Plötzlich Fee - Winternacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Winternacht - The Iron Fey, Book 2: The Iron Daughter
unter dem Hemd spüren konnte. »Ich vertraue dir«, sagte ich und stellte mich auf die Zehenspitzen, bis unsere Gesichter nur noch Zentimeter voneinander entfernt waren. Langsam ließ ich meine Finger zu seinem Bauch hinuntergleiten. »Ich weiß, dass du einen Weg finden wirst.«
Sein Atem stockte und er musterte mich sehnsüchtig. »Du spielst mit dem Feuer, ist dir das klar?«
»Das ist ziemlich schräg, wenn man bedenkt, dass du ein Eisprin…« Ich kam nicht weiter, denn Ash beugte sich vor und küsste mich. Ich schlang ihm die Arme um den Nacken, während er seine Hände um meinen Bauch legte, und für einige Augenblicke konnte mir die Kälte nichts anhaben.
Am nächsten Morgen war er wieder distanziert und unnahbar und sprach kaum mit mir, ganz egal, wie oft ich es versuchte. Am Abend erreichten wir den unterirdischen Palast des Winterhofes, wo mich Mab fast augenblicklich entließ. Ein Diener brachte mich in mein Quartier und ich hockte mich in das kleine, kalte Zimmer und wartete darauf, dass Ash mich aufsuchen würde.
Doch er kam nach seiner Besprechung mit der Königin nicht zu mir, und nachdem ich ein paar Stunden gewartet hatte, wagte ich mich schließlich in die Gänge des Palastes hinaus, um nach ihm zu suchen. Bei dieser Gelegenheit stieß ich auf Tiaothin, oder besser gesagt, sie stieß auf mich, und zwar in der Bibliothek, wo ich mit einem Riesen Verstecken spielte, während er mich durch die Regalreihen jagte. Nachdem sie den Riesen losgeworden war, informierte sie mich darüber, dass Prinz Ash sich nicht mehr im Palast aufhielt und niemand wusste, wann er zurückkommen würde.
»Aber so ist Ash nun einmal«, erklärte sie und grinste mich von einem Bücherregal herab an. »Er ist fast nie bei Hofe. Da erhascht man mal einen kleinen Blick auf ihn und puff – schon ist er wieder für ein paar Monate verschwunden.«
Warum sollte Ash einfach so verschwinden?, fragte ich mich gerade zum hunderttausendsten Mal. Er hätte mir wenigstens sagen können, wohin er geht und wann er zurückkommen will. Er hätte mich nicht so in der Luft hängen lassen brauchen.
Es sei denn, er ging mir absichtlich aus dem Weg. Es
sei denn, all das, was er gesagt hatte – unser Kuss, die Gefühle, die sich in seinen Augen und in seiner Stimme spiegelten –, bedeutete ihm nichts. Vielleicht hatte er das alles nur getan, um mich ohne Probleme zum Winterhof zu bringen.
»Du wirst noch zu spät kommen«, schnurrte Tiaothin und brachte mich damit zurück in die Gegenwart, wo sie mich mit glühenden Katzenaugen musterte. »Mab wartet nicht gern.«
»Klar«, erwiderte ich schwach und schüttelte die finsteren Gedanken ab. Ups, richtig. Ich habe ja eine Audienz bei der Winterkönigin. »Gib mir nur eine Minute, um mich umzuziehen.« Ich wartete, doch als Tiaothin sich nicht rührte, sah ich sie finster an. »Äh, wie wär’s bitte mit etwas Privatsphäre?«
Tiaothin kicherte und verwandelte sich in einer fließenden Bewegung in eine zottelige schwarze Ziege, die auf allen vier Hufen aus dem Zimmer hüpfte. Ich schloss die Tür und lehnte mich dagegen, während mein Herz heftig pochte. Mab wollte mich sehen. Die Königin des Dunklen Hofes schickte endlich nach mir. Zitternd stieß ich mich von der Tür ab und trat zu meiner Frisierkommode mit dem Eisspiegel.
Mein Spiegelbild starrte mir entgegen, durch die Sprünge im Eis leicht verzerrt. Es gab immer noch Momente, in denen ich mich selbst nicht erkannte. Meine glatten blonden Haare wirkten in dem gedämpften Licht des Raumes fast silbern und meine Augen schienen viel zu groß für mein Gesicht zu sein. Außerdem waren da noch andere Dinge, tausend kleine Details, die ich nicht genau benennen konnte, die mir aber sagten, dass ich kein Mensch war, sondern etwas, wovor man sich fürchten sollte. Und natürlich war da der offensichtlichste Unterschied: Spitze Ohren ragten an den Seiten meines Kopfes auf, eine schreiend deutliche Erinnerung daran, wie anormal ich war.
Ich wandte den Blick von meinem Spiegelbild ab und sah hinunter auf meine Kleidung. Sie war zwar warm und bequem, aber ich war ziemlich sicher, dass es keine gute Idee war, der Königin des Dunklen Hofes in Jogginghose und Schlabberpulli entgegenzutreten.
Na toll. Ich soll in fünf Minuten vor der Königin der Winterfeen erscheinen. Was soll ich nur anziehen?
Ich schloss meine Augen, versuchte den Schein um mich zu sammeln und über meine Kleidung zu legen. Nichts. Der enorme Kraftstrom, aus dem ich
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