Plötzlich Fee - Winternacht - Kagawa, J: Plötzlich Fee - Winternacht - The Iron Fey, Book 2: The Iron Daughter
durch die Öffnung. »Von diesem Tag an«, rief Mab und ihre Stimme trug die Worte über das gesamte Feld, »gilt Prinz Ash als Verräter und Exilant. Alle Steige werden ihm verschlossen sein, alle sicheren Orte versperrt, und sollte er innerhalb der Grenzen des Nimmernie gesehen werden, so ist er zu ergreifen und umgehend zu töten.« Sie sah Ash an und verzog voller Wut und Verachtung die Lippen. »Du bist nicht länger mein Sohn. Geh mir aus den Augen.«
Ash trat zurück. Ohne ein Wort drehte er sich um und trat auf das Tor zu, aufrecht und hoch erhobenen Hauptes. Am Rand des Steigs zögerte er und ich sah einen Hauch von Furcht über sein Gesicht huschen. Doch dann verschloss sich seine Miene und er ging mit schnellen Schritten und ohne sich umzusehen durch das Tor.
»Ash, warte!«
Ich schlug einen Haken um Oberon und rannte zu dem Steig. Die Feen zischten und fauchten und Puck rief, ich solle stehen bleiben, aber ich ignorierte sie alle. Als ich mich Mab näherte, verzogen sich ihre Lippen zu einem grausamen Lächeln und sie trat zurück, gab mir den Weg zu dem Steig frei.
»Meghan Chase!« Oberons Stimme schnitt durch die Luft wie ein Peitschenknall. Ein Donnerschlag ließ den Boden erbeben.
Wenige Meter vor dem Tor kam ich stolpernd zum Stehen. Ich war so nah dran, dass ich die Straße, die dunklen Bürgersteige und die verschwommenen Schatten der Häuser im Regen erkennen konnte.
Die Stimme des Erlkönigs war unheilvoll ruhig und der Bernsteinton seiner Augen leuchtete intensiv durch den fallenden Schnee. »Die Gesetze unseres Volkes sind unumstößlich«, warnte mich Oberon. »Sommer und Winter teilen viele Dinge, aber die Liebe gehört nicht dazu. Wenn du diese Wahl triffst, Tochter, werden die Steige sich auch für dich niemals wieder öffnen.«
Mir wurde flau im Magen. Das war’s also. Oberon würde mich ebenfalls aus dem Nimmernie verbannen. Einen Moment lang war ich kurz davor, ihm ins Gesicht zu lachen. Das hier war nicht mein Zuhause. Ich hatte nicht darum gebeten, eine Halbfee zu sein. Ich wollte nie in ihre Probleme verwickelt oder in ihre Welt gezogen werden. Sollten sie mich doch verbannen, was juckte mich das?
Mach dir nichts vor, dachte ich und mir schnürte es die Kehle zu. Du liebst diese Welt. Du hast alles riskiert, um sie zu retten. Kannst du dich einfach von ihr abwenden und vergessen, dass sie je existiert hat?
»Meghan.« Puck trat vor und sah mich flehend an. »Tu das nicht. Diesmal kann ich dir nicht folgen. Bleib hier. Bei mir.«
»Ich kann nicht«, flüsterte ich. »Es tut mir leid, Puck. Ich liebe dich wirklich, aber ich muss das einfach tun.«
Schmerz verdüsterte sein Gesicht und er wandte sich ab. Schuldgefühle packten mich, aber letzten Endes war die Entscheidung immer klar gewesen.
»Es tut mir leid«, entschuldigte ich mich noch einmal flüsternd bei Puck, bei Oberon, bei allen und wandte mich wieder dem Tor zu. Ich gehöre hier nicht her. Nicht wirklich. Zeit, aufzuwachen und nach Hause zu gehen.
»Bist du sicher, Meghan Chase?« Oberons Stimme war unbarmherzig und kalt. »Wenn du das Feenreich jetzt mit ihm verlässt, wirst du niemals zurückkehren.«
Irgendwie machte dieses Ultimatum die Sache noch viel einfacher.
»Dann werde ich eben niemals zurückkehren«, sagte ich leise, ging durch das Tor und ließ das Feenreich für immer hinter mir.
Epilog
Die zweite Heimkehr
Als ich vom Steig auf den Bürgersteig stolperte, traf mich der Regen wie ein Vorschlaghammer: kalt, nass und tröstlich unangenehm. Wie normaler Regen eben. Am Himmel zuckten Blitze: normale weiße Blitze, die nicht den Launen eines Feenkönigs gehorchten. Mein Ballkleid klebte an meinem Körper und dieses Vollbad würde den letzten Beitrag dazu leisten, es vollkommen zu ruinieren, aber das war mir egal. Meine Zeit im Feenreich war vorbei. Nie mehr Feenschein, Feennahrung oder Feentricks. Damit war ich durch.
Mit einer Ausnahme natürlich.
»Ash!«, rief ich und versuchte blinzelnd bei dem Regen und der Dunkelheit etwas zu erkennen, doch trotz des gedämpften Lichts der Straßenlaternen war es unmöglich, weiter als ein paar Meter zu sehen. »Ash, ich bin hier! Wo bist du?«
Die leere Straße schien mich zu verspotten. Hatte er etwa geglaubt, ich würde ihm nicht folgen? War er schon verschwunden, hatte er sich ohne einen Blick zurück im Regen aufgelöst, in dem Glauben, ganz allein auf der Welt zu sein? Tränen erstickten meine Stimme. »Ash!«, schrie ich und ging ein paar Schritte
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