, und Hernandez, dem es nicht leichtfiel, sich mit seinen Leuten zu verbrüdern, wollte nicht selbst für Unfrieden sorgen. Zusatzrationen waren zwar nicht eingeplant, aber er konnte es sich auch nicht leisten, den Männern die wenigen guten Dinge, die sie sich beschafften, zu verbieten, selbst wenn er sich Sorgen machte, wohin das letztlich führen konnte. Auf Schwangerschaften waren sie hier nicht eingerichtet.
Er marschierte weiter, den Kopf gesenkt, die Stirn in Falten gezogen. Er hatte selbst jemanden zurückgelassen, eine jüngere Frau namens Liz, die zum Glück einen Job in der Stadt gefunden hatte. Liz war Botanikerin und beaufsichtigte ein ganzes Stockwerk mit Gewächshäusern, die man im Schutz eines der alten Hotels errichtet hatte. Das war eine große Sache, aber wenn er an Liz dachte, erinnerte er sich nur an ihr goldbraunes Haar und die Art, wie sie es hinter ein Ohr strich, sodass er ihre lange, vollendete Nackenlinie bewundern konnte.
Er fragte sich wieder, ob sie mitgekommen wäre, wenn er sie gebeten hätte, Leadville zu verlassen.
»Halt«, sagte er und legte Gilbride eine Hand auf die Schulter. Sie hatten die Hälfte des Weges zum Kommandobunker zurückgelegt und waren nun allein auf dem schräg abfallenden Hang. Nur ganz am Ende von Bunker 7 stand ein einsamer Wachtposten. »Ich bin ja nicht völlig begriffsstutzig«, fuhr er fort. »Sie hatten Besuch in Bunker 5, den ich nicht sehen sollte.«
Gilbride schüttelte den Kopf und winkte ihn weiter.
»Nein«, erklärte Hernandez. »Ich muss mindestens noch einmal nach oben, um eine Ladung Felsblöcke zu holen.«
»Bitte, Sir!« Gilbrides Stimme klang rau und verschnupft. Seine Nasenwände reagierten auf die trockene Höhenluft mit einer Überproduktion von Schleim, der ihm Atembeschwerden bereitete.
Aber nicht deshalb warf Hernandez dem Freund einen forschenden Blick zu. Sir. Die formelle Anrede passte nicht zu Gilbride. Er wusste, dass er sie weglassen konnte, wenn sie allein waren. Nathan Gilbride war einer der vier Marines, die mit Hernandez nach Sacramento geflogen waren, und schon vor diesem Ereignis hatten sie sich gut verstanden. Sie waren das ganze Pestjahr zusammen gewesen. Die Schuldgefühle, die Hernandez ihm gegenüber empfand, gingen tief und waren mit Ärger vermischt, ja sogar mit Hass. Gilbride verdiente die Verbannung in diese Felswüste nicht, aber Hernandez war froh, ihn bei sich zu haben, was seine Gewissensbisse noch verstärkte. Er vertraute Gilbride, auch wenn die Führungsschicht in Leadville das nicht tat. Er wusste, dass Gilbride ein gutes Barometer für die Stimmung in der Truppe war – und Gilbride strahlte Nervosität aus.
»Kommen Sie, machen Sie eine Pause«, sagte Gilbride. »Sie nützen niemandem, wenn Sie erschöpft
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