Platon in Bagdad
könnte. Aber es besteht kein Zweifel daran, dass das Manuskript von Kopernikus stammt, denn der Autor merkte an: »Alles dieses gilt für den Meridian von Krakau, da Frauenburg, wo wir meistens unsere Beobachtungen gemacht haben …, diesem Meridiane angehört, wie uns die an beiden Orten zugleich beobachteten Sonnen- und Mondfinsternisse gelehrt haben …«
In der Einleitung zum
Commentariolus
erörtert er die Theorien der griechischen Astronomen über die »an den Sternen sichtbar werdende Bewegung« und stellt fest, die homozentrischen Sphärendes Eudoxos hätten nicht »allein wieder System in die Sternbewegung bringen« können und wurden deshalb abgelöst von Ptolemaios’ Theorie, dass diese Bewegung »durch exzentrische Kreise und Epizykel bewirkt wird. Und eben darin ist sich die Mehrzahl der Gelehrten einig.« Doch an Ptolemaios’ Verwendung des Äquanten nahm Kopernikus Anstoß und formulierte schließlich seine eigene Planetentheorie, »wobei sich alle in sich
gleichförmig
bewegen würden, wie es die vollkommene Bewegung an sich verlangt«.
Kopernikus führt weiter aus, er habe, als er »die Aufgabe anpackte, die recht schwierig und kaum lösbar schien«, schließlich festgestellt, dass eine Lösung mit »weit weniger und viel geeigneteren Mitteln möglich ist, als man vorher ahnte«, sofern er gewisse Annahmen aufstellen konnte, sieben an der Zahl.
Diese Grundsätze sind: dass es nicht nur einen Mittelpunkt für alle Himmelskreise oder Sphären gibt; dass die Erde nicht der Mittelpunkt der Welt ist, sondern nur der Schwere und des Mondbahnkreises; dass die Sonne der Mittelpunkt aller Bahnkreise und der Welt ist; dass der Erdhalbmesser im Vergleich zur Entfernung der Erde zur Sonne zu vernachlässigen ist, die wiederum »gegenüber der Höhe des Fixsternhimmels unmerklich ist«; dass die scheinbare tägliche Bewegung der Sonne auf die Drehung der Erde um ihre Achse zurückgeht; dass die tägliche Bewegung der Sonne die kombinierte Wirkung aus der Erdrotation und der Drehung der Erde um die Sonne ist; und schließlich: »Was bei den Wandelsternen als Rückgang und als Vorrücken erscheint, ist nicht von sich aus so, sondern von der Erde aus gesehen.« Er schlussfolgert: »Ihre Bewegung allein genügt für so viele verschiedenartige Erscheinungen am Himmel.«
Des Weiteren beschreibt Kopernikus »die Anordnung der Bahnkreise« in seinem heliozentrischen System, in dem sich die Zeit, die eine Planetensphäre für eine Umdrehung braucht, mit dem Radius der Umlaufbahn erhöht.
Die Himmelskreise umfassen sich in folgender Reihenfolge. Der höchste kommt den Fixsternen zu, er ist unbeweglich, enthält alles und nach ihm ortet sich alles. Unter ihm befindet sich der des Saturn, auf den der des Jupiter folgt. Darunter kommt der des Mars. Diesem wieder eingefügt ist der Bahnkreis, in dem wir herumbewegt werden. Dann folgt der der Venus, und der letzte ist der des Merkur. Der Bahnkreis des Mondes aber dreht sich um den Mittelpunkt der Erde und wird von ihr wie ein Epizykel getragen. In derselben Reihenfolge übertrifft auch einer den andern an Schnelligkeit der Umwälzung entsprechend der Tatsache, dass sie größere oder kleinere Kreislängen durchmessen. Und zwar kehrt Saturn so im 30., Jupiter im 12., Mars im 3. Jahre und die Erde nach einjähriger Kreisbewegung an denselben Ort zurück. Venus vollendet im 9., Merkur im 3. Monat eine Umwälzung.
Kopernikus verwendet dasselbe System der Epizykel, das Ptolemaios und seine Vorgänger im geozentrischen Modell verwendet hatten. Er beschließt den
Commentariolus
mit einer Zusammenfassung der Zahl der Kreise (d. h. der Deferenten oder Primären Kreise) und Epizykel (zweite Schlingen), die für die Beschreibung aller Himmelsbewegungen in seinem heliozentrischen System nötig sind:
Und so läuft Merkur insgesamt auf sieben Kreisen, Venus auf fünf, die Erde auf drei, dazu der Mond um sie herum auf vier, Mars, Jupiter und Saturn endlich auf je fünf Kreisen. Es reichen also 34 Kreise ganz und gar aus, und mit ihnen wird in das gesamte Getriebe des Weltalls und den ganzen Sternenreigen Klarheit gebracht.
Im Sommer 1533 hielt der Sekretär des Papstes, Johann Widmannstetter, vor Papst Clemens VII. und einer Gruppe von zwei Kardinälen und einem Bischof eine Vorlesung mit dem Titel »Copernicanae de motu terrae sententiae explicatio« (Eine Erklärung von Kopernikus’ Auffassung der Bewegung der Erde) – ein erster Hinweis darauf, dass Kopernikus’ neue
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