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Platon in Bagdad

Platon in Bagdad

Titel: Platon in Bagdad Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Freely
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erreicht.
    Eine diplomatische Mission brachte Bessarion im Jahr 1460 auch nach Wien, wo sich die Universität durch die Arbeiten von Johannes von Gmunden (gest. 1442), Georg von Peuerbach (1423 – 1461) und Johannes Regiomontanus (1436 – 1476) zu einem Zentrum der Astronomie und der Mathematik entwickelt hatte. Johannes von Gmunden hatte astronomische Instrumente konstruiert und eine große Sammlung von Handschriften erworben; all das vermachte er der Universität und schuf damit die Grundlage für die Arbeiten von Peuerbach und Regiomontanus.
    Peuerbach war ein österreichischer Gelehrter, der 1448 in Wien einen Baccalaureus erhielt und 1453 einen Magister artium; dazwischen war er nach Frankreich, Deutschland, Ungarn und Italien gereist. Er war Hofastrologe bei Ladislaus V., dem König von Ungarn, wie auch bei dessen Onkel, dem Kaiser Friedrich III. Seine Schriften umfassen Lehrbücher zu Arithmetik, Trigonometrie undAstronomie; seine bekanntesten Werke sind
Theoricae novae planetarum
(Neue Theorien der Planeten) und seine
Tabulae eclypsium
(Finsternistafeln).
    Regiomontanus, der eigentlich Johannes Müller hieß, nahm als Nachnamen das lateinische Wort für Königsberg in Franken an, wo er geboren war. Er studierte zunächst von 1447 bis 1450 an der Universität Leipzig und dann in Wien, wo er 1452, erst 15 Jahre alt, mit einem Baccalaureus abschloss und im Jahr 1457 mit dem Magister. Zusammen mit Peuerbach arbeitete er in einem Forschungsprogramm, das die systematische Erforschung der Planeten ebenso umfasste wie Beobachtungen astronomischer Phänomene, zum Beispiel Finsternisse und Kometen.
    Bessarion war mit der Übersetzung von Ptolemaios’
Almagest,
die Georg von Trapezunt angefertigt hatte, unzufrieden und bat Peuerbach und Regiomontanus um eine gekürzte Fassung. Sie stimmten zu, denn Peuerbach hatte schon mit der Arbeit an einem Kompendium des
Almagest
begonnen, das allerdings bei seinem Tod im April 1461 noch nicht abgeschlossen war. Regiomontanus beendete das Kompendium etwa ein Jahr später in Italien, wohin er Bessarion gefolgt war. Einen Teil der nächsten vier Jahre verbrachte er im Gefolge des Kardinals, den Rest auf eigenen Reisen, wo er Griechisch lernte und nach Handschriften von Ptolemaios und anderen antiken Astronomen und Mathematikern Ausschau hielt.
    1467 verließ Regiomontanus Italien und ging nach Ungarn, wo er vier Jahre lang am Hof des Königs Matthias Corvinus diente und seine Forschungen auf dem Gebiet der Astronomie und Mathematik fortsetzte. Danach ging er nach Nürnberg und richtete sich eine eigene Sternwarte und eine Druckerei ein. Eines der Werke, das er vor seinem frühen Tod 1476 dort verlegte, war Peuerbachs
Theoricae novae planetarum
; es wurde bis ins 17. Jahrhundert in fast 60 Auflagen nachgedruckt. Er veröffentlichte auch ein eigenes Werk,
Ephemeriden
, die ersten je gedruckten Planetentafeln, die die Positionen der Himmelskörper für jeden Tag zwischen 1475 und 1506 angaben.Columbus soll die
Ephemeriden
mit auf seine vierte und letzte Reise in die Neue Welt genommen haben, und die Vorhersage der Mondfinsternis vom 29. Februar 1504 machte er sich zunutze, um die feindseligen Eingeborenen von Jamaika mit Angst und Schrecken zur Unterwerfung zu zwingen.
    Regiomontanus’ wichtigstes mathematisches Werk ist
De triangulis omnimodis
, eine systematische Methode für die Analyse von Dreiecken. Mit diesem Werk und den
Tabulae directionum
begann das, was ein Mathematikhistoriker unserer Zeit als »Wiedergeburt der Trigonometrie« bezeichnete.
    Zu den astronomischen Arbeiten des Regiomontanus gehört die Fertigstellung von Peuerbachs
Epytoma in almagestum Ptolomei
, das er Bessarion widmete. Das Buch ist dafür bekannt, dass es den Schwerpunkt auf mathematische Methoden legt, die in anderen Grundlagenwerken zur Astronomie fehlen. Kopernikus las die
Epytoma
als Student in Bologna, und mindestens zwei Lehrsätze darin beeinflussten ihn bei der Formulierung seiner eigenen Planetentheorie. Diese beiden Lehrsätze gehen offenbar auf den arabischen Astronomen Ali Qushji aus dem 15. Jahrhundert zurück, und Regiomontanus kannte sie möglicherweise über Bessarion. Wäre dem so, dann würden Bessarion und Regiomontanus sich in die lange Galerie von Wissenschaftlern einreihen, die mit Aristarch von Samos beginnt und über die arabischen und lateinischen Gelehrten des Mittelalters und der Frührenaissance bis zu Kopernikus reicht.

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