Plötzlich Fee - Sommernacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Sommernacht - The Iron Fey, Book 1: The Iron King
ihnen vereinzelt Gesichter aufblitzten, die uns zu beobachten schienen. Es waren Frauengesichter mit schwarzen Knopfaugen. Puck warf einigen von ihnen Kusshände zu, während Ash ihnen im Vorbeigehen respektvoll zunickte. Selbst Grimalkin gönnte den Gesichtern in den Bäumen ein Nicken, und ich fragte mich, warum sie wohl so wichtig waren.
Nach fast einer Stunde Fußmarsch erreichten wir die Straßen der Stadt.
Ich blieb kurz stehen, sah mich um und wünschte, wir hätten Zeit für eine Erkundungstour. Schon immer wollte ich mal nach New Orleans, besonders zu Mardi Gras, obwohl ich wusste, dass Mom das nie erlauben würde. Auch jetzt pulsierte New Orleans nur so vor Leben und Energie. Urige Läden und Häuser säumten die Straße, manche zwei oder drei Stockwerke hoch, mit Balkonen und kleinen Veranden, die nach vorne hinausgingen. Leise Jazzklänge wehten durch die Straße, und der würzige Duft von Cajun-Essen brachte meinen Magen zum Knurren.
» Glotzen kannst du später.« Grimalkin hieb mir eine Kralle ins Schienbein. »Wir sind nicht zum Sightseeing hier. Wir müssen ins French Quarter. Einer von euch sollte sich nach einem Transportmittel für uns umsehen. «
»Wo genau wollen wir hin?«, fragte Ash, während
Puck eine Kutsche heranwinkte, die von einem verschlafenen roten Maultier gezogen wurde. Das Maultier schnaubte und legte die Ohren an, als wir alle einstiegen, doch der Fahrer nickte lächelnd.
Grimalkin sprang auf den Kutschbock. »Zum Historischen Voodoomuseum«, verlangte er vom Fahrer, der überhaupt nicht überrascht zu sein schien, dass eine Katze sprechen konnte. »Und zwar Vollgas.«
Voodoomuseum? Ich war nicht sicher, was ich erwarten sollte, als die Kutsche vor einem schäbig aussehenden Gebäude im French Quarter hielt. Unter dem Vordach entdeckte ich eine schlichte schwarze Doppeltür, und ein bescheidenes Holzschild bestätigte, dass dies das Historische Voodoomuseum von New Orleans war. Inzwischen war es dunkel geworden und das Pappschild hinter dem dreckigen Fenster zeigte an, dass das Museum geschlossen war. Grimalkin nickte Puck zu, der ein paar Worte murmelte und dann leicht an die Tür klopfte. Sie öffnete sich mit einem leisen Quietschen, und wir traten ein.
Drinnen war es warm und muffig. Ich stolperte über eine Falte im Teppich und fiel gegen Ash, der mich mit einem Seufzer auffing. Puck schloss die Tür hinter uns und tauchte damit den Raum in absolute Finsternis. Während ich noch nach der Wand tastete, sprach Ash ein kurzes Wort, und prompt erschien eine blaue Feuerkugel über seinem Kopf und erhellte die Dunkelheit.
Das fahle Licht beleuchtete eine gruselige Horrorsammlung. An der gegenüberliegenden Wand hing ein Skelett mit einem Zylinder direkt neben einer Schaufensterpuppe,
die den Kopf eines Krokodils trug. Schädel von Menschen und Tieren waren im Raum verteilt, außerdem diverse grinsende Masken und jede Menge Holzpuppen. In Schaukästen waren Gläser mit eingelegten Schlangen und Fröschen ausgestellt, die in einer bernsteinfarbenen Flüssigkeit schwammen, daneben Zähne, Mörser, Trommeln, Schildkrötenpanzer und andere Kuriositäten.
»Hier entlang.« Grimalkins Stimme schien in der drückenden Stille unnatürlich laut.
Wir folgten ihm durch einen dunklen Flur, von dessen Wänden die Porträts einiger Männer und Frauen auf uns herabblickten. Ich spürte, wie ihre Blicke mir folgten, bis ich einen Raum betrat, in dem noch mehr gruselige Utensilien angehäuft waren und in dessen Zentrum ein runder Tisch stand, der mit einem schwarzen Tuch bedeckt war. Um ihn herum standen vier Stühle, als würden wir erwartet.
Während wir auf den Tisch zugingen, rührte sich eines der ausgetrockneten Gesichter, die in einer Ecke hingen, und löste sich von der Wand.
Schreiend versteckte ich mich hinter Puck, als eine klapperdürre Frau mit wirren weißen Haaren auf uns zuschlurfte. Ihre Augen lagen so tief in den Höhlen, dass sie in dem faltigen Gesicht wie Krater wirkten.
»Hallo, Kinder«, flüsterte die Alte mit einer Stimme, die klang wie rieselnder Sand. »Gekommen, um die alte Anna zu besuchen, was? Da ist Puck – und Grimalkin auch. Was für eine Freude.« Sie zeigte auf den Tisch, und die Nägel an ihren knorrigen Fingern funkelten dabei wie Stahl. »Bitte, setzt euch.«
Nachdem wir uns am Tisch niedergelassen hatten, baute
sich die Alte vor uns auf. Sie roch nach Staub und Moder wie alte Zeitungen, die jahrelang auf dem Speicher gelegen haben. Als sie
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