Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
Betracht zu ziehen.«
Überraschte und alarmierte Schreie wurden laut, aber ich versuchte auch gar nicht, unentdeckt zu bleiben. In grimmigem, tödlichem Schweigen gingen Puck und ich am Ufer des Sees entlang in Richtung Turm. Einer der Späher rannte brüllend auf uns zu, doch ich wehrte seinen Schlag ab, durchstieß mit meinem Schwert seine Rüstung und stieg über ihn hinweg, als er im Matsch zusammenbrach.
In der Mitte des Lagers warteten sechs Dornengardisten in strenger Formation auf uns und streckten uns ihre Waffen entgegen. Puck und ich gingen ruhig weiter, bis wir den Rand des Feuerscheins erreicht hatten. Einen Moment lang rührte sich niemand.
»Prinz Ash.« Der Anführer der Dornengarde trat vor und lächelte schwach. Was allerdings schwer zu erkennen war, da er keine Lippen mehr hatte. Von seinem Mund war nur noch ein schmaler, zerfetzter Spalt übrig. Seine glasigen, blauen Augen huschten hektisch zwischen uns hin und her. »Und Robin Goodfellow. Was für eine Überraschung, euch hier zu sehen. Wir fühlen uns geehrt, nicht wahr, Jungs?« Das klang spöttisch, doch zugleich auch hoffnungsvoll. Er deutete auf den Wald hinter uns. »Die Berichte unserer Taten müssen sich wie ein Lauffeuer verbreitet haben, wenn der mächtige Winterprinz und der Narr des Sommerhofes sich auf die Suche nach uns gemacht haben.«
»Eigentlich nicht.« Puck grinste ihn höhnisch an. »Wir waren einfach gerade in der Gegend.«
Das Lächeln des Ritters erstarb und bevor er etwas erwidern konnte, trat ich vor. »Ihr habt einen Angriff gegen das Eiserne Königreich geführt«, erklärte ich, als er den Blick wieder auf mich richtete. »Ihr habt ein Attentat auf die Eiserne Königin verübt, mit dem Ziel, sie zu töten. Bevor ich euch umbringe, will ich wissen, warum ihr das getan habt. Der Krieg ist vorbei. Das Eiserne Reich stellt nicht länger eine Bedrohung dar und es herrscht Friede zwischen den Höfen. Warum solltet ihr all das aufs Spiel setzen?«
Einen Moment lang starrte mich der Dornengardist mit vollkommen ausdrucksloser Miene an. Dann verzog sich sein schmaler Mund zu seinem hässlichen Grinsen. »Warum nicht?« Er zuckte mit den Schultern und deutete auf sein Lager. »Sieh uns an, Prinz«, fauchte er verbittert. »Wofür sollen wir noch leben? Rowan ist tot, der Eiserne König ist tot. Ins Winterreich können wir nicht zurückkehren und im Eisernen Reich können wir nicht überleben. Wohin sollten wir gehen? Uns will man doch nirgendwo haben.«
Seine Geschichte war mir auf unheimliche Art vertraut, sie hatte viel Ähnlichkeit mit meiner eigenen: Aus meiner Heimat war ich verbannt und gleichzeitig unfähig, das Eiserne Reich zu betreten.
»Uns blieb nichts anderes als die Rache«, fuhr der Dornenritter fort und zeigte wütend auf sein Gesicht. »Tod jedem Eisernen Bastard, der uns das angetan hat, angefangen mit dieser Missgeburt von einer Königin. Wir haben alles daran gesetzt und es sogar bis in den Thronsaal geschafft, aber das kleine Miststück war zäher, als wir angenommen hatten. Im letzten Moment hat man uns zurückgeschlagen.« Trotzig hob er das Kinn. »Aber wir haben es immerhin geschafft, einige von ihren Rittern zu töten, sogar diejenigen, die uns verfolgt haben.«
»Aber einen habt ihr vergessen«, erwiderte ich ruhig, woraufhin er überrascht die Augenbrauen hob. »Der eine, den ihr am Leben gelassen habt, hat uns verraten, wo ihr euch aufhaltet und was ihr getan habt. Ihr hättet besser darauf achten sollen, dass all eure Feinde ausgeschaltet sind, bevor ihr weiterzieht. Tut mir leid, aber das ist ein absoluter Anfängerfehler.«
»Ach ja? Nun, beim nächsten Mal werde ich bestimmt daran denken.« Sein verbittertes Grinsen war schauderhaft. »Dann verrate mir doch eines, Ash«, fuhr er schließlich fort. »Hat er dir schön sein Herz ausgeschüttet, bevor er starb? Schließlich seid ihr doch beide ganz versessen auf die neue Eiserne Königin und wollt unbedingt in ihrer Nähe sein. Hat er dir das Geheimnis verraten, weißt du jetzt, wie man einer von ihnen wird?«
Ich maß den Dornenritter mit einem kalten Blick. Sein Grinsen wurde noch breiter. »Tu bloß nicht so, als wüsstest du nicht, wovon ich spreche, Ash. Jeder hier kennt die Geschichte, oder, Jungs? Der mächtige Winterprinz, der sich nach seiner verlorenen Königin verzehrt und schwört, einen Weg zu finden, um im Eisernen Reich mit ihr vereint zu werden. Wie unglaublich rührend.« Mit einem abfälligen Schnauben beugte er sich
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