Ploetzlich blond
Augen aufschlug und feststellte, dass ich gar nicht in meinem Zimmer lag. Und auch nicht an dem Ort, an dem ich meiner Erinnerung nach die letzten paar Mal aufgewacht war – dem Krankenhaus. Nein, ich lag in Nikki Howards Loft, wo ich anscheinend auf der Wohnzimmercouch eingeschlafen war … noch dazu den Kopf an Brandon Starks Brust geschmiegt!
Fassungslos darüber, wie vertraut ich mich an einen mir völlig Fremden kuschelte, setzte ich mich abrupt auf. Sofort wurde mir schwindelig. Und dann kam der Schmerz.
Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis mir wieder einfiel, wieso es so wehtat.
Ich stöhnte auf und ließ den Kopf nach vorn sinken, sodass Nikki Howards blonde Mähne mich wie ein Zelt von der Außen welt abkapselte. Cosy – Nikki Howards Hund – schien das nicht so toll zu finden. Sie zwängte sich an meinen Haaren vorbei auf meinen Schoß, um mir auf ihre Art Guten Morgen zu wünschen und übers Gesicht zu lecken. Gleich darauf ertönte wieder der Summton. »Gott«, jammerte ich, hob Cosabella hoch und wankte mit ihr auf dem Arm durch das Loft, um nach der Quelle des Geräuschs zu suchen.
Es war früher Morgen. Der Himmel vor den von der Decke bis zum Boden reichenden Fenstern erstrahlte in einem hellen, herbstlichen Blau.
Aber das schien die beiden F von N, die auf dem Sofa lagen und seelenruhig schlummerten, nicht zu stören. Lulu Collins sah mit ihrem verstrubbelten Pagenkopf und der verlaufenen Wimperntusche wie ein kleiner Engel aus.
Brandon Stark hatte seinen langen Körper halb auf der Couch und halb auf dem Teppich drapiert, schnarchte leise und hielt die Fernbedienung des Fernsehers in einer Hand. Über den Bildschirm flimmerten Gesichter ohne Ton. Es lief MTV auf stumm gestellt.
Als das Summen erneut ertönte, grunzte Lulu leise und zog sich die Kaschmirdecke, die wir uns alle geteilt hatten, über den Kopf. Im selben Moment bemerkte ich, dass der Summton aus einer Gegensprechanlage kam, die seitlich am Lift angebracht war. Da ich nicht wusste, wie ich das Summen sonst abstellen sollte, nahm ich den Hörer ab.
»Hallo?«, krächzte ich heiser.
»Bitte verzeihen Sie die frühe Störung, Miss Howard«, sagte eine Männerstimme, die ich nicht erkannte. (Woher auch?) »Mr Justin Bay ist hier und würde Sie gern sehen.«
Justin Bay? Etwa der Justin Bay aus der Verfilmung von Journeyquest (die übrigens wirklich hundsmiserabel war)? Justin Bay wollte mich sehen?
Dann fiel es mir wieder ein. Er war nicht hier, um mich zu sehen. Er war hier, um Nikki Howard zu sehen.
Sekunde mal. Wieso Nikki? War er nicht Lulu Collins' Freund? Ich erinnerte mich an ihren Besuch bei mir im Krankenhaus (den ich für eine Halluzination gehalten hatte) und an einen Ring mit einem rosa Saphir, den sie mir gezeigt hatte. Hatte sie nicht gesagt, »Justin« hätte ihn ihr geschenkt?
Doch, das hatte sie gesagt.
»Wahrscheinlich will er Lulu Collins sehen«, meinte ich. »Aber die schläft noch.«
»Nein, Ms Howard«, widersprach der Portier (ich nahm jedenfalls an, dass er der Portier war), »ich soll Ihnen ausdrücklich sagen, dass Mr Bay Sie sehen möchte, und ob Sie wohl so freundlich wären, Ms Collins nichts davon zu sagen, und einfach herunterkommen würden. Er sagt, es sei wichtig.«
Ich starrte verwirrt auf den Hörer in meiner Hand. Justin Bay wollte Nikki Howard sehen, aber sie sollte es Lulu nicht sagen? Was hatte das zu bedeuten?
»Er lässt Ihnen ausrichten«, fuhr der Portier mit leicht gelangweilter Stimme fort, »dass er nicht eher geht, als bis sie mit ihm geredet haben, und dass er es diesmal ernst meint.«
Wie bitte? Ich starrte noch verwirrter auf den Hörer. Wieso wollte Justin Bay Nikki Howard so dringend sehen, ohne dass Lulu etwas davon erfahren sollte? Ich versuchte, mich zu erinnern, was ich über Justin Bay wusste, was nicht viel war – abgesehen von dem, was ich in Fridas UsWeekly über ihn gelesen hatte, und natürlich, dass er geradezu unverschämt gut aussah und als Leander in der Journeyquest -Verfilmung unsäglich gewesen war.
Ach ja, und er war unglaublich reich. Sein Vater Richard Bay war auch schon Schauspieler gewesen und hatte in jüngeren Jahren als Star des supererfolgreichen Kinomehrteilers »Sky Warrior« eine Menge Geld verdient. Mittlerweile produzierte er herzerwärmende, familienfreundliche Fernsehserien fürs Abendprogramm und züchtete Büffel auf einer riesigen Ranch in Montana. (Wieso musste Frida immer überall ihre blöden Boulevardzeitschriften herumliegen
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