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Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Titel: Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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Ich würde es beenden, jetzt und hier. Puck rührte sich nicht und sein Blick löste sich nicht von meinem, als ich angriff. Er zuckte nicht einmal, als die Waffe in einem eisigen, blauen Bogen herabfuhr …
    … und stoppte.
    Meine Hände zitterten und das Schwert lag vibrierend an Pucks Schlüsselbein, sodass die Klinge eine schmale rote Linie in seine Haut ritzte. Keuchend rang ich nach Luft, während er mich weiter ausdruckslos musterte, sodass ich mein gequältes Gesicht in seinen Augen sehen konnte. Tu es , flüsterte die Wut mir zu, während ich angestrengt versuchte, meine Arme zu bewegen und zu beenden, was ich angefangen hatte. Töte ihn. Das hast du doch immer gewollt. Beende die Fehde und löse dein Versprechen ein.
    Puck holte vorsichtig Luft und sagte leise: »Wenn du es tun willst, tu es jetzt, Prinz. Die Anspannung bringt mich noch um.«
    Ich richtete mich auf und wappnete mich für die Tat. Robin Goodfellow würde heute sterben. Es musste einfach so enden. Dabei spielte es keine Rolle, dass Puck genauso viel verloren hatte wie ich, dass sein Schmerz ebenso groß war wie meiner, dass er Meghan genug liebte, um mir Platz zu machen und sich anstandslos zurückzuziehen. Dass seine Liebe zu ihr groß genug war, um seinen eingeschworenen Feind auf der Suche nach dem Unmöglichen zu begleiten, nur damit sie glücklich wurde. Dass er nicht meinetwegen hier war, sondern ihretwegen. Nichts davon war von Belang. Ich hatte hier, genau an diesem Ort, einen Eid geleistet, und den musste ich erfüllen.
    Ich packte mein Schwert noch fester und spannte mich an. Puck stand reglos da und wartete. Wieder hob ich die Waffe … wirbelte mit einem frustrierten Schrei herum und schleuderte sie in den nächsten Dornbusch.
    Puck konnte es sich nicht verkneifen, erleichtert aufzuatmen, als ich davonstürmte, hinein in die Nebelwand und außer Sichtweite. Ich brach zusammen, fiel auf die Knie, schlug mit den Fäusten in den Matsch und ließ erschöpft den Kopf hängen. Warum tat sich nicht die Erde auf und verschluckte mich? Wut, Trauer, Selbsthass und Reue ließen mich zittern. Ich bereute, was passiert war, bereute mein Versagen und dass ich überhaupt jemals einen Eid geleistet hatte, meinen besten Freund zu töten.
    Ariella, es tut mir leid. Vergib mir. Ich bin schwach. Ich konnte mein Versprechen nicht halten.
    Ich weiß nicht, wie lange ich dort kniete. Vielleicht war es nur eine Minute, doch noch bevor ich mich wieder ganz beruhigt hatte, spürte ich, dass ich nicht allein war. Erstaunt, dass Puck dämlich genug war, mich jetzt zu stören, hob ich den Kopf.
    Es war nicht Puck.
    Dicht vor der Nebelwand stand eine verhüllte Gestalt, die so blass und durchscheinend war, dass sie fast mit dem Dunst verschmolz. Unter der großen Kapuze war nur Dunkelheit zu erkennen, doch ich konnte spüren, wie mich dieses Wesen beobachtete.
    Langsam stand ich auf und bereitete mich darauf vor, sofort zu fliehen, falls dieser Fremde mich angreifen sollte. Ich bereute, mein Schwert nicht dabeizuhaben, aber dafür war es zu spät.
    Ich betrachtete das fremde Wesen und spürte einen Hauch des Erkennens. Wir waren uns schon einmal begegnet, und zwar vor gar nicht so langer Zeit. Ich hatte seine Anwesenheit gespürt, in dem Albtraum vom Eisernen Reich. Es hatte sich zwar nie gezeigt, mich aber in der Traumwelt festgehalten. Und je mehr ich an Selbstbeherrschung zurückgewann, umso mehr Erinnerungen kehrten zu mir zurück, bis ich schließlich wieder wusste, warum wir hier waren – wen wir gesucht hatten.
    »Bist du … die Seherin?«, fragte ich leise. Meine Stimme zitterte und wurde von den dicken Nebelschwaden verschluckt, doch die verhüllte Gestalt nickte. »Dann … weißt du ja sicher, warum ich gekommen bin.«
    Wieder ein Nicken. »Ja«, hauchte die Seherin so flüchtig wie der Nebel, der uns umgab. »Ich weiß, warum du hier bist, Ash vom Winterhof. Aber die eigentliche Frage ist … weißt du es auch?«
    Ich setzte zu einer Antwort an, als die Seherin einen Schritt vortrat und die Kapuze zurückschlug.
    Mir wurde der Boden unter den Füßen weggezogen. Fassungslos starrte ich sie an, völlig zu Eis erstarrt, was diesmal nichts mit meinem winterlichen Erbe zu tun hatte.
    »Hallo, Ash«, flüsterte Ariella. »Es ist lange her.«

ZWEITER TEIL

Die Seherin
    Ich konnte nicht glauben, was ich da vor mir hatte. Sie sah aus wie Ariella, klang wie Ariella. Selbst nach all den Jahren hatte ich die Melodie ihrer Stimme noch genau im Ohr, kannte

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