Plötzlich Fee - Sommernacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Sommernacht - The Iron Fey, Book 1: The Iron King
mich anlächelte, entblößte sie nadelspitze gelbe Zähne.
»Ich rieche Verzweiflung«, krächzte sie und ließ sich auf einen Stuhl sinken. »Verzweiflung und Verlangen. Du, Kind.« Sie zeigte mit einem krummen Finger auf mich. »Du bist gekommen auf der Suche nach Wissen. Du suchst nach etwas, das unbedingt gefunden werden muss, nicht wahr?«
»Ja«, flüsterte ich.
Die Alte nickte mit dem verschrumpelten Kopf. »Dann frag, Kind zweier Welten. Aber bedenke…« Sie richtete ihre leeren Augen auf mich. »Jedes Wissen hat seinen Preis. Ich werde dir die Antworten geben, die du suchst, aber im Gegenzug verlange ich etwas. Wirst du den Preis akzeptieren?«
Hoffnungslosigkeit überkam mich. Noch ein Feenhandel. Noch mehr Gefälligkeiten, die zu bezahlen waren. Und ich war bereits so hoch verschuldet, dass ich da wohl nie wieder rauskommen würde. »Ich habe nicht mehr viel, was ich geben könnte«, erklärte ich ihr.
Sie lachte zischend. »Irgendetwas gibt es immer, mein Kind. Bisher wurde nur deine Freiheit von einem anderen beansprucht.« Sie schnüffelte wie ein Hund, der eine Fährte aufnimmt. »Du hast noch deine Jugend, deine Talente, deine Stimme. Dein zukünftiges Kind. All das wäre für mich von Interesse.«
»Mein zukünftiges Kind kriegen Sie nicht«, sagte ich automatisch.
»Tatsächlich?« Das Orakel legte die Fingerspitzen aneinander. »Du würdest es nicht weggeben, auch wenn es dir nur Kummer bringt?«
» Genug.« Ashs kräftige Stimme hallte durch die Dunkelheit. »Wir sind nicht gekommen, um die Eventualitäten der Zukunft zu diskutieren. Nenne deinen Preis, Orakel, und lass das Mädchen entscheiden, ob sie ihn zu zahlen bereit ist.«
Schnüffelnd lehnte sich das Orakel zurück. »Eine Erinnerung«, verkündete es.
»Eine was?«
»Eine Erinnerung«, wiederholte die Alte. »Eine, an die du mit großer Liebe zurückdenkst. Der glücklichste Moment deiner Kindheit. Weißt du, ich selbst habe ziemlich wenige davon. «
»Wirklich?«, fragte ich. »Das ist alles? Sie wollen nur eine meiner Erinnerungen, dann sind wir im Geschäft? «
»Meghan«, schaltete sich Puck ein, »tu das nicht so leichtfertig ab. Deine Erinnerungen sind ein Teil von dir. Wenn du eine deiner Erinnerungen verlierst, verlierst du einen Teil deiner Seele.«
Das klang schon etwas beunruhigender. Trotzdem ist eine Erinnerung ein wesentlich angenehmerer Preis als meine Stimme oder mein Erstgeborenes, dachte ich. Ich werde sie schließlich nicht vermissen, besonders, wenn ich mich nicht daran erinnern kann. Ich dachte an die glücklichsten Momente in meinem Leben: Geburtstagspartys, mein erstes Fahrrad, Beau, als er noch ein Welpe war. Keiner davon schien so wichtig zu sein, dass ich ihn unbedingt behalten musste. »Also gut«, erklärte ich dem
Orakel und sah sie fest an. »Ich bin dabei. Sie kriegen eine meiner Erinnerungen, nur eine einzige, und dann sagen Sie mir, was ich wissen will. Abgemacht? «
Die Alte lächelte breit. »Jaaaaa.«
Sie stand auf, lehnte sich über den Tisch und umfasste mit ihren Klauen mein Gesicht. Ich schloss zitternd die Augen, als ihre Nägel leicht über meine Wangen kratzten.
»Das könnte sich etwas … unangenehm anfühlen«, zischte die Alte, und ich keuchte auf, als sie ihre Krallen in meinen Geist grub und ihn aufriss wie eine Papiertüte. Ich spürte, wie sie in meinem Kopf herumwühlte, die Erinnerungen wie Fotos durchblätterte und sie untersuchte, bevor sie sie verwarf. Abgelegte Bilder flogen durch mein Bewusstsein: Erinnerungen, Emotionen und alte Wunden tauchten auf, frisch und schmerzhaft. Ich wollte mich zurückziehen, wollte es beenden, aber ich konnte mich nicht rühren. Endlich hielt die Alte inne und griff nach einem strahlenden Moment des Glücks und entsetzt erkannte ich, worauf sie es abgesehen hatte.
Nein !, wollte ich schreien. Nein, nicht diese! Lass sie in Ruhe, bitte!
»Jaaaaa«, zischte das Orakel und schlug ihre Klauen in die Erinnerung. »Ich werde diese hier nehmen. Nun gehört sie mir. «
Etwas in mir schien zu zerreißen, und brennender Schmerz schoss durch meinen Schädel. Mein Körper verspannte sich, die verkrampften Kiefer verhinderten, dass ich schrie, dann sank ich in meinem Stuhl mit dem Gefühl zusammen, mir sei gerade der Schädel gespalten worden.
Ich richtete mich wieder auf und zuckte zusammen, weil mein Kopf schmerzhaft pulsierte. Das Orakel beobachtete mich mit einem zufriedenen Lächeln. Puck murmelte etwas, was ich nicht verstand, und Ash
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