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Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)

Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition)

Titel: Plötzlich klopft es an der Tür: Stories (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Etgar Keret
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Viele Arbeitslose in Sderot? Viele Aussätzige in Indien? Was ist los mit dir, Dadi? Bist du jetzt vielleicht schon so einer geworden, der sich froh mit seinem Los bescheidet? Mir kommt vor, diese Scheidung hat dich total aus den Latschen gekippt.«

    Ich und Uzi kennen uns, seit wir ungefähr drei Jahre alt sind. Viel Zeit ist seitdem vergangen, aber viel geändert hat sich nicht. Uzi sagt, dass ich auch damals immer einen Haufen Mitleid mit mir selber hatte. Als wir in die Oberschule kamen, habe ich die ganze Zeit von einer Freundin phantasiert, während Uzi damals schon immer einen Coup landen wollte. Im Sommer initiierte er ein Sommerlager für Kinder. Die Geschäftsidee hinter dem Camp war simpel: Uzi teilte das Geld, das er von den Eltern bekommen hatte, halbe-halbe mit den Kindern, und dafür verpetzten ihn die Kinder nicht, weil er überhaupt keine Aktivitäten veranstaltete, außer dass er ihnen einen halbdemolierten Fußball aufs Gras warf und ihnen alle zwei Stunden mal erlaubte, vom Wasserhahn draußen zu trinken. Heute hat Uzi bereits eine Eigentumswohnung, eine Frau, die früher Angestellte in irgendeiner aus dem Boden geschossenen Hightechfirma war, in der er arbeitete, und eine mollige Tochter, die haargenauso aussieht wie er. »Wenn wir uns jetzt scheiden lassen«, sagt Uzi, »kriegt sie die Hälfte. Von allem. Und das alles deswegen, weil ich vor der Hochzeit ein feiges Würstchen war und sie nicht dazu gezwungen habe, eine Vermögenstrennung zu unterschreiben.« Ich habe das Frühstück bereits bezahlt, und jetzt warten wir auf das Wechselgeld. »Dagegen bist du«, fährt Uzi fort, »aus deiner Ehe als der King rausgekommen. Keinen einzigen Schekel hat sie genommen.«
    »Das ist deswegen, weil nichts zu holen war«, versuche ich das Kompliment in seine Proportion zu rücken.
    »Vorläufig«, klopft mir Uzi auf die Schulter, »vorläufig. Und jetzt, wo sämtliche Angelegenheiten zwischen euch abgehakt sind, ist das exakt der Zeitpunkt, den Coup zu landen und als einziger Gewinner dazustehen, wie bei der Lotterie, ohne Partner.«
    »Ohne Partner«, wiederhole ich mechanisch und trinke den letzten und süßesten Schluck des Kaffees.
    »Ohne Partner«, wiederholt auch Uzi, »nur ich und du. Ich habe das Gefühl, dass der Kukuriku noch mal kurz abstürzen wird, nicht wirklich ganz runter, aber auf 1.35, und dann steigen wir ein. Wir steigen ein, aber volle Pulle.« Die Bedienung kehrt nicht mit dem Wechselgeld zurück, stattdessen kommt der Lokalinhaber an.
    »Entschuldigen Sie«, sagt er, »ich bedauere sehr, Sie stören zu müssen, aber der Hundert-Schekel-Schein, den Sie hergegeben haben, ist gefälscht. Sehen Sie?« Er hält die Banknote jetzt gegen das Licht. »Das ist nicht echt.« Ich nehme den Geldschein aus seiner Hand entgegen und betrachte das Wasserzeichen. Statt der skizzierten Gesichtszüge des ehemaligen Präsidenten Ben-Zvi lächelt mich ein hingekritzelter Smiley an.
    »Gefälscht?«, echauffiert sich Uzi und schnappt sich den Schein von mir. »Lass sehen.« Er wirft einen anderen Schein dafür hin, den der Inhaber ebenfalls gegen das Sonnenlicht prüft. Ich entschuldige mich inzwischen. Ich habe im Taxi auf dem Weg hierher mit einem Zweihunderter bezahlt, sage ich zum Inhaber, und anscheinend hat mir der Fahrer den gefälschten beim Herausgeben untergeschoben.
    »Der ist geil, der Schein«, sagt Uzi, »verkaufst du ihn mir? Für hundert?«
    »Was begeistert dich denn so«, entgegne ich Uzi, »er ist falsch.«
    »Genau deswegen, Blödmann«, erwidert Uzi und zieht aus seiner Brieftasche ein Bündel Geldscheine, »ungefälschte hab ich schon. Aber ein falscher, das ist klasse. Wenn mich jemand beschissen bedient, werde ich’s ihm sofort mit dem falschen heimzahlen.«
    »Gut«, sage ich zu ihm, »dann nimm ihn. Hundert falsche Schekel als Geschenk von mir.«

    Jetzt sind wir in Uzis Auto. Gerade eingestiegen. Ich weiß nicht, warum ich ihm erzählt habe, dass ich in der Nacht weine. Uzi ist nun nicht gerade der Mensch, mit dem man solche Dinge teilt. »Und das ist nicht wegen ihr«, betone ich, »ich will nicht, dass sie zurückkommt.«
    »Ich weiß«, murmelt Uzi, »ich weiß. Ich kenne sie.« Sein Mobilteil singt ihm vor, dass er eine Kanone ist, aber er späht nicht einmal auf das Display, um zu sehen, um wie viel die Aktie gestiegen ist, kommt mir nur mit seinem Gesicht ganz nah und mustert mich aus der Nulldistanz, wie ein Arzt einen Kranken studiert. »Weißt du, was du jetzt

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