Plötzlich geküsst - Magische Zeiten ; 3
weiÃt du«, blaffte ich sie an und schob ihren Arm von meiner Schulter. »Du hast doch überhaupt keine Ahnung mit deinem wunderschönen Puppenhausleben. Du hast doch alles! Deine ganze groÃe Familie und Luna und â¦Â« Wieder begann ich zu schluchzen. »Deine Mutter und deinen Bruder und alles.«
Suse lieà sich nicht beirren, legte den Arm wieder um mich und sagte sanft: »Dafür kenne ich meinen Vater nicht. Aber ⦠Marli, schau mich an.«
Widerwillig drehte ich den Kopf zu ihr und mit einem Mal konnte ich nicht mehr wütend auf sie sein, denn das war schlieÃlich Suse, meine Freundin, nicht nur meine Seelen-, sondern meine Ãberhaupt-Verwandte. Und sie hielt genauso wie Luna immer zu mir, auch wenn sie mal anderer Meinung war. ZugegebenermaÃen war an ihrer Meinung meistens was dran. »Wenn deine Tante nur hierbleiben würde, weil du sie sozusagen dazu zwingst«, sagte Suse eindringlich. »Und sie für immer â für immer! â Sehnsucht nach damals hat, nach ihrem früheren Leben, dann â¦Â« Sie hob eine Schulter. »Dann wird das für euch beide über kurz oder lang ganz furchtbar werden. Für dich genauso wie für sie. Wenn sie nicht hierbleiben möchte und es trotzdem tut, dann wird immer etwas zwischen euch stehen und â¦Â« Jetzt legte sie ihre Stirn an meine. »Ich kann mir vorstellen, wie schwer das ist, aber Marli, wenn du sie wirklich lieb hast, dann ⦠du musst sie gehen lassen.«
Ich schnappte entsetzt nach Luft und erst da fiel mir auf, dass mein Schluckauf weg war. »Sie gehen lassen?«, wiederholte ich schwach. »Für immer? So wie meine Mutter? Wie kannst du so etwas sagen?«
»Es wäre falsch, sie zum Hierbleiben zu zwingen«, murmelte Suse.
»Wenn es falsch ist, dann will ich das Richtige nicht tun«, schrie ich und lieà mich schluchzend auf die Matratze fallen.
Erst als es drauÃen schon dunkel war, war ich wieder halbwegs ansprechbar. Zwar hatte ich mich im Bett verkrochen, aber an Schlafen war nicht zu denken. Ich lag auf dem Aufblasbett (Opa Till hatte mir ungefragt eine Wärmflasche gebracht und mir ein paar Mal übers Haar gestrichen, als würde er etwas von meinem Schmerz ahnen) und starrte durch das Fenster in den schwarzgrauen Himmel. Es regnete unaufhörlich, als könnten auch die Wolken und der Mond und die Sterne genauso wie ich nicht aufhören zu heulen. Ich hatte die schwerste Entscheidung meines Lebens getroffen und meine ganze Welt stand davor einzustürzen.
Ich würde Tante Emmi helfen, in ihre eigene Zeit zurückzukehren.
Für immer.
Und zwar gleich morgen.
Immer wenn ich das dachte, schnürte es mir den Hals so zu, dass ich leise aufseufzte, und jedes Mal spürte ich dann eine tröstende Hand auf mir. Suse und Luna hatten ihre Betten so in die Mitte geschoben, dass sie direkt neben mir lagen, und obwohl sie keinen Ton mehr sagten, wusste ich, dass sie genauso wenig schlafen konnten wie ich.
24. Kapitel
D och schlieÃlich musste ich doch eingenickt sein, denn es war bereits zehn Uhr, als ich wieder aufwachte.
»Willst du es dir nicht noch einmal überlegen?«, fragte Luna, nachdem ich mich im Zimmer orientiert und notgedrungen meine Klamotten von gestern wieder übergestreift hatte. Die beiden waren offenbar schon seit einiger Zeit wach, selbst Suse schien längst munter. »Also, ich meine, das mit heute? Es gibt doch keinen Grund, dass wir Emmi heute schon zurückschicken, wir können das doch auch morgen tun oder in ⦠zehn Jahren zum Beispiel.«
In zehn Jahren, dann wäre ich dreiundzwanzig und längst aus dem Haus und dann würde ich Tante Emmi nicht mehr so brauchen und es wäre nicht so schwer, sie gehen zu lassen. Aber wenn ich mir vorstellte, dass ich aus meinem Leben gerissen und in ein anderes geschleudert werden würde, dass ich meinen Vater und Suse und Luna nie wiedersehen würde und Greg auch nicht, auch wenn der wahrscheinlich gar nichts mehr von mir wissen wollte, nach allem, was ich ihm gestern an den Kopf geschleudert hatte ⦠das wäre grauenhaft. Und wenn sich dann, nach zehn Jahren, plötzlich die Möglichkeit böte, doch wieder zu ihnen zurückzukehren, würde ich sie dann nicht auch ergreifen?
Koste es, was es wolle?
Eines stand fest: Ich würde es tatsächlich nicht ertragen, wenn Tante Emmi nur meinetwegen hier bleiben und von Tag zu Tag immer
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