Plötzlich Fee - Das Geheimnis von Nimmernie: Band 5 - (German Edition)
Kälte war wie ein bösartiges Tier, sie kratzte über jedes Stück freie Haut und stach mir beim Atmen in die Lungen. Ich zitterte schon bald am ganzen Leib und dachte mit klappernden Zähnen sehnsüchtig an dicke Pullover, heiße Bäder und flauschige Daunendecken, unter denen man sich bis zum Frühling verkriechen konnte.
Der Wald wurde zunehmend dichter und düsterer, und die Temperatur sank weiter und weiter. Inzwischen hatte ich das Gefühl in Fingern und Zehen verloren, und die Kälte machte mich leicht benommen. Es fühlte sich so an, als würden eisige Hände meine Füße umklammern und mich nach unten ziehen, als wollten sie, dass ich mich zusammenrollte und Winterschlaf hielt, bis es wieder wärmer wurde.
Ein Aufblitzen von Farbe zwischen den Bäumen weckte meine Aufmerksamkeit. Auf einem Ast über mir saß ein kleiner Vogel, dessen leuchtend rote Federn sich von dem weißen Schnee abhoben. Er hatte die Augen geschlossen und das Gefieder so aufgeplustert, dass er aussah wie ein fluffiger, roter Ball. Und er war komplett in Eis eingeschlossen, von Kopf bis Fuß steckte er in kristallisiertem Wasser, das so klar war, dass ich jedes Detail erkennen konnte.
Dieser Anblick hätte mir einen Schauer über den Rücken jagen sollen, aber mir war so kalt, dass ich nichts als Taubheit spürte, die sich immer weiter ausbreitete. Es war, als würden meine Beine jemand anderem gehören und meine Füße überhaupt nicht mehr vorhanden sein. Ich stolperte über einen abgerissenen Ast und stürzte kopfüber in eine Schneewehe. Die Eiskristalle brannten in den Augen.
Eine überwältigende Müdigkeit überfiel mich. Meine Augenlider schienen bleischwer und ich wollte einfach nur liegen bleiben und schlafen wie ein Bär im Winter. Es war ein wunderbarer Gedanke. Keine Spur mehr von der Kälte, nur noch Taubheit und verlockende Dunkelheit.
»Meghan!«
Ashs Stimme durchbohrte meine Apathie, er kniete sich neben mich in den Schnee. »Steh auf, Meghan«, sagte er drängend. »Du kannst hier nicht liegen bleiben. Du wirst erfrieren und sterben, wenn du dich nicht bewegst. Steh auf.«
Ich versuchte es, aber allein den Kopf zu heben, verlangte mir eine übermenschliche Anstrengung ab. Ich wollte nichts als schlafen. Murmelnd wollte ich ihm klarmachen, wie müde ich war, aber die Worte gefroren in meiner Kehle und ich brachte lediglich ein Grunzen heraus.
»Die Kälte hat sie erwischt.« Grimalkins Stimme schien von weither zu kommen. »Sie friert schon ein. Wenn du sie nicht sofort wieder auf die Beine bringst, wird sie sterben.«
Trotz aller Anstrengung fielen mir immer wieder die Augen zu. Wenn meine Lider erst vollständig geschlossen waren, würden sie einfrieren und sich nie wieder öffnen lassen. Ich wollte sie mit den Fingern aufhalten, aber meine Hände waren bereits mit einer Eisschicht bedeckt und ich konnte sie nicht mehr spüren.
Gib auf , hauchte die Kälte an meinem Ohr. Gib auf und schlaf. Du wirst nie wieder Schmerzen haben.
Meine Lider flatterten. Ash gab ein Geräusch von sich, das stark an ein Knurren erinnerte. »Verdammt, Meghan«, fauchte er und packte meine Arme. »Ich werde dich nicht verlieren, nicht so kurz vor dem Ziel. Steh auf! «
Er zog mich mit sich auf die Füße, und bevor ich überhaupt realisiert hatte, was geschah, presste er seine Lippen auf meine.
Die Benommenheit verflog schlagartig. Überrascht registrierte ich, wie mein Herz einen heftigen Sprung machte und sich mein Magen zusammenzog. Ich legte die Arme um Ashs Hals und erwiderte seinen Kuss, spürte seine Hände an meinem Körper, die uns eng aneinanderdrückten, und sog seinen scharfen, frostigen Duft ein.
Als wir uns schließlich voneinander lösten, atmete ich schwer, und sein Herz schlug so heftig, dass ich es unter meinen Fingern spüren konnte. Ich begann erneut zu zittern, aber diesmal war die Kälte dafür eine gute Entschuldigung. Seufzend drückte Ash seine Stirn an meine.
»Komm, nichts wie raus aus der Kälte.«
Grimalkin war mal wieder verschwunden, aber seine feinen Spuren waren im Schnee deutlich zu erkennen. Wir folgten ihnen bis zu einer kleinen, baufälligen Hütte, die unter zwei faulenden Bäumen stand. Kaum zu glauben, dass hier jemand wohnen sollte, aber dem Rauch aus dem Schornstein und dem gedämpften, orangefarbenen Licht hinter den Fenstern zufolge musste jemand da sein.
Ich konnte es kaum erwarten, der beißenden Kälte zu entkommen, und wollte schon reingehen, als Ash meine Hand nahm und mich
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