Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen
Gemächern der Königin.
Ich packte meine Schwerter fester, holte tief Luft und trat hindurch.
Der Tunnel hinter dem Torbogen war verschlungen, aber kurz, sodass ich bald einen blassen Schein an seinem Ende bemerkte. Tief in die Schatten geduckt schlich ich vorwärts und erhaschte schließlich einen Blick in den Thronsaal der Herrin.
Die Höhle hinter dem Tunnel war nicht gerade riesig, doch sie wurde von Tausenden blauer, grüner und gelber Kristalle beleuchtet, die in Wände und Decke eingelassen waren – einige winzig, andere fast so groß wie ich. Am Ende des Raums stand ein Thron aus Kristall, der Weg dorthin war von mächtigen steinernen Pfeilern gesäumt, um die sich die Skelette von Drachen und anderen Monstern wanden.
Und auf diesem Thron, der zu beiden Seiten von reglosen Rittern in Knochenrüstungen bewacht wurde, saß eine Frau.
Mir stockte der Atem. Die Herrin der Vergessenen war kein Monster, sie war keine grausame, Furcht erregende oder geisteskranke Königin, die irres Zeug kreischte.
Sie war wunderschön.
Im ersten Moment war ich unfähig, den Blick abzuwenden, und starrte sie sekundenlang an. Wie die anderen Vergessenen war auch die Herrin sehr blass, aber auf ihren Wangen und den vollen Lippen lag ein Hauch von Farbe, und ihre Augen erstrahlten in hellem Blau, obwohl sie in dem unsteten Licht die Farbe zu wechseln schienen: von Blau über Grün bis hin zu Bernstein und wieder zurück. Ihre langen Haare waren milchig weiß und schienen sich an den Spitzen in Nebelschwaden aufzulösen, so als wäre sie noch nicht ganz stofflich geworden. Sie trug ein weites Gewand mit hohem Kragen, aus dem ein junges, makelloses Gesicht hervorblickte, das von quälender Traurigkeit überschattet wurde.
Für einen kurzen Moment stellte mein Gehirn den Dienst ein, und ich fragte mich, ob wir alles falsch verstanden haben konnten. Vielleicht war die Herrin ja genauso eine Gefangene der Vergessenen, vielleicht hatte sie mit den verschwundenen Exilanten, den Morden und dem grauenhaften Schicksal der Halbblüter gar nichts zu tun.
Doch dann bemerkte ich die Flügel, oder vielmehr die skelettartigen, schartigen Überreste von Flügeln, die aus ihren Schultern hervorwuchsen und sich um den Thron schmiegten. Genau wie bei den anderen Vergessenen. Das leuchtende Grün ihrer Augen wurde zu tiefstem Schwarz, und ich sah, wie sie mit einer schlanken, blassen Hand auf jemanden zeigte, der vor ihrem Thron stand.
»Keirran«, flüsterte ich. Der Eiserne Prinz schien unversehrt zu sein, er trug keine Fesseln und konnte sich anscheinend frei bewegen. Nun nahm er die dargebotene Hand und näherte sich der Herrin. Ihre langen Finger fuhren durch seine silbernen Haare, was er reglos geschehen ließ, ohne den Kopf zu heben. Ich sah, wie sich ihre Lippen bewegten, und vielleicht antwortete er auch, doch ihre Stimmen waren so leise, dass ich nichts verstehen konnte.
Wütend ballte ich die Fäuste. Keirran trug noch immer seine Waffen, ich sah das Schwert auf seinem Rücken. Aber natürlich würde er nichts tun, was Annwyl in Gefahr bringen konnte. Wie stark war diese Herrin? Wenn ich mich jetzt zeigte, konnten wir uns dann einen Weg freikämpfen? Rund um den Thron standen vier Wachen, unter ihren Knochenhelmen glühten grüne Augen. Sie sahen ziemlich zäh aus, aber gemeinsam konnten wir sie vielleicht ausschalten. Wenn ich nur irgendwie Keirrans Aufmerksamkeit auf mich lenken konnte …
Im nächsten Moment löste sich das Problem von selbst.
Plötzlich unterbrach die Herrin ihr Gespräch, hob den Kopf und sah mich direkt an, obwohl ich mich noch immer in den Schatten versteckte. Ihre Augenbrauen hoben sich überrascht, dann lächelte sie.
»Hallo, Ethan Chase«, begrüßte sie mich mit klarer, leiser Stimme. Ihr Lächeln war herzzerreißend. »Willkommen in meinem Reich!«
Verdammt. Mit schnellen Schritten verließ ich mein Versteck. Keirran fuhr herum und starrte mich entsetzt an. »Ethan«, rief er, als ich mit gezogenen Schwertern auf ihn zumarschierte. Die Wachen setzten sich in Bewegung, aber die Herrin hob gebieterisch eine Hand. Sofort blieben sie stehen. »Was machst du denn hier?«
»Was glaubst du denn, was ich hier mache?«, schnauzte ich ihn an. »Ich bin gekommen, um dich hier rauszuholen. Du kannst dich entspannen – Annwyl ist in Sicherheit.« Wütend begegnete ich dem Blick der Herrin. »Genau wie Todd und die ganzen anderen Halbblüter, die Sie entführt haben. Von jetzt an werden Sie niemandem mehr
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