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Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition)

Titel: Platzhirsch: Ein Alpen-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicola Förg
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Fährten legen. Er ist gewitzt. Kühl. Rational.«
    Ja, warum nicht? Hinter den Fassaden der Menschen schlummerten Abgründe. Warum sollte Herr von Brennerstein nicht auch wildern? Ein gelangweilter Schnösel, der revoltiert. Vielleicht hatte er das schon als Kind getan. Bubi aus reichem Haus wird Kiffer, Punk – oder eben Wilderer. Vielleicht hatte er bis heute einen perversen Spaß daran, in den Wäldern seiner Arbeitgeber illegal Tiere zu erlegen. Die Staatsforsten beraten und sie gleichzeitig unterwandern. Vielleicht wollte er auch Regina treffen. Durch ihre Tierliebe war sie verwundbar gewesen. Das alles war so undurchsichtig.
    »Den anderen kennen Sie nicht?«, hakte Irmi nach.
    »Nein«, sagte Bartholomä.
    Helga, die auch einen Blick auf die Fotos geworfen hatte, schüttelte ebenfalls den Kopf. »Ich kenne keinen der beiden. Aber ich war auch meist im Büro oder in der Küche. Wobei meine Passion eher den Zahlen gehört als dem Kochen.«
    »Regina hatte aber am Ende einen Steuerberater angestellt, oder?«, fragte Irmi.
    »Ja, aber das wird ja auch alles viel komplizierter. Früher ging es darum, ein Gut zu verwalten. Eingänge, Ausgänge. Gewinn, Verlust. Heute hat Regina mehrere Betriebe. Den Forst. Das Erlebniszentrum. Dozentenverträge. Durch das deutsche Steuersystem sollen sich nun andere quälen.« Sie lächelte.
    »Hat Regina mit ihren Büchern eigentlich Geld verdient?«
    »Bestimmt, aber keine Unsummen«, meinte Helga. »Das Talent zum Schreiben hat sie von ihrer Mutter. Margarethe hatte eine große Begabung, das richtige geschriebene Wort zu finden, es trefflich zu verwenden, oder, Bartl?«
    Bartl sah skeptisch aus. »Margarethe war ein ganz anderer Mensch. Worte sind auch Waffen. Und Regina hat so manche Waffe geführt«, sagte Veit Bartholomä.
    Noch bevor Irmi etwas dazu sagen konnte, hatte Robbie nach den Fotos gegriffen. Er deutete auf Tommy.
    »Kenn ich, der hatte ganz viel Bumms im Auto.«
    »Viele Bumms?«
    »Ja, ganz viele. Hinten drin im langen Auto. Hat die Gina besucht. Bei Arthur. Viele Bumms.«
    »Gewehre«, sagte Veit Bartholomä leise. »Er nennt Gewehre Bumms.«
    Fuhr To-Tommy etwa mit den Waffen seiner Teams durch die Lande? Er hatte einen Kombi, das war das lange Auto. Und er hatte Regina besucht? Warum vergaßen sie Robbie immer? Weil er behindert war. Robbie war ein kleines Phantom. Er konnte sich unsichtbar machen, und weil ihn kaum einer ernst nahm, war er wahrscheinlich am meisten im Gut unterwegs und am heimlichsten.
    Andrea lächelte ihn an. »Robbie, hast du den öfter gesehen?«
    »Weiß nicht.«
    »Einmal aber schon? Das wäre super, wenn du mir das sagen könntest«, sagte Andrea.
    »Bei Arthur. Viele Bumms.«
    »Wann war das, Robbie?«, fragte Andrea.
    »Dunkel. Arthur war da.«
    Robbie hatte Tommy in der Mordnacht gesehen, da war sich Irmi ziemlich sicher. Verdammt!
    »Robbie, hatte der Mann denn so ein Bumm in der Hand?« Andrea lächelte wieder.
    Robbie schüttelte den Kopf.
    »Und was hast du gemacht?«
    »Robbie war weg. Der Mann zu laut. Schreit. Regina auch. Mag Robbie nicht. Robbie ist ein Genie.« Er war aufgesprungen und nach draußen gelaufen.
    »Er hat diesen Mann in der Mordnacht gesehen. O mein Gott!« Helga war ganz blass geworden.
    »Das glaube ich auch. Wir holen uns diesen Tommy, Frau Bartholomä, Herr Bartholomä, danke für den Kuchen. Wir melden uns!«
    Irmi war aufgesprungen, Andrea folgte ihr, nicht ohne noch schnell den Rest des Kuchens zu essen. Irmi war sich dessen bewusst, dass Robbie als Zeuge natürlich von einem Anwalt als Erster attackiert werden würde, aber momentan brauchte sie einen Haftbefehl. Gegen den tollen Tommy. Biathlonass, Wilderer, Bummbesitzer …
    »Andrea, das war großartig, wie du das gemacht hast. Großartig!«
    Andrea lächelte bescheiden. »Ich habe eine behinderte Cousine. Mein Onkel ist ausgezogen, meine Tante macht das jetzt allein. Meine Cousine hat Glück. Sie kann wie Robbie in einer Werkstätte arbeiten. In diesem Land musst du auch als Behinderter produktiv sein, es geht immer um Geld.«
    Irmi starrte sie ungläubig an: Andrea hatte kein einziges Mal »also« oder »ähm« gesagt. »Ich wollte entweder mit behinderten Kindern arbeiten oder zur Polizei gehen«, schob Andrea nach. »Ich weiß gar nicht, ob es gut war, zur Polizei zu gehen.«
    »Bestimmt. Tausendprozentig!« Und das meinte Irmi wirklich ernst. Und hoffte, dass das System Andrea nicht verschleißen würde, denn in ihrer Zunft überwogen korrupte,

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