Plötzlich Fee Bd. 3 Herbstnacht
trotzdem wuchs die Angst vor einem Treffer immer mehr.
Nach einigen Hieben, die meinen Stolz genauso verletzten wie meine Haut, ging ich voll in Verteidigungshaltung und Ash griff mich an.
Ich wurde noch viel öfter getroffen.
Wut kochte in mir und flackerte bei jedem Treffer auf, bei jedem mühelosen Schlag, nach dem auf meiner Haut mein Versagen brannte. Das war nicht fair. Er hatte jahrelange, sogar jahrzehntelange Erfahrung im Schwertkampf und ließ mir nicht die geringste Chance. Statt mir beizubringen, wie ich seine Attacken abwehren konnte, spielte er mit mir. Das hier war keine Lektion, das war reine Angeberei.
Schließlich ging mein Temperament mit mir durch. Nachdem ich verzweifelt versucht hatte, eine Reihe von blitzschnellen Schlägen abzuwehren, kassierte ich einen Treffer auf den Hintern, der meine Wut explodieren ließ. Mit einem Schrei stürzte ich mich auf Ash und wollte ihn diesmal wirklich treffen, um ihm wenigstens diese Gelassenheit aus dem Gesicht zu prügeln.
Diesmal wich Ash nicht aus und blockte meinen Schlag auch nicht, sondern wirbelte herum und schlang seinen Arm um meine Taille, als ich an ihm vorbeistürmte. Dann ließ er sein Schwert fallen, schnappte sich mein Handgelenk und zog mich an seine Brust, wo er mich festhielt und meine Waffe fixierte, während ich fluchend gegen seinen Griff ankämpfte.
»Na also«, murmelte er müde, aber zufrieden. »Genau das wollte ich erreichen.«
Obwohl ich immer noch wütend war, erschlaffte meine Gegenwehr. Meine Sinne arbeiteten auf Hochtouren und ich wurde stocksteif in seinen Armen. »Was?«, fauchte ich. »Dass ich so wütend werde, dass ich dir am liebsten ein Auge ausstechen würde?«
»Dass du das hier endlich so ernst nimmst, dass du mit aller Kraft versuchst, mich zu treffen.« Ashs tiefe, grimmige Stimme ließ mich frösteln. Er seufzte und legte die Stirn an meinen Hinterkopf. »Das hier ist nicht irgendein Hobby, Meghan«, hauchte er und schickte damit einen wohligen Schauer über meinen Rücken. »Es ist kein Spiel oder Sport oder Freizeitvergnügen. Hier geht es um Leben und Tod. Wäre es mir ernst gewesen, hätte jeder dieser Treffer dich töten können. Wenn du eine Waffe in die Hand nimmst, bedeutet das, dass du sie auch irgendwann einsetzen musst. In einem Kampf wie diesem wirst du verletzt werden. Machst du auch nur einen einzigen Fehler, bist du tot. Und dann würde ich … dich verlieren.«
Er verstummte, als wäre ihm der letzte Teil des Satzes unabsichtlich rausgerutscht. Ich hatte plötzlich einen Kloß im Hals und meine Wut verflog.
Ash drückte seine Lippen auf eine Strieme an meiner Schulter und mein Herz setzte kurz aus. »Es tut mir leid«, murmelte er mit aufrichtigem Bedauern. »Ich wollte dich nicht verletzen. Aber ich will, dass du begreifst. Wenn ich dir beibringe, wie man kämpft, bedeutet das, dass du dich in noch größere Gefahr begeben wirst. Und wenn ich manchmal hart zu dir bin, dann nur, weil ich dich nicht verlieren will.« Er ließ mein Handgelenk los, fuhr mit seinen Fingern hinauf bis zu meiner Schulter und strich mir die Haare aus dem Nacken. »Willst du trotzdem weitermachen?«
Ich konnte nicht sprechen. Also nickte ich nur, und Ash drückte mir einen Kuss in den Nacken.
»Morgen«, beschloss er und zog sich zurück, während ich mir wünschte, wir wären ewig so stehen geblieben. »Um dieselbe Zeit. Und jetzt sollten wir diese Striemen versorgen.«
Sobald wir den Bach überquert hatten, hörte ich die Musik. Als wir reinkamen, saß mein Dad auf der Klavierbank und sah nicht einmal von den Tasten auf. Doch die Musik heute war nicht mehr so finster und wild wie am Abend zuvor, sondern eher ruhig und friedlich. Grimalkin lag auf dem Klavier, hatte die Pfoten unter den Körper gezogen, die Augen geschlossen und schnurrte anerkennend.
Ich riskierte ein: »Hi, Dad«, und fragte mich, ob er mich heute mal richtig ansehen würde.
Die Musik geriet aus dem Takt und für den Bruchteil einer Sekunde dachte ich, er würde aufsehen. Doch dann zog er die Schultern wieder nach vorne und spielte weiter, etwas schneller als vorher. Grimalkin machte sich nicht einmal die Mühe, die Augen zu öffnen.
»Ich schätze, das ist ein Anfang«, seufzte ich, während Ash für einen Moment in der Küche verschwand. Ich hörte ein paar unbekannte, hohe Stimmen, die etwas zu ihm sagten – Leanansidhes Heinzelmännchen? –, bevor er mit einem kleinen braunen Topf in der Hand wieder auftauchte.
Mein Dad spielte
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