Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
Wirbelsturm umtobten mich Wut und Verzweiflung – ob meine eigene oder die dieses finsteren Ortes, wusste ich nicht. Und es war mir auch egal.
Ich sah Puck fest in die Augen und ging auf ihn zu.
»Ash, warte.« Puck kniff die Augen zusammen und wich wachsam vor mir zurück. »Was machst du denn?«
»Ich habe dich gewarnt.« Ganz ruhig näherte ich mich ihm, die Waffe lag schwer in meiner Hand. »Ich habe dir gesagt, dass es bald passieren würde. Es ist Zeit, Puck. Der Tag ist gekommen.«
»Nicht jetzt.« Er erbleichte und zog seine Dolche. Da ich nicht stehen blieb, wich er weiter zurück, hielt aber seine Waffen bereit. »Krieg dich wieder ein, Ash«, sagte er fast flehend. »Wir können das jetzt nicht machen. Du bist doch nicht ihretwegen hier.«
»Sieh dir an, wo wir sind!«, brüllte ich und deutete mit der Klinge auf das ausgebleichte Skelett. »Wenn nicht jetzt, wann dann? Es war hier, Puck! Hier ist sie gestorben. Genau hier habe ich Ariella verloren. Deinetwegen !« Meine Stimme brach und ich holte krampfhaft Luft, während Puck mich mit weit aufgerissenen Augen ansah. Ich hatte es ihm nie gesagt. Der Grund der Fehde, wegen der wir uns ständig bekämpften, war immer unausgesprochen geblieben. Wir kannten ihn beide, aber bis jetzt hatte ich Puck noch nie offen beschuldigt.
»Ich wollte nicht, dass das passiert, und das weißt du«, begann Puck mit zitternder Stimme, während wir einander weiter umkreisten. Unsere Klingen funkelten in dem trüben Licht. »Ich habe sie ebenfalls geliebt, Prinz.«
»Nicht so wie ich.« Jetzt konnte ich nicht mehr aufhören. Die Wut war wie ein kaltes, zerstörerisches Feuer, das sich von der Finsternis, der Trauer, dem Hass und den schmerzlichen Erinnerungen nährte, die in diesen Ort eingedrungen waren. »Und es ändert nichts an der Tatsache, dass du schuld bist an ihrem Tod. Hätte ich dich bei unserer ersten Begegnung getötet, wie es von mir erwartet wurde, wäre sie noch am Leben!«
»Meinst du denn, das wüsste ich nicht?«, brüllte Puck. Seine grünen Augen flackerten fiebrig. »Glaubst du wirklich, ich bereue nicht, was ich getan habe, und das an jedem verdammten Tag? Du hast vielleicht Ariella verloren, aber ich verlor euch beide! Glaub es oder nicht, aber ich war auch ziemlich fertig, Ash. Irgendwann war ich sogar so weit, dass ich mich auf unsere Duelle gefreut habe, weil das die einzigen Gelegenheiten waren, bei denen ich mit dir reden konnte. Während du verdammt noch mal versucht hast, mich umzubringen!«
»Vergleiche ja nicht deinen Verlust mit meinem«, fauchte ich. »Du hast doch keine Ahnung, was ich durchgemacht habe, und das alles nur wegen dir.«
»Du meinst also, ich kenne keinen Schmerz?« Puck schüttelte fassungslos den Kopf. »Oder Verlust? Ich mache das hier schon wesentlich länger als du, Prinz. Ich weiß, was Liebe ist, und habe selbst schon einige Verluste erlitten. Nur weil wir unterschiedlich damit umgehen, heißt das nicht, dass ich nicht auch Narben mit mir herumtrage.«
»Zeig mir eine«, höhnte ich. »Nenn mir eine Sache, bei der du nicht …«
»Meghan Chase!«, brüllte Puck. Das machte mich sprachlos. Puck grinste bitter. »Oh ja, Eure Hoheit. Ich weiß, was Verlust bedeutet. Ich habe dieses Mädchen bereits geliebt, als sie mich noch gar nicht kannte. Aber ich habe gewartet. Ich habe gewartet, weil ich ihr nichts vormachen wollte, was mich betrifft. Ich wollte, dass sie die Wahrheit erfuhr, bevor irgendetwas passiert. Also habe ich ausgeharrt und meinen Job gemacht. Jahrelang habe ich sie beschützt und mich in Geduld geübt, bis sie eines Tages endlich ins Nimmernie ging, um ihren Bruder zu retten. Und dann kamst du daher. Als ich die Blicke sah, die sie dir zuwarf, wollte ich dich zum ersten Mal genauso dringend umbringen wie du mich. Also, Prinz, hier!« Ohne jede Vorwarnung schleuderte er mir seine Dolche entgegen. Sie blieben vor meinen Füßen in der Erde stecken und funkelten zitternd. »Ich habe die Kämpfe satt. Du willst Rache?« Er richtete sich stolz auf, breitete die Arme aus und starrte mich wild an. »Komm und hol sie dir! Hier ist sie gestorben, hier hat alles angefangen. Hier bin ich, Ash – töte mich endlich. Ich werde mich nicht wehren. Lass es uns beenden, ein für alle Mal!«
Die Wut brodelte in mir. Mit erhobenem Schwert stürmte ich auf ihn zu, die Klinge auf seinen Hals gerichtet, sodass sie mit einem Schlag sein Schlüsselbein durchtrennen und an der anderen Seite wieder herausfahren würde.
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