Plötzlich Fee - Sommernacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Sommernacht - The Iron Fey, Book 1: The Iron King
wie mein Vater Oberon. Ich war einfach nur Meghan Chase, ein ganz normales Schulmädchen. Nichts Besonderes.
Nein. Die Stimme in meinem Kopf war meine, aber irgendwie auch nicht. Du bist mehr als das. Du bist die Tochter von Oberon und Melissa Chase. Du bist der Schlüssel, der einen Krieg der Feen verhindern kann. Freundin von Puck, Schwester von Ethan, Liebste von Ash – du bist viel mehr, als du zu sein glaubst. Du hast alles, was du brauchst. Du musst nur noch diesen einen Schritt tun.
Einen Schritt tun. Das konnte ich. Ich holte tief Luft und drückte gegen die Tür.
Quietschend schwang sie auf, und ich stand am Rand eines riesigen Gartens. Oben auf den glatten Eisenwänden, die den Garten umgaben, saßen zerklüftete Spitzen, die sich dunkel gegen den Himmel abzeichneten. Bäume säumten einen steinigen Pfad, doch sie waren alle aus Metall und ihre gekrümmten Äste funkelten scharf. Von den eisernen Zweigen aus beobachteten mich Vögel. Ihr Flügelschlagen klang wie aneinanderreibende Messer.
Im Zentrum des Gartens, wo alle Pfade zusammentrafen, gab es einen Brunnen. Er bestand allerdings nicht aus Marmor oder Gips, sondern aus unterschiedlichen Getriebeteilen, die sich im herabströmenden Wasser träge drehten. Blinzelnd sah ich genauer hin. Auf dem untersten Zahnrad lag, mit dem Gesicht nach oben, eine Gestalt, die langsam mitgeschleift wurde.
Es war Ash.
Ich schrie nicht seinen Namen. Ich rannte nicht zu ihm, auch wenn das jede Faser meines Körpers wollte. Ich zwang mich, ruhig zu bleiben, und sah mich wachsam um, auf der Suche nach Fallen oder einem Hinterhalt. Doch es gab nicht viele Stellen, wo sich Angreifer verstecken konnten. Abgesehen von den Metallbäumen und ein paar Dornenbüschen schien der Garten verlassen zu sein.
Nachdem ich mich versichert hatte, dass ich allein war, rannte ich zu dem Brunnen hinüber.
Sei nicht tot. Bitte, sei nicht tot.
Mir blieb fast das Herz stehen, als ich ihn sah. Er war mit einer Metallkette an das Zahnrad gefesselt, die wieder und wieder um seinen Körper geschlungen worden war. Ein Bein hing über die Kante, das andere war unter dem Körper angewinkelt. Sein Hemd war völlig zerfetzt und seine bleiche Haut von leuchtend roten Kratzspuren überzogen. An den Stellen, wo die Kette ihn berührte, war sein Fleisch wund und offen. Er schien nicht zu atmen.
Mit zitternden Händen zog ich das Schwert. Beim ersten Schlag zersprangen die meisten Kettenglieder, der zweite zerschmetterte fast das ganze Zahnrad. Die Kette
löste sich und quietschend kam das Zahnrad zum Stehen. Ich ließ das Schwert fallen, zog Ash aus dem Brunnen und schloss seinen steifen, kalten Körper in die Arme.
»Ash.« Ich bettete seinen Kopf in meinen Schoß. Es kamen keinen Tränen mehr, in mir war nichts mehr, nur noch eine schreckliche, gähnende Leere. »Komm schon, Ash.« Ich schüttelte ihn sanft. »Tu mir das nicht an. Mach die Augen auf. Wach auf. Bitte…«
Sein Körper war schlaff, er reagierte nicht.
Ich biss mir so fest auf die Lippe, dass ich Blut schmeckte, und vergrub mein Gesicht an seinem Hals. »Es tut mir leid«, flüsterte ich, und jetzt fing ich doch an zu weinen. Tränen quollen unter meinen geschlossenen Lidern hervor und rannen über seine kalte Haut. »Es tut mir so schrecklich leid. Ich wünschte, du wärst nicht mitgekommen. Ich wünschte, ich hätte mich nie auf diese blöde Abmachung eingelassen. Das ist alles meine Schuld. Puck, die Dryade, Grim und jetzt du …« Ich konnte kaum noch sprechen, die Tränen erstickten meine Stimme. »Es tut mir leid«, murmelte ich wieder, weil es nichts gab, was ich sonst sagen konnte. »So schrecklich, schrecklich leid…«
An meiner Wange zuckte etwas. Ich blinzelte, verschluckte mich, richtete mich auf und starrte in sein Gesicht. Seine Haut war immer noch aschfahl, aber seine Augenlider flatterten leicht. Mit klopfendem Herzen beugte ich mich vor und hauchte ihm einen Kuss auf den Mund. Seine Lippen teilten sich, und ein leiser Seufzer entrang sich ihnen.
Erleichtert flüsterte ich seinen Namen. Seine Augen öffneten sich, und er sah mich verwirrt an, als sei er nicht
sicher, ob es ein Traum war oder Wirklichkeit. Er bewegte die Lippen, brauchte aber einige Anläufe, bevor er einen Ton herausbrachte.
»Meghan?«
»Ja«, flüsterte ich hastig. »Ich bin hier.«
Er hob die Hand, legte sie an meine Wange und streichelte sie. »Ich … habe geträumt … dass du kommen würdest«, murmelte er. Doch dann klärte sich sein
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