Platon in Bagdad
zusammentreffen und an diesem Punkt mit dem Einfallslot, d. h. der Senkrechten, gleiche Winkel bilden. Dies führt zu einer Gleichung vierten Grades, die Ibn al-Haitam löste, indem er die Schnittpunkte eines Kreises und einer Hyperbel fand.
Neben den in der
Optik
enthaltenen mathematischen Analysen sind 20 Schriften ausschließlich zur Mathematik überliefert, die meist sehr kurz und von sehr unterschiedlicher Bedeutung sind. Eine der längsten und wichtigsten dieser Schriften trägt den Titel
Lösung der Schwierigkeiten in Euklids Elementen.
Darin versuchte er sich – wie vor und nach ihm andere islamische Mathematiker – unter anderem an der Lösung von Euklids fünftem Postulat, der Definition paralleler Geraden. Ein zweites längeres Werk,
Über die Analyse und Synthese
, erläutert die für das Finden und Beweisen von Sätzen und Konstruktionen notwendigen Methoden, indem es ihre Anwendungen in Arithmetik, Geometrie, Astronomie und Musik darstellt; besonderes Augenmerk liegt dabei auf der »wissenschaftlichen Intuition«.
Die fatimidische Herrschaft endete 1171 mit der Eroberung Kairos durch den berühmten kurdischen Kriegsherrn Salah al-Din ibn Ayyub, der in Europa als Saladin, Begründer der Ayyubiden-Dynastie, bekannt ist. Saladin (reg. 1171 – 1193) befestigte Kairo, indem er eine eindrucksvolle Zitadelle errichtete, die heute noch steht, wie auch die Festungsmauern, die zu seiner Zeit die Innenstadt umschlossen. Mit Ägypten als Machtbasis unterwarf er auch Syrien und Mesopotamien, besiegte die Kreuzfahrer 1187 in der Schlacht bei Hattin und eroberte Jerusalem für den Islam zurück.
Der führende Denker und Intellektuelle in Kairo zu Beginn der ayyubidischen Zeit war der jüdische Philosoph Rabbi Moses ben Maimon, im Abendland als Maimonides bekannt (1135 – 1204). Er wurde in Córdoba geboren, doch seine Familie zog bald darauf in die marokkanische Stadt Fes, wo er seine weltliche Bildung erhielt und an der muslimischen Universität Philosophie, Recht und Medizinstudierte. 1166 ließ er sich in Ägypten nieder, zunächst in Alexandria und dann in Fustat in Kairo, wo er als Richter arbeitete und als inoffizielles Oberhaupt der Kairoer Juden fungierte.
Nach der Errichtung der Ayyubiden-Dynastie wurde Maimonides 1171 Leibarzt von Saladins Wesir Al-Fadr al-Baisami und später von Saladins Sohn und Nachfolger Sultan al-Aziz (reg. 1193 – 1198). Zugleich kümmerte er sich um die Kranken in Kairo, Muslime wie Juden. Neben seinen Pflichten als Jurist und Mediziner widmete er seine gesamte Freizeit dem Studium und dem Schreiben, so wie er es seit seiner frühen Jugend getan hatte.
Im Alter von nur 15 Jahren verfasste Maimonides seine erste Schrift,
Einführung in die Logik
, auf Arabisch, wie alle seine Bücher. Die einzige Ausnahme war die
Mischneh Tora
, eine auf Hebräisch geschriebene Kodifizierung des talmudischen Gesetzes in 14 Bänden, an der er zehn Jahre lang arbeitete und die er 1180 fertigstellte. Zu seinen früheren Schriften gehört ein astronomisches Werk mit dem Titel
Traktat über den jüdischen Kalender
(1158) und sein
Kommentar zur Mischna
(1168). Letzteres enthält neben der Behandlung des talmudischen Gesetzes auch reichliches Material zu naturwissenschaftlichen Themen aus Zoologie, Botanik und Naturgeschichte sowie zur Psychologie.
Im Jahr 1185 begann Maimonides mit der Arbeit an seinem eigentlichen Meisterwerk:
Wegweiser für die Verwirrten
, eine Erklärung der grundlegenden Theologie und Philosophie des Judentums, die er ungefähr fünf Jahre später beendete. Hier, so Maimonides, ist es seine Absicht zu zeigen, dass die rationale Philosophie nicht mit dem jüdischen Glauben im Widerspruch steht, sondern dem Gläubigen hilft, den höchsten Glückszustand zu erreichen – die Perfektion des Intellekts zum Zwecke der Kontemplation des Göttlichen.
Seine zahlreichen Briefe zeugen von der Bewunderung, die Maimonides für die Philosophen der griechischen Antike und des islamischen Mittelalters hegte, insbesondere Aristoteles, Platon, al-Farabi,Ibn Sina und Ibn Baddscha, einen andalusischen Wissenschaftler. Die aristotelische Physik akzeptierte er für die irdische Welt, wenn auch nicht für das Himmelreich, von dem er glaubte, dass es sich jenseits des menschlichen Begriffsvermögens befand. Ein weitaus größeres Problem war jedoch für ihn der offensichtliche Widerspruch zwischen Aristoteles’ astronomischem Modell der homozentrischen Sphären und Ptolemaios’ mathematischer
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