Ploetzlich Liebe
zusammenzureißen, dass ich ihn angucken kann. O Mann, er hat diesen Welpenblick drauf, den, mit dem er strenge alte Frauen – und mich – zu Wackelpudding
verwandelt. »Du weißt ja, unsere Freundschaft bedeutet mir viel und ich würde nicht wollen, dass irgendwas zwischen uns kommt …«
Ich merke, dass er das einstudiert hat, er wirkt so nervös.
»Aber du musst wissen …« Er zögert und wird rot.
»Ich … Also, ich will das mal so sagen, wir …« Er lässt den Satz in der Luft hängen, und ehe ich michs versehe, schnellt er vor und küsst mich.
Wenn ich eine Heilige wäre, dann hätte ich jetzt ganz schnell einen Rückzieher gemacht, aber ich kann nichts dagegen tun. Ich hab mir das schon so lange gewünscht. Ich küsse ihn wieder. Weich und süß ist das und überhaupt nicht mit dem verschwitzten Gefummel zu vergleichen, das ich von zu Hause kenne. Zärtlich berührt er meine Wange und ich will mich einfach nur fallen lassen und alles vergessen …
Aber das kann ich nicht.
»Will.« Ich rücke von ihm ab und hasse mich gleich. »Ich …«
Seine Augen werden ganz groß und er zuckt zurück. »Oh. Entschuldige, ich …«
»Du bist wirklich ein ganz toller Typ!«, sage ich schnell, als er vom Tisch springt und total unbeholfen dasteht. »Aber …«
Was kann ich ihm sagen? Ich hab im Geheimen schon die ganze Zeit auf so was gehofft, aber jetzt, wo es endlich passiert, kann ich es einfach nicht durchziehen? Wie könnte ich ihm denn erklären »Aber … ich kann das nicht, ohne dir die Wahrheit zu sagen«? »Aber … ich weiß nicht, was du sagen
wirst, wenn ich dir alles gestehe«? »Aber … ich hab nicht den Mut zu riskieren, dass ich verliere, was wir haben – oder dir zu sagen, ich bin nicht der Mensch, für den du mich hältst«?
Nein, das funktioniert so nicht. Ich bin nicht bereit, wieder die alte Tasha zu werden, noch nicht.
»… Ich bin da irgendwie gerade erst aus so einer Sache rausgekommen. Zu Hause«, sage ich und vermeide es, ihm in die Augen zu schauen. Ich schlucke, ich fühl mich wie der größte Feigling der Welt. »Tut mir leid, es ist nur … ich bin noch nicht so weit.«
»Oh«, sagt Will wieder. »Entschuldige. Ich hätte nicht …«
»Nein!«, unterbreche ich ihn. »Das ist nicht deine Schuld. Ich mein, es war schön und ich wünschte …« Ich seufze. Oh Mann, und wie ich wünsche.
»Ist schon gut, Natasha.« Will schaut mich ruhig an. »Wirklich. Du musst nichts erklären.«
»Aber können wir trotzdem Freunde bleiben?«, frage ich verzweifelt. »Ich will dich nicht verlieren.«
»Wirst du nicht.« Will scheint sich zusammenzunehmen, er stellt sich gerade hin und rückt ein schmales Lächeln zurecht. »Wir machen das schon.«
Ich gucke auf den Boden und wünschte, ich könnte die Zeit für uns zurückdrehen.
»Komm, wir sollten uns jetzt lieber auf den Rückweg nach Oxford machen.«
Will hakt die Daumen in die Jackentaschen und ruckt den Kopf Richtung Gartentor. Langsam wickele ich mir meinen Schal wieder um den Hals und gehe hinter ihm her aus dem
Garten. »Und dieses Mal: Kein Gemecker über das Wandern, klar?«
Er guckt mich an und versucht sich normal zu benehmen, deshalb lache ich mit ihm. »Kein Gemecker«, versichere ich. Meine Brust fühlt sich ganz hohl an. »Versprochen.«
Von: totes_tasha
An: EMLewis
Betrifft: Will
Oh, Em. Ich konnte es nicht. Da war er nun, total der wahnsinn & süß & niedlich und ich konnte ihm einfach nicht die wahrheit sagen. Vielleicht würde er es ja verstehen, die eine chance besteht ja, aber sicher ist es nicht. Ich weiß nicht. Jungs reagieren ja total komisch auf solche sachen, ist so. Ich könnte es nicht ertragen, wenn er mich plötzlich anders sehen würde, er sagt, es ist alles gut mit uns, aber seit unserem trip hab ich ihn nicht mehr gesehen, schon vier tage nicht …
Vermute mal, das ist ganz gut so, was? Immerhin fahren wir ja in drei wochen nach hause, und wenn ich jetzt was mit ihm anfangen würde, dann wäre das noch viel schwerer. Und so kann ich mich jetzt auf meine kurse konzentrieren und auf die anhörung beim verwaltungsrat und oh, Em, was ist das bloß für ein chaos!
Xoxox
Von: EMLewis
An: totes_tasha
Betrifft: re: Will
Vielleicht solltest du dich im Zweifelsfall für ein Geständnis entscheiden. Er scheint ein anständiger Typ zu sein, und wenn du ihm nicht vertraust, dann wirst du nie herausfinden, was passiert. Oder nicht passiert. Mach, was du für
Weitere Kostenlose Bücher