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Platon in Bagdad

Platon in Bagdad

Titel: Platon in Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Freely
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ersten vier Bücher der
Kegelschnitte
des Apollonios. Diese Kommentare waren für die Überlieferung entscheidend.
    Ammonios war der letzte heidnische Philosoph von Alexandria, denn zu seinen Lebzeiten hatte sich das Christentum schon durchgesetzt: gegen die alten Götter, die im Serapeion angebetet wurden,und gegen die griechischen Philosophen, deren Werke man im Museion und in der Bibliothek studierte. Schon 200 Jahre zuvor hatte der Kirchenschriftsteller Tertullian eine Verteidigungsschrift gegen die heidnische Philosophie verfasst, in der er die Naturwissenschaft zugunsten der christlichen Offenbarung zurückwies:

    Was haben also Athen und Jerusalem gemeinsam, was die Akademie und die Kirche, was Häretiker und Christen? Unsere Unterweisung stammt aus der ›Halle Salomos‹, der dazu in eigener Person gelehrt hatte, dass man den Herrn in der Einfalt des Herzens suchen müsse … Für uns ist Wissbegierde keine Notwendigkeit seit Jesus Christus, Forschung kein Bedürfnis seit dem Evangelium. Indem wir glauben, verlangen wir, nichts darüber hinaus zu glauben. Dies nämlich glauben wir zunächst: dass es nichts gibt, was wir darüber hinaus glauben müssen.

    Die Ruinen der alten Bibliothek von Alexandria wurden in den 1990er-Jahren von italienischen Archäologen freigelegt. Zugleich waren in der Nähe des ursprünglichen Standorts bereits Bauarbeiten im Gange, um die Bibliothek im Rahmen eines UNESCO-Pro jekts neu erstehen zu lassen. Sie wurde am 16. Oktober 2002 unter dem Namen Bibliotheca Alexandrina eröffnet und führt die überlieferten Werke aller Gelehrten und Forscher, die mit der ptolemäischen Bibliothek verbunden waren, zum Beispiel Euklid und Archimedes, einige davon in den arabischen und lateinischen Übersetzungen des Mittelalters, durch die sie nach Westeuropa übermittelt wurden – Fasern des Ariadnefadens, der das wissenschaftliche Denken der antiken Welt mit dem der Moderne verbindet.

VON ATHEN NACH ROM, KONSTANTINOPEL UND GONDISCHAPUR
    I n Rom erlebte die Philosophie und Wissenschaft nie eine solche Blüte wie in Athen und Alexandria. Doch für die geistige Entwicklung im mittelalterlichen Europa waren einige römische Philosophen und Wissenschaftler von großer Bedeutung.
    Um die Mitte des 2. Jahrhunderts v. Chr. beherrschte Rom den größten Teil der griechischsprachigen Welt, den übrigen Teil eroberten römische Heere im Jahrhundert darauf. Zugleich war die griechische Kultur Teil der römischen Kultur geworden, wie an der Entwicklung der römischen Literatur nach hellenischen Vorbildern abzulesen ist.
    Nach 155 v. Chr. intensivierte sich dieser kulturelle Austausch, als eine athenische Gesandtschaft in Rom eintraf, um in einem Streitfall mit der attischen Stadt Oropos gegen ein Urteil Einspruch einzulegen. Die Abgesandten waren die Oberhäupter von drei der vier wichtigsten Athener Schulen: Karneades von Kyrene als Leiter der Akademie, Kritolaos von Phaselis als Leiter des Lykeions und Diogenes von Babylon als Oberhaupt der Stoa. Der Einspruch blieb erfolglos und die Gesandten kehrten nach Athen zurück; erreicht hatten sie in Rom allerdings nichts Geringeres als die Anregung des philosophischen Diskurses. Die epikureische Schule war nicht vertreten, vielleicht weil es die Epikureer in ihrer Glückssuche vermieden, am öffentlichen Leben teilzunehmen.
    Ein Jahrzehnt später kam der stoische Philosoph Panaitios vonRhodos (um 185 – 109 v. Chr.) aus Athen nach Rom und blieb bis zu seiner Rückkehr nach Athen im Jahre 129 v. Chr., als er die Leitung der Stoa übernahm. Cicero, der von Panaitios zutiefst beeinflusst war, schreibt über ihn: »Er floh vor dem Trübsinn und der Härte [der unerbittlichen Stoiker] und hieß ihre dornigen Streits nicht gut. In einem Zweig der Philosophie [Ethik] war er gemäßigter, in den anderen [Physik und Logik] klarer. Immer zitierte er Platon, Aristoteles, Xenokrates, Theophrast, Dikaiarchos, wie seine Schriften deutlich zeigen.«
    Poseidonios, einer der letzten originellen Denker der stoischen Schule, studierte in Athen bei Panaitios, bevor er nach Rhodos zog. Dorthin folgten ihm einige Schüler aus Rom, darunter auch Cicero, und auf ihren Reisen in den Osten des Imperiums besuchten ihn einige führende Köpfe Roms, zum Beispiel Pompeius. Auf einer Gesandtschaft nach Rom 87 v. Chr. vertrat er Rhodos, und seine ausgedehnten Reisen führten ihn sogar bis nach Gadeira (Cádiz) auf der Iberischen Halbinsel, wo er die Wasserbewegungen des Atlantik

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