Platon in Bagdad
Gravitation ausgerichtet war, zurückweisen. Stattdessen stellte er die These auf, dass die Schwerkraft einfach nur auf die Tendenz der Körper zurückging, sich in kugelförmigen Massenverteilungen zur Mitte zu bewegen. Die Gravitationsbewegung war nur auf ein bestimmtes Universum bezogen; in Bezug auf den ganzen Weltraum hatte die Schwerkraft keine absolute Richtung.
Oresme führte aus: »Es scheint mir … mit dem nötigen Vorbehalt möglich, daß die Erde in täglicher Bewegung sei und der Himmel nicht, zu vertreten … Ich möchte erstens festhalten, dass man mit keiner Beobachtung das Gegenteil beweisen könnte, zweitens, daß dies auch mit Argumenten nicht möglich ist, und drittens werde ich erklären, weshalb.«
Oresmes Argumente für die Bewegung der Erde wurden später von Kopernikus und Galilei wieder aufgegriffen. Trotz all dieser Argumente wies Oresme, der damals gerade zum Bischof von Lisieux ernannt worden war, letztendlich die Idee der täglichen Erdumdrehung zurück, weil sie der christlichen Lehre widersprach. Er schrieb: »Denn Gott hat die Erde so angebracht, dass sie sich nicht bewegt, trotz all der Gründe für das Gegenteil.« Oresmes Haltung war unter seinen geistlichen Zeitgenossen durchaus üblich, denn in seiner Position als Bischof hatte er geschworen, die Lehre der Katholischen Kirche zu verteidigen, auch wenn sie mit seinen eigenen philosophischen Ansichten nicht übereinstimmte.
Indessen war es auf anderen Gebieten zu Fortschritten gekommen, nämlich in der Naturphilosophie, der Kosmologie, im Magnetismus, in der Astronomie und in der Optik sowie in der Mathematikund ihrer Anwendung auf die Astronomie und andere Wissenschaftszweige.
Aegidius Romanus (um 1247 – 1316) war ein Schüler des Thomas von Aquin in Paris. Als Étienne Tempier 1277 die zweite Verurteilung des Aristotelismus und des Averroismus bekanntgab, wurden Aegidius’ Schriften verboten und er musste Paris verlassen. 1285 kehrte er auf Bitte von Papst Honorius IV. nach Paris zurück, nachdem er einige seiner Thesen widerrufen hatte, und 1295 ernannte ihn Papst Bonifaz VIII. zum Erzbischof von Bourges. Er starb 1316 während eines Aufenthalts am Hof des Papstes in Avignon.
Neuartig war unter anderem Aegidius’ These von den
Minima naturalia
als den kleinsten Teilchen; eine noch kleinere physische Substanz könne es nicht geben, womit eine Atomtheorie der Materie impliziert ist. Er untersuchte das Vakuum durch Experimente mit einer Klepsydra, einem Schröpfglas und einem Siphon, und er zeigte, dass das Vakuum eine Saugkraft ausübt. Anders als Aristoteles und seine eigenen Zeitgenossen glaubte er, die himmlische Materie sei mit der auf der Erde identisch. Er verwarf Aristoteles’ Modell der homozentrischen Sphären und sprach sich für die ptolemäische Theorie der Exzenter und Epizykeln aus. Der Streit zwischen den aristotelischen »Physikern« und den ptolemäischen »Mathematikern«, so meinte er, war nur anhand von durch Beobachtung erbrachten Beweisen zu klären. Eine Pluralität der Welten hielt er für möglich.
Die früheste erhaltene Abhandlung zum Magnetismus stammt von Peter Peregrinus (Pierre de Maricourt), von dem nichts sonst bekannt ist außer den Erwähnungen in seiner Arbeit und einigen möglichen Verweisen bei Roger Bacon. Peters Abhandlung – die eigentlich ein Brief ist – heißt
Epistola Petri Peregrini de Maricourt ad Sygerum de Foucaucourt, militem, de magnete
(Brief über den Magneten des Peter Peregrinus an Sygerus von Foucaucourt, Soldat) und schließt mit den Worten: »Beendet im Feldlager bei der Belagerung von Lucera am 8. August anno Domini 1269«. Peter gehörte damalszum Heer Karls von Anjou, des Königs von Sizilien, der gerade die Stadt Lucera in Süditalien belagerte.
Die
Epistola
besteht aus zwei Teilen, von denen der erste in zehn Kapiteln die Eigenschaften des Magnetsteins, also des magnetischen Eisenerzes, beschreibt. Der zweite Teil ist der Konstruktion von drei Instrumenten mit Magneten gewidmet. Auf Grund seiner Beobachtungen konnte Peter den magnetischen Nordpol vom magnetischen Südpol unterscheiden, stellte Regeln für die Anziehung und Abstoßung der magnetischen Pole auf, demonstrierte die Magnetisierung von Eisen, indem er es in Kontakt mit einem Magneten brachte, und bewies, dass eine zerbrochene Magnetnadel zwei eigenständige Magnete bildet. Er zeigte auch, dass sich eine Magnetnadel in Nord-Süd-Richtung ausrichtete, und erfand damit den Kompass, der, wie er
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