Plötzlich blond - Superbeauty in Gefahr - Plötzlich blond; 3
nicht auf einer richtigen Insel, sondern auf einer vorgelagerten Düneninsel. Ich wusste überhaupt nicht, welche Inseln südlich der Grenze gemeint sein sollten. Konnte die Presse wirklich jeden Quatsch schreiben und damit durchkommen? Offensichtlich schon.
Und zweitens …
»Schaut mal«, sagte ich, weil mir wieder einfiel, dass ich Lulu zufolge ab jetzt unbedingt die Wahrheit sagen sollte. »Ich kann das erklären.«
»Da gibt es nichts zu erklären«, zischte Mom, die das Blatt jetzt wieder zusammenfaltete und in ihrer Tasche verschwinden ließ. »Uns ist alles sonnenklar. Nicht wahr, Daniel?«
Dad wirkte ein wenig betreten.
»Ähm …«, sagte er.
»Schaut mal«, wiederholte ich. »Es ist nicht so, wie ihr denkt. Brandon hat mich dazu gezwungen, mit ihm nach South Carolina zu kommen. Ich wollte gar nicht da hin. Und nichts ist passiert. Er und ich sind nicht, ihr wisst schon, Freund und Freundin. Ich meine, er und Nikki waren ein Paar, ja. Und jetzt wünscht er sich, dass ich und er …«
»Ich will das überhaupt nicht hören«, protestierte Mom und schüttelte wild den Kopf, ohne mir in die Augen zu sehen. Das hatte sie, um ehrlich zu sein, nicht allzu oft gemacht, seit ich nach der Operation aufgewacht war. »Wirklich nicht. Alles, was ich will – alles, was ich je wollte –, ist, dass all das endlich vorbei ist, dass die Dinge wieder ihren geregelten Gang gehen und dass ich meine Tochter wiederhab.«
Das verpasste mir jetzt doch irgendwie einen Stich. Denn das Problem war, dass ich ja ihre Tochter bin . Wenn auch nur innerlich. Ich hab doch nie aufgehört, ihre Tochter zu sein. Selbst mit den nicht ganz so überragenden Noten war ich doch immer noch ihre Tochter.
Also … was hatte das zu bedeuten? Konnte sie mich etwa nur lieben, wenn ich überdurchschnittlich gute Noten einfuhr und unterdurchschnittlich gut aussah? Ging es hier wieder mal um die Sache mit dem Charakter?
Ich verstand das alles nicht. Echt nicht. Ich fühlte mich wie Frida mit ihrer Frage nach dem Hübschsein.
»Wie glaubt ihr wohl, dass ich mich fühle?«, sagte ich. »Aber das ist ja nicht …«
»Deshalb«, fuhr Mom unbeirrt fort, indem sie mich völlig ignorierte, »haben dein Vater und ich beschlossen, dass wir das einfach abbezahlen.«
Ich sah die beiden blinzelnd an. Es war höllisch was los in dem Starbucks, den sie ausgewählt hatten. Überall saßen Blogger und Studenten der NYU , die sämtliche Tische mit ihren Laptops und den stinkteuren Filmausrüstungen belagert hielten. (Der Starbucks am Astor Place liegt in der Nähe der Tisch School of the Arts, in der auch die Filmschule der NYU zu finden ist, gleich die Straße runter.) Sie alle wirkten total existenzialistisch in ihren selbst gestrickten Mützen mit den Ohrenklappen und den Gesichtspiercings und den Tätowierungen, die sie sich alle nur hatten machen lassen, um zu demonstrieren, wie individuell und anders sie doch waren.
Nur, wie anders konnte man schon sein, wenn wirklich jeder Einzelne von ihnen ein solches Gesichtspiercing und ein Tattoo hatte?
Ich war in dem Laden die einzige Person unter zwanzig, die keine gepiercte Lippe oder Augenbraue oder irgendeine sichtbare Tätowierung hatte.
Doch ich war bestimmt auch allein mit meinem Modelvertrag mit einem Konzern, den sie wahrscheinlich alle hassten. Darauf hätte ich gewettet.
Und dazu hatten sie ja auch guten Grund.
Aber wer waren denn hier die größeren Konformisten?
»Was meinst du damit?«, wandte ich mich nun an Mom. Ich bemühte mich, mich nicht von den ganzen Bloggern und Möchtegern-Filmfuzzis ablenken zu lassen. »Wen wollt ihr denn abbezahlen?«
»Stark«, erklärte sie. »Wir haben zwar nicht allzu viel Erspartes. Aber wir werden alles zusammenkratzen, was uns zur Verfügung steht, und dann zahlen wir ihn aus, damit du das nicht länger machen musst. Es wird zwar nicht reichen, das ist uns schon klar, aber es ist immerhin ein Anfang. Und dann kannst du endlich wieder du selbst sein. Em …« Plötzlich war ich also wieder Em. Mom ergriff jetzt sogar meine Hände, die auf dem Tisch lagen. »Wir kaufen dich aus diesem Vertrag raus.«
Ich starrte die beiden an. Ich war mir nämlich nicht ganz sicher, ob ich wirklich verstand, was Mom da sagte. Obwohl, eigentlich schon.
Trotzdem, es war einfach zu verrückt, sodass ich annahm, ich hätte mich getäuscht.
»Moment mal«, sagte ich und entzog ihr meine Hände. »Willst du damit sagen … dass ihr gegen die Verschwiegenheitsklausel verstoßen
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