Platzkarte zur Hölle Kommissar Morry
dem hitzköpfigen Bradshaw traute Stuart einen Mord zu. Und doch waren zwei Menschen getötet worden — Mr. Russell und der Unbekannte in Chrestons Wohnung.
Es stand fest, daß sowohl Chreston als auch Peachy mehr wußten, als sie zu äußern wagten. Und er hatte den dunklen Verdacht, daß selbst Peachys Mutter nicht in allen Punkten die Wahrheit sagte. Aber warum? Wovor fürchteten sie sich? Hatte Callords am Ende doch recht? Stimmte es, daß die Russells schuldig waren? Er war entschlossen, das Geheimnis zu lösen, aber im Augenblick hatte er nicht die geringste Ahnung, wie das bewerkstelligt werden kannte. Jemand kam die Treppe herab. Stuart wandte den Kopf. Es war Bradshaw. Der Regieassistent blieb vor ihm stehen und steckte sich eine Zigarette in Brand.
„Warten Sie auf jemand?" fragte er stirnrunzelnd.
„Sie haben es erraten!"
„Patricia kommt erst gegen Mitternacht nach Hause . . . und dann werde ich hier sein!"
„Beruhigen Sie sich; mein Besuch gilt diesmal nicht Miß Wellington", erwiderte Stuart.
„Das möchte ich Ihnen auch geraten haben!" knurrte Bradshaw.
In diesem Moment klingelte in der Rezeption das Telefon. Der Portier nahm den Hörer ab und meldete sich. Dann blickte er Stuart an.
„Mr. Wyndham?"
Stuart stand auf. „Das bin ich."
„Ein Anruf für Sie!"
Stuart nahm den Hörer in Empfang und nannte seinen Namen. Er war erleichtert, als er Peachys Stimme erkannte.
„Oh, Stuart... es sind ein paar schreckliche Dinge passiert. Kannst du sofort zu mir kommen?"
„Bist du zu Hause?"
„Nein, ich bin in der Berkeley Row, in Charly Chrestons Wohnung."
„Bist du allein?" fragte er erstaunt.
„Ja."
„Was tust du dort?“
„Das erzähle ich dir, wenn du hier bist. Komme bitte sofort!"
Es knackte in der Leitung. Das Gespräch war unterbrochen. Nachdenklich legte er den Hörer auf die Gabel zurück. Dann ging er an Bradshaw vorbei nach draußen und kletterte in seinen Wagen. Eine dreiviertel Stunde später stoppte er vor dem Haus in der Berkeley Row. Er stieg aus und blickte an der Gebäudefassade in die Höhe.
Nirgendwo brannte Licht . . . auch nicht in Charly Chrestons Wohnung.
Nun, vielleicht hielt sich Peachy im Atelier auf, dessen Oberlichtfenster nicht zur Straße wies. Aber komisch war es schon . . . und am merkwürdigsten fand er die Tatsache, daß Peachy behauptet hatte, aus Chrestons Wohnung anzurufen. Er hatte bei seinen Besuchen in Chrestons Wohnung kein Telefon bemerkt. Die Haustür war unverschlossen. Er öffnete sie, knipste das Flurlicht an und stieg die Treppe nach oben. In dem Haus war es still . . . geradezu unheimlich still, als hielte es den Atem an. Die Mansardentür, die zu Chrestons Wohnung führte, war nur angelehnt. Er trat ein. In der Diele brannte Licht.
„Hallo?" rief er.
Die Wohnzimmertür öffnete sich. In ihrem Rahmen stand Charly Chreston.
„Guten Abend", sagte er. Er sah blaß und abgespannt aus, aber er bemühte sich zu lächeln.
„Wo ist Peachy?" fragte Stuart.
„Sie ist inzwischen nach Hause gegangen", erklärte Chreston. „Das arme Kind ist völlig mit den Nerven runter. Wollen Sie nicht näher treten?"
Stuart zog die Tür hinter sich ins Schloß. „Was hat diese Komödie zu bedeuten?"
„Ich will versuchen, Ihnen eine Erklärung zu geben", meinte Chreston. „Kommen Sie herein — es ist zu ungemütlich in der Diele. Setzen wir uns ins Zimmer!"
Sie nahmen im Wohnzimmer Platz. Auf dem Tisch standen eine Flasche Gin und drei Gläser. Zwei davon waren benutzt. Chreston füllte das dritte Glas bis zur Hüfte. „Ich denke, Sie werden eine Stärkung vertragen können."
Stuart schob das angebotene Glas zur Seite. „Ich bin nicht hier, um mit Ihnen zu trinken. Ich bin hier, um die Wahrheit zu erfahren. Beginnen wir mit dem Toten. Was ist mit ihm? Wohin haben Sie ihn gebracht?"
„Sie werden morgen in der Zeitung lesen, wo man ihn gefunden hat. Ich muß ihn aus der Wohnung bringen — das war alles, was mich interessierte. Sie wissen ja, daß ich nicht zur Polizei gehen kann." Er räusperte sich und fuhr fort: „Ich habe ein paar Zeilen an die Mordkommission gerichtet. Aus meinem Brief geht hervor, daß der Tote in einer Wohnung gefunden wurde, dessen Besitzer an dem Mord völlig unschuldig ist, und daß der Wohnungsinhaber, um nicht in Schwierigkeiten zu geraten, den Toten einfach an einem anderen Platz deponierte."
„Was soll dieser Unsinn?"
„Damit möchte ich Ihnen klar machen, daß mir keineswegs daran gelegen ist, die
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