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Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht

Titel: Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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lauschte angestrengt auf andere Geräusche, auf vertraute Stimmen, auf ein Rascheln oder vielleicht die arrogante Frage eines Katers, ob ich endlich erwacht sei, doch da war nichts. Anscheinend war ich allein.
    Langsam stemmte ich mich hoch und prüfte, ob mir etwas ernsthaft wehtat, ob etwas gebrochen oder nicht an seinem Platz war, aber abgesehen von einem Schnitt auf der Stirn und dumpfen Kopfschmerzen konnte ich keine ernsthaften Verletzungen feststellen. Diesmal hatte ich noch Glück gehabt. Ich konnte nur hoffen, dass die anderen ebenso glimpflich davongekommen waren.
    Mein Schwert lag neben mir im Matsch. Als ich mich danach streckte, wurde mir bewusst, dass doch jemand hier war.
    »Schön«, knurrte der Wolf irgendwo hinter mir. »Du lebst noch. Es wäre extrem ärgerlich gewesen, wenn ich Mab hätte berichten müssen, dass ich ihren Sohn bei diesem lächerlichen Abenteuer ertrinken ließ. Deinen Hintern aus dem Fluss zu ziehen, gehört zu den Erfahrungen, die ich nicht gerne wiederholen möchte, Prinz. Hoffentlich wird das jetzt nicht zur Gewohnheit.«
    Er lag wenige Meter entfernt am Ufer und beobachtete mich mit seinen glühenden gelb-grünen Augen. Als ich aufstand, nickte er anerkennend und erhob sich ebenfalls. Sein Pelz war noch immer strähnig und feucht.
    »Wo sind die anderen?«, fragte ich ihn und sah mich suchend um. Der Wolf schnaubte abfällig.
    »Weg«, erklärte er schlicht. »Der Fluss hat sie geholt.«
    Reglos starrte ich ihn an und versuchte zu verarbeiten, was er gerade gesagt hatte. Verlust war mir nicht neu. Vor den schlimmsten Schmerzen hatte ich mich stets abgeschirmt – nichts an mich heranzulassen garantierte mir, dass ich auch nichts vermissen konnte, wenn es nicht mehr da war. Die Erfahrung hatte mir gezeigt, dass Bindungen in der Welt der Dunklen fehl am Platze waren. Doch ich konnte nicht glauben, dass Puck und Ariella nicht mehr sein sollten.
    »Hast du denn nicht versucht, ihnen zu helfen?«
    Der Wolf schüttelte sich, nieste und sah mich dann unbekümmert wieder an. »Die anderen zu retten war für mich nicht von Interesse«, erwiderte er gelassen. »Selbst wenn ich sie rechtzeitig hätte erreichen können … mir geht es nur darum, dich am Leben zu erhalten. Ich habe sie gewarnt, flussabwärts zu schiffen war keine gute Idee. Wir müssen jetzt wohl einen anderen Weg ans Ende der Welt finden.«
    »Nein«, sagte ich leise und blickte über den schäumenden Fluss. »Sie sind nicht tot.«
    Der Wolf fletschte die Zähne. »Das weißt du doch gar nicht, Prinz. Du kannst nicht sicher sein.«
    »Ich würde es wissen«, beharrte ich. Denn wenn sie nicht mehr waren, gab es für mich allein keine Möglichkeit mehr, das Feld der Prüfungen zu erreichen, und damit keine Möglichkeit, meinen Schwur einzulösen. Wenn Puck tot war, würde meine Welt so kalt und leblos werden wie die dunkelste Nacht am Winterhof. Und sollte ich Ariella tatsächlich ein zweites Mal haben sterben lassen, so wäre es besser gewesen, der Wolf hätte mich nicht gerettet, denn diesmal würde der Schmerz mich nicht nur wahnsinnig machen – er würde mich umbringen.
    Ich stieß abrupt den Atem aus und fuhr mir durch die nassen Haare. »Wir werden sie finden«, entschied ich und musterte prüfend den Fluss. Das Wasser toste und schäumte, nagte wütend an den Felsen und floss mit halsbrecherischer Geschwindigkeit dahin. Der Wolf hatte recht – es war nur schwer vorstellbar, dass nach der Zerstörung des Floßes jemand da drin überleben konnte, aber Robin Goodfellow war der reinste Überlebenskünstler, und ich musste einfach daran glauben, dass Ariella bei ihm und in Sicherheit war. Um Grimalkin machte ich mir sowieso keine Sorgen. »Glaub, was du willst«, fuhr ich an den Wolf gewandt fort, »aber Goodfellow lebt. Er ist schwerer zu töten, als du denkst … vielleicht sogar schwerer zu töten als du.«
    »Das möchte ich sehr bezweifeln.« Doch seine Stimme klang resigniert und er schüttelte leise knurrend den Kopf. »Dann komm.« Mit einem letzten Zähnefletschen drehte sich der Wolf um und trottete am Ufer entlang. »Wir verschwenden nur Zeit, wenn wir hier rumstehen. Wenn sie überlebt haben, befinden sie sich wahrscheinlich weiter flussabwärts. Allerdings …« Er unterbrach sich und warf mir über die Schulter einen warnenden Blick zu. »Wenn wir den Katarakt des Vergessens erreichen, kannst du es aufgeben. Niemand überlebt diesen Sturz. Nicht einmal ich.«
    Er wandte sich um und setzte seinen Weg fort.

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