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Plattenbaugefühle: Jugendroman

Plattenbaugefühle: Jugendroman

Titel: Plattenbaugefühle: Jugendroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jannis Plastargias
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– soll ich jetzt auf ihn springen?
    »Ich bin nicht Anas …«, sagt er ganz selbstsicher – er hat davon gehört, von jenem Kampf am ersten Schultag.
    Und plötzlich fällt er über mich her. Ich spüre seine Kraft, die Arme, die sich über meine Schultern legen, instinktiv wehre ich mich, greife zu, seine Hände, seine Beine, seinen ganzen Körper – ich muss mich jetzt beweisen.
    Ich schaffe es, ich werfe ihn von mir ab. Gleich auf gleich, Auge um Auge, alle Sinne sind wach, ich bin bereit für den Kampf. Er ist gut, doch ich bin besser, gewinne die Oberhand, liege über ihm, er wehrt sich, so gut er kann. Es fällt mir schwer, ihn in den Griff zu bekommen, muss all meine Tricks anwenden, will ihn unterwerfen. Er schlägt um sich, flucht, atmet schwer und kann sich nicht mehr aus meinen Klauen befreien.
    »Und jetzt?« Ich triumphiere. Außer Puste sitze ich nun auf ihm drauf.
    Der Besiegte schaut mir tief in die Augen. Es macht mir Gänsehaut.
    Die Spannung seines Körpers lässt von Sekunde zu Sekunde nach. Ich nähere mein Gesicht dem seinen, die blonden Haare fallen auf seine schwarzen, ich lasse langsam alle Griffe locker. Er verharrt regungslos. Er wartet ab. Meine Lippen sind fast an seinen angelangt. Ich verharre ebenfalls. Er hebt leicht den Kopf, kommt mir näher. Lippe an Lippe. Seine an meiner. Prickelnd, warm und feucht. Unsere Augen geschlossen. Die Muskeln im Mund bewegen sich. Seine Zunge schiebt sich gewaltig in meine Mundhöhle. Sie provoziert, sucht den Gegner, findet meine. Spielend, kämpfend, alles gleichzeitig, alles in mir. Ein wohliges Gefühl durchströmt meinen Körper. Es passiert. Ich verliere mich in diesem Spiel.
    Ein Stoß – er stößt mich von sich, fest, gewaltig, ich kann das Gleichgewicht nicht mehr halten, falle vom Bett runter – was ist passiert? - ich knalle unsanft auf dem Boden auf. Ein Schmerz, es ist kein körperlicher, nein, ein Schmerz in mir drin, das spüre ich.
    »Ich bin nicht schwul!«
    Afyon schreit, ich versuche mich wieder aufzurichten, sein wütender Blick durchströmt, ja, überflutet mich. Er stürzt sich auf die Playstation, steckt Kabel aus, ich versuche ihn wieder an mich heranzuziehen.
    »Fick dich!«, er lässt sich nicht mehr aufhalten, »ich bin nicht schwul!«, ich versuche ihn in den Arm zu nehmen, »lass mich!« stöhnt er und sammelt seine Sachen ein.
    »Was ist denn los?« schreie ich zurück, »was habe ich falsch gemacht?«
    Er beachtet mich nicht, zieht seine Schuhe an, ich sitze neben ihm, berühre ihn am Arm. Er schleudert ihn von sich fort. Schubst mich auf das Bett, ich pralle mit dem Kopf knapp neben dem Holzbalken auf. Ich bin fassungslos. Er nimmt sich die Tasche vom Bett herunter, will losziehen, bleibt eine Sekunde stehen, dreht sich zu mir. Sein Blick ist wütend. Sein Blick ist verzweifelt. Eine heftige Bewegung, ein Tritt an mein Schienbein. Ein Schmerz.
    »Bleib doch hier!« rufe ich ihm hinterher.
    »Ich bin nicht so wie du! Ich muss weg hier!«, sagt er jetzt leise.
    Er glaubt selbst nicht dran. Ihm hat es Spaß gemacht, er wollte es doch auch. Oh Mann, geh nicht, geh jetzt nicht weg! Ich fühle mich schwach, erniedrigt. Ist das ein böser Traum? Ich möchte aufwachen, den Film zurückspulen, die Stelle wieder sehen, die Stelle wieder spüren, in der alles noch in Ordnung war, wo noch alles so unschuldig war. Ich weine aus Angst und Verzweiflung.
    »Bleib doch hier!« höre ich meine Stimme, »lass uns weiterspielen…«
    Doch er steht schon an meiner Zimmertür, funkelt mich an.
    »Nein, ich muss weg. Ich bin nicht wie du!«
    Was soll das denn heißen? Nicht schwul? Nicht deutsch? Was möchte er mir sagen? Er fand es wunderschön und möchte es sicher so gerne wie ich. Er lässt sich nicht aufhalten. Er geht.
    Er geht und lässt mich enttäuscht und verwirrt zurück. Er entscheidet zu gehen – und ich kann sehen, wo ich bleibe. In der einen Minute der glücklichste und freieste Mensch der Welt, in der nächsten zu Tode betrübt, gefangen in Verzweiflung und Verlassenheit.
    Ist das die Liebe?

    Die ganze Nacht kann ich nicht schlafen. War dieses Knutschen eine einmalige Sache? Ach, Afyon! Wirst du mir aus dem Weg gehen? Mich nie wieder küssen? Oh Gott! Das wäre das Schlimmste, was passieren könnte. Solange ich noch nie geküsst hatte, konnte ich gut darauf verzichten. Jetzt möchte ich es immer wieder. Ihn küssen. Ich bin verliebt. Und da ist noch etwas, eine Scham, eine Angst, vielleicht davor, verletzt zu werden,

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