Ploetzlich Mensch
ohne große Hast hinüber zur Bank. Als Clara seine Schritte hörte, öffnete sie die Augen und sah in seine Richtung. Ihre Blicke trafen sich und ihr Lächeln ließ sein Herz sofort schneller schlagen. Er versuchte seinen Pulsschlag zu normalisieren und schaffte es gleichzeitig nicht, sich von ihrem Anblick zu lösen.
Als er näher kam, geschah etwas Seltsames. Claras Augen trübten sich von einem Moment auf den anderen. Das Blau machte einem ma t ten Leuchten Platz, das sie schnell komplett einhüllte.
Ihr Körper sackte zur Seite, während er plötzlich von wilden Z u ckungen, wie bei einem epileptischen Anfall geschüttelt wurde.
Großer Gott!
„ Clara! Um Himmels willen, was ist mit dir?“ Er griff nach ihrer Hand und versuchte ihren zuckenden Körper auf die Bank zu drücken, was ihm nur unter großer Kraftanstrengung gelang. Das Leuchten um sie herum verschwand und langsam kehrte ein klarer Blick in ihre A u gen zurück.
„ O Gott“, brachte sie nach Luft ringend hervor.
„ Ist alles in Ordnung mit dir?“ Dean war mehr als besorgt um sie.
„ Ja … ja, ich denke schon. Himmel, das war wirklich übel.“
„ Was ist passiert?“
„ Ich weiß es nicht. Es war so schön, hier in der Sonne zu sitzen und dann du, der lächelnd auf mich zukam und … ich glaube, es war L u minis. Er muss für einen Moment die Kontrolle übernommen haben. Es war wie ein plötzliches Brennen in meiner Brust, so als wollte er herausbrechen. Ich konnte ihn kaum noch zurückhalten. Das hatte ich noch nie. Was passiert nur mit mir?“
Dean schauderte. Er konnte ihr nicht antworten. Es würde sie nur noch mehr in Angst versetzen. Offenbar wurde ihre Instabilität von Tag zu Tag schlimmer. Wie lange würde die Versieglung wohl noch halten?
„ Was ist los, Dean? Du schaust so wehmütig. Bin ich irgendwo ve r letzt?“
„ Nein, ich glaube nicht.“
Sein Gesicht war nur wenige Zentimeter von ihrem entfernt. Einen Moment lang kämpfte er gegen den Instinkt an, sich einfach vorzube u gen und sie zu küssen. Stattdessen stand er auf und wandte seinen Blick von ihr ab. „Wir sollten weiterfahren. Kannst du aufst e hen?“
„ Ja … ich denke schon.“ Clara versuchte , sich vorsichtig aufzuric h ten. Sie war wackelig auf den Beinen , und er musste sie stützen auf dem kurzen Weg zurück zum Auto. Doch allein die Berührung mit ihr ließ sein Herz wie immer schneller schlagen.
*
Jede Faser in Claras Körper schien zu brennen, als hätte jemand sie mit Benzin übergossen und angezündet. Nur dass das Feuer nicht von a u ßen gekommen war, sondern von innen. Luminis hatte ein weiteres Mal an seinen Gitterstäben gerüttelt und war dabei weiter vorgedru n gen als je zuvor. Es fiel ihr schwer, nicht das Bewusstsein zu verlieren, so schwach fühlte sie sich. Dieser kurze Ausbruch hatte ihrem Körper sämtliche Energie geraubt. Sie schaffte es kaum einen Arm zu heben und vermutlich war es nur der Gurt, der sie noch aufrecht im Sitz hielt. Sie kämpfte gegen die Müdigkeit an, die sie wie sonst nur nach einer Heilung zu überwältigen drohte.
War es die Sonne gewesen oder dieser kurze Moment, in dem sie sich einfach nur mit sich selbst und der Welt im Reinen gefühlt hatte? Die Priester hatten sie oft genug gewarnt. Keine Sonne, keine Ablenku n gen. Vielleicht verlor sie ohne ihre Aufsicht langsam die Kontrolle über das, was in ihr gefangen war.
Obwohl ihre Brust noch immer zu glühen schien, lief ein eiskalter Schau d er über ihren Rücken. Sie hatte keine Ahnung, wie lange sie Luminis noch in Zaum halten konnte. Vielleicht blieb ihr am Ende doch nur wieder die Rückkehr in den Tempel. Aber sie wollte nicht auf ewig eine Gefangene dieser Bürde sein. War ihr Leben denn wirklich so ausweglos?
Eine kühle Hand, die ihre Schulter berührte, holte ihren kreisenden Geist zurück in die Wirklichkeit. Dean hatte sich als eine wahre Stütze erwiesen. Und nicht nur das, er war besorgt um sie, kümmerte sich um sie, war einfach nur da, wie schon lange niemand mehr in ihrem Leben. Sie lächelte ihn dankbar an.
Seine Hand löste sich wieder von ihr und damit auch der Bann, in den sein Blick sie gezogen hatte.
Dean startete den Wagen und sie setzten ihre Reise fort, nun mit i h rem alten Heimatdorf als Ziel vor Augen. Sie würde das Haus ihrer Eltern wiedersehen. Ein Gedanke, der sie zugleich erfreute und b e drückte. Doch sie versuchte , nicht weiter darüber nachzudenken. Es würde noch eine Weile dauern, bis sie dort
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