Platon in Bagdad
1230/1235 − nach 1275) war der Erste, der auf diesem Gebiet neue bedeutende Fortschritte erzielte.
Witelos bekanntestes Werk trägt den Titel
Perspectiva
und beruht auf den Werken von Robert Grosseteste und Roger Bacon, aber auch von Alhazen, Ptolemaios und Heron von Alexandria. Die Abhandlung dürfte nicht vor 1270 geschrieben worden sein, denn Witelo verwendet Herons
Catoptrica
, und die Übersetzung dieses Werks durch Wilhelm von Moerbeke (1220/1235 − vor 1286) wurde erst am 31. Dezember 1269 fertiggestellt.
Witelo übernahm die »Metaphysik des Lichts« direkt von Grosseteste und Bacon und erläutert im Vorwort der
Perspectiva
, dass sichtbares Licht nur ein Beispiel für die Ausbreitung der Kraft ist, die allen natürlichen Ursachen zu Grunde liegt. Doch er widerspricht der Behauptung von Grosseteste und Bacon, dass sich vom Auge des Betrachters aus Lichtstrahlen zum sichtbaren Objekt bewegen, und schließt sich stattdessen Alhazen an, der behauptet, dass die Strahlen von dem Objekt ausgehen und mit dem Auge interagieren.
In
Perspectiva
beschreibt Witelo verschiedene Experimente, die er zur Untersuchung der Lichtbrechung durchführte. Seine Methode erinnert an Ptolemaios: Er misst den Brechungswinkel des Lichts, wenn es bei Einfallswinkeln zwischen 10 und 80 Grad von Luft in Glas übergeht, aber auch von Luft in Wasser. Zur Erklärung seiner Ergebnisse stellt er verschiedene mathematische Formeln auf und versucht, die unterschiedliche Lichtbrechung zur unterschiedlichen Dichte der beiden Medien ins Verhältnis zu setzen. Darüber hinaus zerlegte er Licht in die Spektralfarben, indem er es durch einen hexagonalen Kristall leitete und beobachtete, dass die blauen Strahlen stärker als die roten gebrochen wurden.
Auch mit der Brechung in Linsen befasste sich Witelo und verwendete dazu einen Begriff, der später als Prinzip des kürzesten Weges bekannt wurde. Er begründete dies mit der metaphysischen Vorstellung der Ökonomie: »Es wäre unsinnig, wenn irgendetwas in längeren Linien vonstatten ginge, wenn es besser und sicherer in kurzen Linien gelingt.«
Witelo schloss sich Grossetestes Auffassung an und meinte, »die Multiplikation der Species« könne dazu dienen, die Ausbreitung eines jeden Effekts zu erklären, darunter die Emanation Gottes und astrologische Einflüsse. Im Vorwort zu den
Perspectiva
, das an Wilhelm von Moerbeke gerichtet war, heißt es: »Für die körperlichen Einflüsse ist das sinnliche Licht das Medium«. Und: »Es liegt etwas Wundervolles in der Art, wie der Einfluss der Kraft Gottes in die Dinge der niederen Welt fließt und durch die Kräfte der höheren Welt hindurchgeht.«
Die nächsten Entdeckungen in der Optik gelangen Dietrich von Freiberg (um 1250 – um 1311), mitunter auch Theodoricus genannt. Dietrich soll aus Freiberg in Sachsen stammen; er trat in den Dominikanerorden ein und lehrte vermutlich in Deutschland, bevor er um 1275 – 1277 an der Pariser Universität studierte. Sein Hauptwerk ist die Abhandlung
Über den Regenbogen und die durch Strahlen erzeugten Eindrücke
; mit »Eindrücke« meint er Erscheinungen, die in der oberen Atmosphäre durch die Einstrahlung der Sonne oder eines anderen Himmelskörpers hervorgerufen werden. Als erster erkannte er, dass der Regenbogen aus den einzelnen Regentropfen entsteht und nicht aus der Wolke als Ganzes. So führte er anhand einer mit Wasser gefüllten Glasflasche Beobachtungen durch, die ihm als Modell eines Regentropfens diente, denn er schrieb: »Eine Wasserkugel kann man sich nicht als winzige kugelförmige Wolke, sondern als vergrößerten Regentropfen denken.« Durch Beobachtungen und geometrische Analyse gelangte er zu der Schlussfolgerung, dass das Licht gebrochen wird, wenn es in jeden einzelnen Regentropfen eindringt und wieder austritt, dass es bei dem ersten Bogen einmal darin reflektiert wird und für den doppelten Bogen zwei Mal, schließlich dass bei der zweiten Reflexion die Reihenfolge der Farben im Spektrum umgedreht ist. Bei der Analyse unterliefen ihm zwar einige Fehler, doch seine Theorie war denen seiner Vorgänger weit überlegen und bahnte seinen Nachfolgern den Weg für ihre Forschungen.
Die Entstehung des primären und des sekundären Regenbogens nach Newton.
Dietrichs Theorie des Regenbogens ähnelt der seines persischen Zeitgenossen Kamal al-Din al-Farisi, dessen Werk Dietrich nicht erwähnt und vermutlich auch nicht kannte, denn es ist nie aus dem Arabischen ins Lateinische übersetzt
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