Platzkarte zur Hölle Kommissar Morry
die Bande doch gewarnt! Oder glaubst du, daß sie ein zweites Mal die Tür öffnen werden?"
„Wir können den Job auch am Tage durchführen, Chef", murmelte Birchy.
„Vielen Dank — da würdet ihr vermutlich noch größeren Blödsinn anstellen."
„Aber es ist doch gar nichts geschehen."
„Nein, wirklich gar nichts!" höhnte Calzetti. „Ausgenommen die Tatsache, daß die Russells gewarnt wurden. Unser Auftraggeber hat uns zwanzigtausend geboten — vorausgesetzt, daß wir seine Anordnung prompt erledigen. Jetzt haben wir schon im zweiten Fall versagt! Der Kerl muß uns ja für Anfänger halten! Ist dir nicht klar, daß wir unseren guten Ruf zu verteidigen haben? Wenn sich die Geschichte herumspricht, wird die ganze New Yorker Unterwelt über uns lachen! Und warum? Weil ich ein paar Nieten und Versager damit beauftragte, eine simple Aufgabe zu lösen!"
„Chef, du tust uns Unrecht."
Calzetti blickte auf die Uhr. „Fünf", sagte er. „Es wird Zeit, daß ich in die Falle komme. Ich werde bis Mittag schlafen. Wenn ich aufstehe, erwarte idi von dir eine Vollzugsmeldung — kapiert?"
Birchy nickte. „Wind erledigt, Chef."
„Noch etwas?"
Birchy biß sich auf die Unterlippe. „Wenn sie nun nicht nach Hause kommt?"
„Dann werdet ihr sie finden!"
„Ja, natürlich", sagte Birchy hastig.
„Bis heute Mittag!" wiederholte Calzetti und schlurfte zur Tür.
*
Inspektor Leroy legte beide Hände um den Wachsbecher, der bis zum Rand mit dampfendem Kaffee gefüllt war. Er schaute über den Schreibtisch hinweg in die hellen, blauen Augen seines Assistenten Patterson, der ein geöffnetes Notizbuch in der Hand hatte und sagte: „Der Kerl war schon vierzehnmal vorbestraft; er stand sogar unter Mordverdacht, aber man mußte ihn schließlich freisprechen, weil die Kette der Indizien nicht ganz lückenlos war."
„Für wen hat er gearbeitet?"
„Wir vermuten, daß er zu Calzetti gehört."
Inspektor Leroy verzog den Mund. „Wir vermuten!" murmelte er bitter.
Patterson zuckte die Schultern. Er steckte das Notizbuch, in die Tasche und meinte: „Sie wissen selbst am besten wie das mit diesem lichtscheuen Gesindel ist. Es ist schwer, sie zu fassen, und noch schwerer, ihre Auftraggeber herauszufinden."
„Wer hat ihn gefunden?"
„Sergeant Topper vom 19. Revier."
„Spuren am Fundort?"
„Nein. Allerdings konnten wir zwei Pennbrüder festnehmen, die in dem Bau geschlafen haben. Es ist unwahrscheinlich, daß sie in der Geschichte drin hängen."
„Wann haben die Burschen den Bau betreten?"
„Gegen zehn Uhr, wie sie behaupten."
„Lag der Tote um diese Zeit schon im Flur?"
„Ja — aber sie hielten ihn für einen schlafenden Kumpel und stiegen einfach über ihn hinweg."
„Wann ist Donaldson gestorben?"
„Der Doktor meint, es müsse in der vergangenen Nacht gewesen sein — vermutlich zwischen elf und zwölf Uhr. Der Tod muß sofort eingetreten sein. Die Schüsse wurden aus einer Entfernung von drei Metern abgegeben. Die Tatwaffe war eine Smith-Benson, Kaliber 0.22."
„Halten Sie es für denkbar, daß Donaldson das Opfer eines Bandenkrieges geworden ist?"
Patterson dachte nach. Dann schüttelte er den Kopf. „Calzettis Stellung in der Unterwelt ist ungemein fest; wenn man versuchen wollte, sie zu erschüttern, würde man entweder ihn selbst oder einen seiner engeren Vertrauten töten. Donaldson kann, nach meinem Dafürhalten, keinen sehr wichtigen Posten bei Calzetti bekleidet haben. Er war nie ein Mann, der sich durch großes Denkvermögen auszeichnete."
„Vielleicht wurde er Calzetti lästig und ist deshalb erschossen worden?"
„An diese Möglichkeit habe ich schon gedacht", meinte Patterson, „aber ich halte sie gleichfalls für wenig wahrscheinlich. Calzetti muß annehmen, daß wir Donaldsons Verbindungen zu ihm kennen und dementsprechende Nachforschungen anstellen. Nein, Calzetti ist kein Anfänger."
„Wir werden trotzdem mit ihm sprechen müssen."
Patterson nickte. „Aber was wird dabei schon herauskommen?" fragte er zweifelnd.
„Nichts", gab Leroy resignierend zu. „Der Bursche ist zu raffiniert, als daß er über so eine Kleinigkeit stolpern würde."
Patterson blickte seinem Chef in die Augen. „Und doch", meinte er gedehnt. „Wenn Calzetti jemals zu Fall gebracht werden sollte, dann mit Hilfe einer solchen scheinbaren Kleinigkeit. Irgendwann wird er einmal einen Fehler machen."
„Wie lange warten wir schon darauf?" fragte Leroy und führte den Becher vorsichtig zum
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