Ploetzlich Mensch
die nicht ganz so weiß sind, eine Sonnenbrille, vielleicht eine andere Haa r farbe oder Frisur.“
„ Wenn du meinst, dass das hilft“, murmelte Clara und spielte mit e i ner Strähne ihres blonden Haares.
„ Bestimmt. Wir müssen nur dein Äußeres ein wenig verändern und schon wird niemand mehr erkennen, dass du die Prinzessin bist. Hey, da hinten ist ein Einkaufszentrum ausgeschildert. Dort finden wir b e stimmt etwas für dich.“
*
Eine Viertelstunde später liefen sie über die weitläufige Betonfläche des Parkdecks auf die breiten Eingangstüren des Einkaufzentrums zu.
Clara trug noch immer die Sweatjacke. Sie hatte die Kapuze so tief ins Gesicht gezogen, dass nur noch ihre Nasenspitze und ein paar Strähnen ihres blonden Haares darunter hervorlugten. Von der ve r spielten Ausgelassenheit, die sie noch bei ihrem gemeinsamen Bad im See versprüht hatte, war nichts mehr geblieben. Sie wirkte wie ein ve r ängstigtes Kind, das hinter jeder Ecke ein lauerndes Monster erwartete, was in ihm wiederum einen überraschend starken Beschützerinstinkt weckte. Am liebsten hätte er alle Kinder des Lichts in eine Kiste g e stopft und im Meer versenkt, nur um Clara wieder unbeschwert lachen sehen zu können.
„ Hey, keine Angst. Hier wird bestimmt niemand vom Tempel sein , und wenn wir dich erst mal neu eingekleidet haben, wird dich auch niemand mehr erkennen“, sagte er in beruhigendem Ton, während er sie mit sanfter Gewalt durch die breite Glastür ins Innere des Sho p pingcenters bugsierte.
Es war Samstagmittag und in den weitläufigen Gängen zwischen den zahlreichen Geschäften herrschte reger Betrieb. Warme Luft wehte ihnen entgegen, erfüllt von leiser Musik und dem Stimmengewirr der Kauflustigen.
„ Darf ich Ihnen eine Probe unseres neuen Parfüms anbieten?“ Clara zuckte zusammen, als ihr eine füllige Zwergin in einem hautengen Erdbeerkostüm einen Flyer in die Hand drückte.
Entgeistert starrte sie auf das bunte Papier, unschlüssig, was sie damit anfangen sollte, während die kurzbeinige Erdbeere sich bereits wieder dem nächsten Passanten zuwandte.
„ Du musst daran reiben“, erklärte Dean mit einem amüsierten Gri n sen und griff nach ihrer Hand, um sie im Gedränge der Halle nicht zu verlieren. Diese einfache Berührung ihrer Haut ließ ein wohliges Kri b beln durch seinen Körper laufen. Es fühlte sich gut an und nichts auf der Welt hätte ihn in diesem Moment dazu bringen können, diese zarte Verbindung zwischen ihnen wieder zu trennen.
Ob es Clara genauso ging? Sie ließ sich jedenfalls nichts anmerken, machte aber auch keine Anstalten, den Griff seiner Hand zu lösen. Sie wirkte wie ein kleines Mädchen, das gerade die Tür zum Schlaraffe n land durchschritten hatte. Mit großen Augen betrachtete sie unter dem Rand der Kapuze hervor das bunte Treiben ringsherum, während sie die erdbeerrote Postkarte gedankenverloren an ihrer Nasenspitze rieb.
„ Beeindruckend, was man hier alles geboten bekommt, was?“, b e merkte er schmunzelnd, erfreut ihr diesen farbenfrohen Abschnitt der Welt, die sie noch nicht kannte, zeigen zu können.
„ Mhm“, machte Clara, während sie staunend die opulente und fa r benfrohe Auslage eines kleinen Süßigkeitengeschäfts betrachtete, an dem sie gerade vorbeigingen. Es musste für sie, die den Großteil ihres Lebens hinter sterilen weißen Tempelmauern verbracht hatte, einem Kulturschock gleichkommen, durch diesen reizüberfluteten, überlad e nen Konsumpalast zu wandern. Überall blinkte und glitzerte es, priesen leuchtend grelle Farben die tollsten, neusten Dinge an, die man unb e dingt haben musste, und versuchten hinreißend gekleidete Verkäufer die Kunden mit den aberwitzigsten Angeboten in ihre Läden zu l o cken. Der ganz normale Wahnsinn des Kaufrausches. In gemächlichem Schlenderschritt zogen sie weiter bis zu einer Boutique, die, wie er fand , die passende Kleidung für eine Frau in Claras Alter anbot.
Der elfische Verkäufer war begeistert, als Dean ihm eröffnete, dass die junge Dame komplett neu eingekleidet werden müsste. Innerhalb kürzester Zeit wurden Clara stapelweise Hosen, Blusen, T-Shirts und Pullover zur Anprobe gereicht.
Offenbar fühlte sich der Verkäufer durch die junge blonde Frau an die Elfie-Puppen aus seiner Kindheit erinnert. Es schien ihm jedenfalls großes Vergnügen zu bereiten, sie in immer neue Outfits zu stecken.
Dean hatte nie verstanden, was die Elfenfrauen an den männlichen Vertretern ihrer
Weitere Kostenlose Bücher