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Plasma

Plasma

Titel: Plasma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Carlson
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abzuprallen. Cam und Newcombe wurden von den Beinen gerissen und landeten links und rechts von ihr auf dem harten Fels. Jemand stieß mit dem Fuß gegen ihren Arm. Ein heftiger Schmerz durchzuckte die Bruchstelle und schaltete ihr Denken aus. Schreie. Irgendwo. Samantha, Brandon und sie selbst.
    Nach einer Weile wurde ihr bewusst, dass es vorbei war. Sie suchte nach Cam. Sein Gesicht war schmerzverzerrt. Er lag auf der Seite und pulte Schmutz aus der offenen Wunde an seiner Hand. Kevin tastete stöhnend seinen Knöchel ab. Von weiter oben am Berg erreichten sie aufgeregte Stimmen. »Was war das denn?«, fragte Mike.
    »Sämtliche Bruchlinien auf dem Kontinent könnten in Bewegung geraten sein«, meinte Newcombe. »Wenigstens vermute ich das. Oder hat jemand von euch einen zweiten Lichtblitz gesehen?«
    Sie schüttelten die Köpfe.
    »Ihr Jungs seid doch aus der Gegend«, sagte Newcombe. »Gibt es hier in der Nähe irgendwelche Verwerfungen?«
    »Klar«, entgegnete Mike. »Das hier ist Kalifornien.«
    »Das erste Beben wurde von der Bombe ausgelöst. Das zweite vielleicht auch. Ich weiß es nicht, Herrgott noch mal. Hoffen wir, dass es jetzt vorbei ist.«
    »Dann drehen Sie sich mal um«, sagte Cam.
    Im Osten war das Frühlicht wieder der Nacht gewichen. Ruth fand, dass sich die gewaltige Verzerrung in der Atmosphäre etwas verlangsamt hatte, aber nun quoll ein giftiger schwarzer Fleck im Gefolge der Schockwelle über den Saum des Horizonts. Er kräuselte sich und barst, ein Streifen Finsternis, der sich langsam ausdehnte.
    Fallout – Asche und Staub, die von der pulverisierten Materie stammten, die für kurze Zeit heißer als die Sonne geglüht hatte.
    Alle tranken, auch Samantha, während sie ihre Rucksäcke schulterten, ihre Messer verstauten und ein paar kostbare Andenken einsteckten. Hiroki hatte einen glänzenden Vierteldollar, den er Mike zeigte und ihm dann plötzlich in die Hand drückte. Brandon sah die Geste, nahm seine Giants-Mütze ab und schenkte sie Alex.
    Die Pfadfinder verabschiedeten sich überlaut mit Schulterklopfen und vielen Umarmungen. D Mac schloss Cam spontan in die Arme, und dann umringten die Kids Ruth und drückten auch sie an sich. Mike stieß an ihre Armschiene, und Alex küsste sie auf die Wange.
    Angesichts des brodelnden Himmels waren es große Gesten. Ruth schwor sich, weder die Kids noch ihren Mut je zu vergessen, und sie hoffte von ganzem Herzen, ihnen irgendwann wieder zu begegnen. Als sie sich jedoch nach Osten wandte und Cam talwärts folgte, ballte Ruth die Fäuste und fragte sich, wie weit wohl der Fallout gegen den Wind nach Westen vordringen würde.

15
    »Vorsicht!« Cam wich rasch nach rechts aus und half Ruth seitlich über einen umgestürzten Baumstamm. Die braunen, wie Seile zusammengerollten Reptilien, die er erspäht hatte, waren vermutlich keine Klapperschlangen. Gophernattern sahen zwar sehr ähnlich aus und waren vor der Pest weit verbreitet gewesen, aber er durfte kein Risiko eingehen. Auch Bisse von ungiftigen Schlangen würden sie mit der Pest infizieren und offene Wunden hinterlassen, in die weitere Seuchen-Nanos eindringen konnten – und außerdem: frisches Blut lockte womöglich die Insekten an.
    Er stützte sie, bis ihre Stiefel festen Halt gefunden hatten, und legte ihr dann einen Arm leicht um die Hüfte. Ruth atmete schwer. Cam suchte ihren Blick, aber sie hielt den Kopf gesenkt. Alles, was er sah, war die Schutzbrille und die Maske. Seine eigene Ausrüstung kam ihm nach der Nacht auf dem Berg, als er die Kälte auf der nackten Haut gespürt hatte, besonders schmutzig vor.
    Newcombe balancierte hinter ihnen über den Stamm. Cam ließ Ruth los und eilte wieder voraus, nach Osten, immer nach Osten. Sein eigener Körper verriet ihm, ob der Pfad, den er durch den Wald brach, sicher war. Er hatte den Gedanken, Ruth in ein Flugzeug zu setzen und wegzuschicken, längst als Fantasterei aufgegeben. Die Vorstellung, dass er mit einer Handvoll von Pfadfindern hierbleiben und langsam mit dem Wiederaufbau beginnen könnte, leugnete die Bedürfnisse und die Verzweiflung der übrigen Welt. Er hätte wissen müssen, dass Leadvilles Feinde angreifen würden. Sie hatten doch nur auf die Gelegenheit gewartet.
    Er schätzte, dass die Rebellen hinter dem Bombenanschlag steckten. Sie hatten Leadville zerstört, weil sie den Wettstreit um Ruth beenden wollten. Das war eine gute Sache, sofern sie ihr Ziel erreicht hatten. Er musste jedoch weiterhin so handeln, als sei das nicht

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