Ploetzlich blond
lassen? Schlimmer noch, wieso las ich sie?)
Vielleicht hatte Justin eine Überraschung für Lulu vorbereitet? Aber ja, das musste der Grund sein, weshalb er Nikki sehen wollte und nicht Lulu.
»Soll ich die Polizei rufen, Ms Howard?«, fragte der Portier im nächsten Moment zu meiner Überraschung
»Was?«, krächzte ich erstaunt in den Hörer. »Nein! Das ist schon okay. Ich komm gleich runter.«
»Alles klar, Miss Howard«, sagte der Portier. »Dann schicke Ihnen den Aufzug rauf.«
Ich legte auf. Na toll. Jetzt würde ich gleich mit Justin Bay reden müssen. Allerdings als Nikki Howard und nicht als die, die ich wirklich war, weil ich ihm nicht sagen konnte, dass ich nicht Nikki war. Es war schon schwierig genug gewesen, Lulu und Brandon davon zu überzeugen, dass ich nicht Nikki Howard war. Bei Justin Bay würde ich es gar nicht erst versuchen. Ich hatte ihn als Leander in der Journeyquest -Verfilmung gesehen, und das genügte, um zu wissen, dass er dumm wie Brot war.
Na gut. Aber das würde ich schon schaffen. Ich würde …
Oh Gott. Ich hatte keine Zeit für so was. Ich musste doch ins Krankenhaus zurück, nachdem ich mich jetzt gründlich ausgeschlafen hatte. (Auch wenn es auf der Couch gewesen war, nachdem wir uns das Demotape von Lulus neuestem Video angesehen hatten – sie nahm gerade ihr erstes Album auf, und ich muss zugeben, dass ihre Stimme gar nicht mal so übel war.) Ich musste unbedingt herausfinden, wie das alles hatte passieren können, wieso meine Eltern die Sache zugelassen hatten, warum niemand vorher mit mir darüber geredet hatte und was mit meinem alten Körper geschehen war …
… und mit Nikki Howards Gehirn.
Ich setzte Cosabella auf dem Boden ab und lief eilig in Nikki Howards Badezimmer. Alles unverändert. Aus dem Spie gel blickte mir Nikki Howards Gesicht entgegen. Meine schwache Hoffnung, das Ganze würde sich vielleicht doch als bizarrer Albtraum entpuppen, fiel in sich zusammen.
Um wach zu werden, klatschte ich mir etwas kaltes Wasser ins Gesicht, suchte dann in den Schubladen nach einer Bürste und striegelte – sehr vorsichtig, um nicht in die Nähe der empfindlichen Operationsnarbe zu kommen – meine Haare. Danach zog ich die Zahnbürste aus dem goldenen Becher, der am Waschbecken stand, und putzte mir damit die Zähne. Es war zwar Nikki Howards Zahnbürste, aber schließlich waren es ja auch ihre Zähne.
Ich spülte mir den Mund aus, rieb mir das Gesicht mit einem Handtuch trocken, betrat den begehbaren Kleiderschrank und griff nach der ersten Jacke, die ich zu fassen bekam. Irgendwas aus weichem braunem Wildleder.
Als ich gerade aus dem Zimmer gehen wollte, fiel mein Blick auf Nikkis Computer, und mir kam die Idee, dass ich vielleicht überprüfen sollte, ob das, was Brandon behauptet hatte, auch stimmte. Dass ich tot war, meine ich. Justin wartete zwar unten auf mich, aber es würde nicht lange dauern, mal schnell nach mir zu googeln.
Falls ich wirklich über einen Monat im Koma gelegen hatte, quoll mein Postfach außerdem wahrscheinlich vor Mails über. Der größte Teil davon würde natürlich Werbemüll sein, aber vielleicht hatte Christopher geschrieben.
Als ich Nikkis rosa Laptop aufklappte und Google öffnete, runzelte ich die Stirn. Nicht weil es ein Modell von Stark Enterprises war, von denen ich garantiert keinen Computer kaufen würde, wenn ich ein millionenschweres Supermodel wäre. Nein, es hatte mit der Tastatur zu tun, die etwas schwerfällig war. Die Tasten reagierten nicht so schnell, wie sie eigentlich sollten.
Es dauerte nicht lang, bis ich herausgefunden hatte, was los war. Jedes Mal wenn ich auf eine Taste drückte, blinkte kurz eine LED an Nikkis Modem auf.
Ich wusste genau, was das bedeutete. Schließlich hatte ich mir jahrelang die paranoiden Vorträge von Christophers Vater anhören dürfen, der fest davon überzeugt ist, dass sämtliche Computer heimlich von der Regierung überwacht werden.
Aber im Gegensatz zum Computer des Commanders wurde der von Nikki Howard tatsächlich ausspioniert.
Jemand, der sich nicht sonderlich viel mit seinem Computer beschäftigt – sagen wir mal, ein weltberühmtes Supermodel –, hätte nichts davon bemerkt, aber für jeden, der so viel Zeit an seinem Computer verbrachte wie ich, war es offensichtlich. Und sehr, sehr bedenklich.
Ich zog die Finger so schnell von der Tastatur, als wäre sie glühend heiß. Zum Glück hatte ich Google nur aufgemacht und noch nichts in die Suchmaske eingegeben, weder
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