Plötzlich Fee - Sommernacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Sommernacht - The Iron Fey, Book 1: The Iron King
verärgert zu sein. Ash hatte sich noch kein einziges Mal beklagt, aber ich konnte sehen, dass das ganze Eisen um uns herum seinen Tribut forderte. »Willst du irgendwo anhalten und dich ausruhen? «
»Nein.« Er drückte sich eine Handfläche aufs Auge als wolle er Kopfschmerzen vertreiben. »Das würde keinen Unterschied machen. «
Die verseuchte Landschaft nahm kein Ende. Wir kamen an Löchern mit geschmolzener Lava vorbei, die blubberte und die Luft vor Hitze flimmern ließ. Überall ragten Schornsteine auf und spuckten Wolken voller schwarzer Abgase aus, die den gelbgrauen Himmel trübten. An blinkenden Metalltürmen zuckten Blitze und die Luft summte fast vor elektrischer Spannung. Auf dem Boden zogen sich Rohre entlang, an deren Nahtstellen und Ventilen Dampf austrat, und über uns spannten sich schwarze Drähte. Der Gestank nach Eisen, Rost und Abgasen brannte mir in Hals und Nase.
Ash sprach kaum noch, aber er schleppte sich mit eiserner Entschlossenheit vorwärts. Die Sorge um ihn nagte fortwährend an mir. Ich war es, die ihm das antat. Es war mein Handel, durch den er gezwungen war, mir zu helfen, auch wenn ihn das langsam, aber sicher umbrachte. Doch wir konnten nicht umkehren, und ich konnte nur hilflos zusehen, wie Ash sich weiterkämpfte. Sein Atem ging rasselnd und er wurde von Stunde zu Stunde
blasser. Angst schnürte mir die Kehle zu. Ich hatte Panik, dass er sterben könnte und mich allein an diesem finsteren, schrecklichen Ort zurücklassen würde.
Ein Tag verging. Der Eisenturm ragte schwarz und bedrohlich vor uns auf, obwohl er immer noch weit entfernt war. Das kränkliche Gelbgrau des Himmels verfinsterte sich, und hinter dichten Wolken erschien ein verschwommener Mond. Ich blieb stehen und sah zum Himmel auf. Keine Sterne. Kein einziger. Die künstlichen Lichter, die vom Smog reflektiert wurden, sorgten dafür, dass es nachts fast so hell war wie am Tag.
Ash begann zu husten und stützte sich mit einer Hand an einer bröckelnden Mauer ab. Ich legte ihm einen Arm um die Taille und stützte ihn, als er sich an mich lehnte. Das raue Krächzen aus seiner Kehle krampfte mir das Herz zusammen.
»Wir sollten uns ausruhen«, murmelte ich und sah mich nach einem Platz um, an dem wir Pause machen konnten. Neben den Schienen lag, halb im Dreck versunken, ein gewaltiges Zementrohr, das mit Graffiti beschmiert war. Ich schob Ash darauf zu. »Komm schon.«
Diesmal protestierte er nicht, sondern folgte mir den Bahndamm hinunter in den Betonunterschlupf. Die Röhre war nicht groß genug, um aufrecht darin zu stehen, und auf dem Boden lagen überall bunte Glasscherben herum. Nicht gerade der beste Lagerplatz, aber wenigstens war er nicht aus Eisen. Ich schob mit dem Fuß eine zerbrochene Flasche zur Seite, setzte mich vorsichtig und streifte den Rucksack ab.
Ash zog das Schwert aus der Scheide und ließ sich mit
einem unterdrückten Stöhnen gegenüber von mir auf den Boden sinken.
Der Hexenholzpfeil pulsierte, als ich den Reißverschluss aufzog und um ihn herum nach Essen und einer Wasserflasche suchte.
Ich riss eine Packung Beef Jerky auf und bot Ash davon an. Er schüttelte den Kopf. Sein Blick war trüb und erschöpft.
»Du musst etwas essen«, tadelte ich ihn und nagte an dem Trockenfleisch herum. Eigentlich war ich selbst nicht besonders hungrig – Müdigkeit, Hitze und die Sorge verdarben mir den Appetit –, aber ich wollte etwas im Magen haben. »Ich habe auch noch Knabberkram und Süßes, wenn du etwas anderes willst. Hier!« Ich wedelte mit einer Tüte Studentenfutter vor seiner Nase herum. Als er sie misstrauisch beäugte, zog ich die Augenbrauen hoch. »Tut mir leid, aber die verkaufen an Tankstellen nun mal keine Feennahrung. Und jetzt iss.«
Schweigend nahm er die Tüte und schüttete sich ein paar Erdnüsse und Rosinen in die Hand. Ich schaute zu dem schwarzen Turm, der in weiter Ferne bis in die Wolken aufragte. »Was meinst du, wie lange wir noch brauchen ?«, murmelte ich, einfach, um ihn zum Reden zu bringen.
Ash stopfte sich die ganze Handvoll Nüsse in den Mund, kaute und schluckte sie teilnahmslos. »Höchstens einen Tag, schätze ich«, erwiderte er dann und stellte die Tüte ab. »Dann …« Er seufzte und sein Blick verdüsterte sich. »Ich bezweifle, dass ich dann noch sonderlich nützlich sein werde.«
Mein Magen verkrampfte sich vor Angst. Ich durfte ihn jetzt nicht verlieren. Ich hatte schon so viel verloren, und es erschien mir besonders grausam, dass Ash es
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