Plattenbaugefühle: Jugendroman
zu sein. Ich schaue mich nach bekannten Gesichtern um, in diesem Moment höre ich ein ›Baddäung‹ und dann meinen Namen. Shad M. hat mich gesichtet und begrüßt mich fröhlich. Er findet es fit, dass ich da bin, er freut sich, dass ich dazugehören möchte.
Er stellt mir alle Leute vor und so lerne ich ganz viele ›Mohammeds‹ kennen, die teilweise unaussprechliche Namen haben. Nur Ferhat und Yassin kann ich mir merken, weil ich zwischen ihnen und Shad M. sitze. Als ich endlich auf das Spielfeld schaue, um Afyon zu entdecken, erhasche ich einen kurzen Blick von ihm. Er strahlt über das ganze Gesicht, das macht mich glücklich. Es wird ganz warm in mir. Mein Herz macht einen Sprung, während ich ihm hinterher-schaue und denke, dass er sich freut mich zu sehen, dass es ihm wichtig ist. Wenn ich Fabi erzähle, was ich hier treibe, lacht er mich aus.
Ich möchte von Shad M. wissen, wer im Kranichsteiner Team – die TGB, wie der Verein heißt – auf welcher Position spielt und wen ich kenne. Mohammed, der nicht Mohammed heißt, ist Abwehrspieler und wirklich eine Granate, der Kleine spielt im Mittelfeld, ist aber nicht so stark und heute nur dabei, weil jemand aus dem Mittelfeld eine Verletzung hat.
»Und was ist mit Afyon?« brennt es in mir.
Afyon ist Stürmer und macht viele Tore, zumindest hat er in den letzten drei Spielen immer eins geschossen. Er ist auch heute in guter Form. Jeder hofft, dass bald ein Tor fällt, denn Ismet spielt auch mit – und er ist ein Gott am Ball.
In diesem Moment schießt Mohammed, der nicht Mohammed heißt, von der Mittellinie nach vorne, Afyon nimmt den Ball an, dribbelt um den ersten Spieler herum, um den zweiten, und dann schießt er einfach und – trifft das Tor. Alles um mich herum springt auf, schreit herum, »Olé, Olé, TGB«, und »Afyon vor, noch ein Tor!« Der schaut mich an, während seine Mitspieler ihn umringen, ihn in ihre Arme schließen. Er strahlt über das ganze Gesicht, er reckt die Hände und wird dann plötzlich von den anderen Spielern hochgehoben. Die Jungs neben mir kriegen sich gar nicht mehr ein, sie lachen, sie freuen sich, sie machen sich über die andere Mannschaft lustig. Ich bin stolz auf ihn, ich weiß nicht wieso, wieder habe ich dieses merkwürdige Kribbeln im Bauch – es fühlt sich unheimlich an, aber auch schön.
Halbzeit, die Spieler gehen in die Kabinen, die Väter holen sich und ihren Familien etwas zu trinken und zu essen. Wir Jungs reden von der Party am vergangenen Freitagabend und Shad M. suhlt sich wieder in seinem Erfolg, er, der große Party-Organisator.
Die zweite Halbzeit ist schrecklich langweilig. Es fällt kein Tor, Afyon kriegt kaum den Ball und auch sonst passiert nicht viel. Ich hoffe, dass das Spiel bald aus ist, weil ich Afyon endlich aus der Nähe betrachten möchte.
Nach dem Spiel warten wir vor dem Stadionausgang auf unsere Spielerfreunde. Ich muss gestehen, dass ich in diesem Moment darüber nachdenke, wie es wäre, Afyon beim Duschen zuzuschauen, doch ich werde sofort aus meinen Träumen gerissen. Shad M. fragt mich, ob ich mit zum Dönerladen ins EKZ gehe. Natürlich stimme ich zu, weil ich Afyon wenigstens in Begleitung anderer sehen möchte. Lieber hätte ich ihn für mich alleine, aber das scheint gerade unmöglich zu sein und hoffe, dass ich vielleicht danach noch ein bisschen etwas von ihm habe – ohne die anderen.
Im Dönerladen besetzen wir gleich drei große Tische, was nahezu der ganze Laden ist, ich nehme gegenüber von Afyon Platz und staune über die Darmstädter Preise.
»In Berlin kostet ein Döner noch nicht mal 2,50 Euro!« erhebe ich meine Stimme.
Die Jungs können es kaum glauben. »Boah, ein Paradies!« schwärmt Shad M. und beißt herzhaft in seinen Döner. Dabei tropft viel Soße heraus. Mein Vater fände es ekelhaft und würde mich schelten, wenn ich so essen würde. Ich finde es witzig, beobachte wie die anderen essen und mache es ihnen nach.
»Du isst wie ein Kranichsteiner«, sagt Afyon und lacht.
Ich freue mich über die Anerkennung, beiße noch einmal in den großen Döner, und mit verschmierten Backen blicke ich ihn an. Er zwinkert mir zu, ganz unauffällig, damit es die anderen nicht mitkriegen – mein Herz pocht.
»Und schmecken die Berliner Döner besser?“ fragt Mehmet, der mir schräg gegenüber sitzt.
»Naja, der hier schmeckt schon besser!« versuche ich mit vollem Mund zu antworten und spucke dabei ein bisschen Soße, »aber ich esse wirklich selten
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