Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Plattenbaugefühle: Jugendroman

Plattenbaugefühle: Jugendroman

Titel: Plattenbaugefühle: Jugendroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jannis Plastargias
Vom Netzwerk:
wiesen.
    »Oh Mann, ich bin einfach glücklich. Alles fühlt sich gerade so leicht an.«
    Zuerst Fabian, dann Danny am Telefon. Ich muss alles erzählen, muss mir eingestehen, wie dieses Kranichstein mich verändert hat. Fabian hat es auf den Punkt gebracht: »Türken, Fußballer und Zocker«. Im Nachhinein macht mich das nachdenklich. Ich treibe hier andere Dinge, lerne andere Leute kennen, und lieben? Naja, verliebt, in einen Typen, mit dem ich in Berlin niemals zu tun gehabt hätte.
    In Berlin kannte ich die Wörter ›schwul‹ und ›Schwuler‹ nur als Schimpfwörter, genauso wie ›Tunte‹, ›Schwuchtel‹, ›Tucke‹. Bin ich jetzt selbst eines dieser Wörter? Strange. In Filmen habe ich solche Charaktere gesehen, die waren aber alle anders als ich. Anders als Afyon. Im Film ›Coming Out‹, den meine verrückte Mama mir vor drei, vier Monaten gezeigt hat. Wieso hat sie mir eigentlich damals den Film gezeigt? Sie hat mir damals Fragen dazu gestellt, die mich verwirrten – in diesem Film war ein Junge, der von sich wusste, dass er schwul ist. Der war so weiblich in seinen Bewegungen, schwingende Hüften, hatte so eine zarte Stimme, leicht weinerlich, aber auch leicht künstlich, theatralisch, er interessierte sich für Schminke und für Diven, ich fand ihn leicht unangenehm.

    Es ist vier …
    Es wird fünf ...
    Die Uhrzeit bringt mich um. Das Warten wird unerträglich.
    Bin kurz vor dem Ende des Romans, habe mich chic gemacht, meine Konzentration reicht für ›Die Mitte der Welt‹ nicht aus. In meinem Kopf verwandelt sich die Hauptfigur Phil in mich selbst; seine erste Liebe Nicholas sieht aus wie Afyon, braungebrannt, sportlich, dunkel und strahlend, mit Fußballerbeinen und immer in Sportklamotten.
    »Playstation spielen?« Danny hatte sich vorhin lustig gemacht.
    Ich habe noch nie in meinem Leben Playstation gespielt.

    Es klingelt. Oh Gott, es ist sechs Uhr! Meine Mama öffnet ihm, ich sehe es vor mir, wie er unbeholfen vor ihr steht und nicht weiß, was er sagen soll. Sie legt nicht so viel Wert auf Etikette, das ist eher mein Vater, der aber heute Abend mit seinen Arbeitskollegen unterwegs ist. Ich versuche cool auf meinem Bett sitzenzubleiben. Das Herz ballert. Der Puls rast.
    »Besuch für dich!« Mama klopft schon an die Tür, »ein netter junger Mann«, sagt sie fröhlich und tritt in mein Zimmer. Afyon lächelt schüchtern. Oh Mann, sieht er unverschämt gut aus!
    Wie soll ich ihn begrüßen?
    Die Tür geht hinter uns zu.
    Was soll ich sagen?
    Er steht da und schaut sich im Zimmer um.
    »Ist da die Playstation drin?« Ich zeige auf seine große Tasche, die er mitgeschleppt hat. Er nickt, legt sie auf das Bett, holt die Playstation behutsam heraus. Ich stehe unbeholfen neben ihm, möchte ihn berühren, doch wie stelle ich das an?
    »Bestimmt teuer«, sagt er mit leuchtenden Augen und bewundert meinen Flat-Screen-Fernseher.
    »Bestimmt«, wiederhole ich und verfluche meine Eltern, dass sie so ein großes Ding gekauft haben und ich so protzig wirke.
    »So einer in meinem Zimmer ... wär geil!«
    »Du kannst jederzeit herkommen zum Fernsehen«, sage ich vorschnell. Mann, bin ich dumm. Mann, bin ich plump!
    »Geiles Zimmer!« sagt er und ich fühle mich merkwürdig.
    Es ist mir unangenehm. Seine Stimme gibt mir das Gefühl, ein Snob zu sein, und ich denke die ganze Zeit nur: Hey, du kannst hier jederzeit vorbei kommen, kannst immer hier sein, wenn du möchtest, bei mir fernsehen, meine Klamotten anziehen, solange ich immer in deiner Nähe sein darf. Krass! Bin ich krank? Das klingt doch dumm! Hohl! Scheiße! Er steckt tausend Kabel ein und um, kann er nicht auch meinen Kabelsalat im Kopf ordnen? Er trägt teure Klamotten – das sehe ich – vielleicht haben seine Eltern Geld, vielleicht einen Sportladen, was weiß ich! Was weiß ich denn von ihm?
    »Was machst du?« frage ich, während er immer noch über die Steckdose gebeugt mit den Kabeln hantiert.
    »Kabel dings« nuschelt er vor sich hin, dann steht er auf, schaut sich skeptisch um. »Aufs Bett?«
    Was meint er denn? Ich bin verwirrt! Will er mit mir gleich ins Bett gehen?
    »Zum Spielen! Aufs Bett! Oder?« Er spricht mit mir, als ob ich von einem fremden Planeten komme. Und ich nicke dabei, ohne wirklich zu verstehen.
    Wow! Warum hat mir keiner vorher gesagt, dass Playstation auf dem Bett gespielt wird!
    Mama klopft an die Tür, bringt uns Limo und Knabbereien, ich bedanke mich artig. Afyon sagt keinen Ton. Als wir wieder alleine sind,

Weitere Kostenlose Bücher