Ploetzlich Fee 04 - Frühlingsnacht
hinauf, der nur träge blinzelte, »… zeig mir, wo die beiden sind.«
Wir schlichen am Rand des Lagers entlang, schoben uns lautlos zwischen den Bäumen und dem sumpfigen Unterholz hindurch, bis Grimalkin sich schließlich direkt neben dem Tümpel niederließ.
»Hier.« Er deutete mit dem Kinn auf den linken Teil des Lagers. »Die Hütte des Schamanen ist die zweite, von dem modrigen Baum aus gezählt. Die mit den Fackeln und den Hühnerfüßen über dem Eingang.«
»Alles klar«, murmelte ich, ohne die Hütte aus den Augen zu lassen. »Von hier an übernehme ich. Du solltest dich ver…» Aber Grimalkin war bereits verschwunden.
Ich schloss die Augen, nahm den Schein in mich auf und erschuf mir so einen Mantel aus Schatten, vor dem jegliches Licht zurückwich. Solange ich keinen Lärm machte oder sonst irgendwie Aufmerksamkeit auf mich lenkte, würden die Blicke von mir abgleiten und der Schein der Fackeln würde die von mir geschaffene Dunkelheit nicht durchdringen können.
In meinen magischen Mantel gehüllt stieg ich über den Abhang in das sumpfige Wasser hinunter.
Ein fauliger, durchdringender Gestank hing in der Luft: Modriges Wasser, verwesende Kadaver, verrottender Fisch und der ölige Reptiliendunst der Hobjas selbst vermischten sich hier. Sie zischten und fauchten sich in ihrer verworrenen, blubbernden Sprache gegenseitig an, aus der nur ein erkennbares Wort hervorstach: hobja . So waren sie wahrscheinlich zu ihrem Namen gekommen. Von einem Schatten zum nächsten schleichend, immer darauf bedacht, jedes Plätschern der warmen Sumpfbrühe zu vermeiden, die meine Hose durchnässte, gelangte ich zu der Hütte des Schamanen. Leiser Gesang und dichter, stechender Rauch drangen unter den aufgefädelten Hühnerfüßen am Eingang hervor. Lautlos zog ich mein Schwert und schlich hinein.
Im Inneren der winzigen Hütte roch es nach verfaultem Weihrauch, er ließ meine Augen tränen und brannte in meiner Kehle. An einer Wand hockte auf einem Stapel Tierfelle ein stämmiger Hobja mit einem fetten Wanst, der darin vertieft war, einen monotonen Singsang von sich zu geben und mit einem brennenden Zweig über zwei reglosen Gestalten herumzuwedeln. Puck und Ariella lagen ausgestreckt auf dem schmutzigen Boden. Ihre bleichen Gesichter wirkten schlaff und sie waren an Händen und Füßen mit gelblichen Ranken gefesselt. Als ich eintrat, riss der Schamane den Kopf hoch und zischte ängstlich.
Blitzartig streckte er die Hand nach seinem Stab aus, der in der Ecke lehnte, doch ich war schneller. In dem Moment, als sich seine Klaue um das knorrige Holz schloss, traf ihn ein Eisdolch am Rücken. Das hätte ihn eigentlich töten sollen, aber der Schamane drehte sich um und kreischte etwas in meine Richtung, wobei er drohend mit den Knochen an seinem Stab rasselte. Ich spürte, wie sich finstere Magie zusammenballte, und stürzte mich mit gezücktem Schwert auf ihn. Der Schamane riss den Mund auf und spuckte mir eine ätzende, gelbe Flüssigkeit entgegen, die auf der Haut brannte. Trotzdem fand meine Klinge ihr Ziel. Der Hobja stieß einen letzten Schrei aus und zerfiel dann zu einem wuselnden Haufen aus Schlangen und Fröschen. Einer weniger, doch die anderen Hobjas waren sicher nicht weit.
Meine Haut brannte und wurde an den Stellen, wo sie von der Spucke des Schamanen getroffen worden war, bereits taub, doch darum konnte ich mich jetzt nicht kümmern. Ich kniete mich neben Ariella, schnitt ihre Fesseln durch und zog sie in meine Arme.
»Ari«, flüsterte ich drängend und tätschelte vorsichtig ihre Wange. Ihre Haut war kalt, und auch wenn das bei einer Winterfee völlig normal war, wurde mir ganz anders. »Wach auf, Ari. Komm schon, sieh mich an.«
Ich wollte gerade den Puls an ihrer Halsschlagader prüfen, als sie sich plötzlich regte und flatternd die Augen aufschlug. Die Erleichterung traf mich wie ein wohlplatzierter Pfeil und ich widerstand mühsam dem Drang, sie fest an mich zu drücken. Ariella fuhr bei meinem Anblick überrascht zusammen. Schnell legte ich ihr einen Finger an die Lippen. »Ich bin’s nur«, flüsterte ich, als sich ihre Augen weiteten. »Wir müssen hier raus. Aber leise!«
Am Hütteneingang ertönte ein Schrei. Mit weit aufgerissenen, roten Augen starrte uns ein Hobja an. Ich schleuderte einen Eisdolch nach ihm, doch er stob zischend davon und lief ins Lager hinaus. Wütende und ängstliche Rufe wurden laut und man konnte hören, wie sich durch das Wasser viele Körper in unsere Richtung
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