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Titel: Plattform Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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ich wußte, handelte es sich um kleine häßliche Ungeheuer, die unbeherrscht schissen und unerträgliches Gebrüll ausstießen. Auf den Gedanken, ein Kind zu haben, war ich nie gekommen. Aber ich wußte, daß die meisten Paare Kinder zeugten ; ich wußte nicht, ob sie glücklich darüber waren, auf jeden Fall wagten sie sich nicht zu beklagen. Im Grunde, sagte ich mir, während ich einen Blick über die Ferienanlage schweifen ließ, war es in einem so weitläufigen Gelände vielleicht vorstellbar: Sie konnten zwischen den Bungalows herumtollen und mit Holzstücken oder was weiß ich spielen.
        Andreas meinte, ja, hier sei es besonders leicht, Kinder zu haben; in Krabi gebe es eine Schule, man könne sogar zu Fuß dorthin laufen. Und die kleinen Thais seien ganz anders als die europäischen Kinder, längst nicht so aufbrausend und launisch. Sie zollten ihren Eltern einen Respekt, der schon fast an Verehrung grenzte, und das käme ganz von selbst, das läge einfach in ihrer Kultur. Wenn er seine Schwester in Düsseldorf besuche, sei er über das Benehmen seiner Neffen jedesmal fassungslos.
        Der Gedanke dieser kulturellen Prägung überzeugte mich nur halb; um mich zu beruhigen, sagte ich mir, daß Valérie erst achtundzwanzig war, im allgemeinen kamen sie erst mit fünfunddreißig damit an. Nun ja, wenn es nötig war, sollte sie eben ein Kind von mir bekommen: Ich wußte, daß sie auf diesen Gedanken kommen würde, das war unvermeidlich. Dem Wesen nach war ein Kind wie ein kleines Tier, wenn auch mit einem Hang zur Gemeinheit; sagen wir, es war so etwa wie ein kleiner Affe. Das konnte sogar Vorteile haben, sagte ich mir, vielleicht könnte ich ihm beibringen, Mensch ärgere dich nicht mit mir zu spielen. Ich spielte leidenschaftlich gern Mensch ärgere dich nicht, eine Leidenschaft, die im allgemeinen ungestillt blieb; wem hätte ich schon vorschlagen sollen, eine Partie mit mir zu spielen? Bestimmt nicht meinen Arbeitskollegen; und auch nicht den Künstlern, die zu mir kamen, um mir ihre Unterlagen vorzulegen. Vielleicht Andreas? Ich schätzte ihn schnell mit den Augen ab : Nein, er schien nicht der Typ dafür zu sein, auch wenn er einen durchaus seriösen, intelligenten Eindruck machte; eine Beziehung, die zu pflegen sich sicherlich lohnte.
        »Wollen Sie sich... für immer hier niederlassen?« fragte er mich.
        »Ja, für immer.«
        »Es ist besser, die Sache so anzugehen«, sagte er nickend. »Es ist sehr schwer, Thailand zu verlassen; wenn ich das jetzt tun müßte, würde ich nur mit großer Mühe darüber hinwegkommen.«

    16

        Die Tage vergingen erschreckend schnell; wir sollten bereits am 5. Januar wieder zurückfliegen. Am Abend zuvor waren wir mit Jean-Yves im besten Restaurant verabredet. Lionel hatte die Einladung ausgeschlagen ; er wollte Kim tanzen sehen. » Ich sehe gern zu, wenn sie fast nackt vor Männern tanzt«, erklärte er uns, »weil ich weiß, daß sie anschließend mir gehört.« Jean-Yves blickte ihm hinterher. » Er macht Fortschritte, unser kleiner Gasangestellter ...«, bemerkte er sarkastisch. »Er entdeckt die Perversion.«
        »Mach dich nicht über ihn lustig«, protestierte Valérie. »Ich begreife allmählich, was du an ihm findest«, sagte sie zu mir gewandt. »Er ist geradezu rührend. Auf jeden Fall bin ich sicher, daß er hier wunderbare Ferien verbringt. «
        Die Dunkelheit brach an ; in den Dörfern, die die Bucht umgaben, gingen die Lichter an. Ein letzter Sonnenstrahl streifte das goldene Dach der Pagode. Seit Valérie Jean-Yves ihren Entschluß mitgeteilt hatte, war er nicht wieder darauf zurückgekommen. Er hatte vor, beim Essen darüber zu sprechen; er bestellte eine Flasche Wein.
        »Du wirst mir fehlen«, sagte er. »Das wird für mich eine große Veränderung sein. Wir arbeiten seit über fünf Jahren zusammen. Das hat immer gut geklappt, wir haben uns nie ernsthaft gestritten. Ohne dich hätte ich das nie geschafft.« Er sprach immer leiser, als spräche er zu sich selbst; es war inzwischen dunkel geworden. »Jetzt kann ich das Konzept weiter ausbauen«, fuhr er fort. »Eines der Länder, das sich dafür geradezu anbietet, ist Brasilien. Ich habe auch noch mal an Kenia gedacht: Das Ideale wäre, im Landesinneren einen weiteren Club zu eröffnen, der nur für Safaris gedacht ist, und das Strandhotel in einen Aphrodite Club umzuwandeln. Eine andere Möglichkeit, die sich sofort realisieren läßt, ist

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