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Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen

Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen

Titel: Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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Sie wusste, dass ich log.
    Einen Moment lang blieb sie dort stehen, als würde auch sie auf ein Geständnis warten, darauf, dass ich ihr eine andere Geschichte erzählte. Aber was sollte ich sagen? Dass der Junge, der bei uns geschlafen hatte, zur Hälfte Fee war und diese gruselige neue Feenart ihn aus irgendeinem Grund verfolgte? Ich konnte sie da nicht mit reinziehen, sie würde hundertprozentig ausflippen und glauben, ich sei der Nächste. Keiner der beiden konnte mir irgendwie helfen. Also wich ich ihrem Blick aus, und nach einem endlosen, furchtbar unangenehmen Augenblick ging sie wieder hinein und knallte die Tür hinter sich zu.
    Ich fuhr heftig zusammen. Großartig, jetzt waren sie beide sauer auf mich. Seufzend verlagerte ich die zwei Stöcke in eine Hand und ging ebenfalls hinein. Am liebsten hätte ich weiter auf die Gummiattrappe eingeprügelt, aber momentan schien es angebrachter, mich möglichst unauffällig zu verhalten. Ein Verhör, in dem sie mir Fragen stellten, die ich nicht beantworten konnte, wollte ich auf jeden Fall vermeiden.
    Mom und Dad unterhielten sich gerade in der Küche – wahrscheinlich über mich –, also schlich ich in mein Zimmer und zog leise die Tür hinter mir zu.
    Das Handy lag auf dem Schreibtisch. Ich dachte einen Augenblick daran, Kenzie anzurufen, und fragte mich, was sie wohl gerade machte. Ob die Polizei auch bei ihr aufgetaucht war, um sie zu dem verschwundenen Mitschüler zu befragen? Ob sie sich wohl Sorgen um ihn machte … oder um mich?
    Was? Warum sollte sie sich deinetwegen Sorgen machen, du Psychopath? Du hast dich ihr gegenüber aufgeführt wie ein Vollarsch. Und außerdem interessiert sie dich doch gar nicht, schon vergessen?
    Wütend warf ich mich auf mein Bett und schirmte mit einem Arm mein Gesicht ab. Ich durfte nicht weiter an sie denken, aber mein Gehirn verweigerte an diesem Morgen die Zusammenarbeit. Anstatt mich auf die Kali-Vorführung, das vermisste Halbblut und die gruseligen Feen zu konzentrieren, die es auf uns beide abgesehen hatten, wanderten meine Gedanken immer wieder zu Kenzie St. James. Die Vorstellung, sie anzurufen, einfach um zu erfahren, ob es ihr gut ging, wurde immer verlockender. Schließlich sprang ich auf und ging ins Wohnzimmer, um diese verräterischen Überlegungen vor dem Fernseher zu ertränken.
    Der Tag verlor sich in alten Actionfilmen und Werbung. Ich blieb stur auf der Couch liegen, aus Angst davor, dass mir das fehlende Blinken des Telefons in meinem Zimmer verriet, dass Kenzie nicht angerufen hatte. Oder noch schlimmer: dass sie angerufen hatte und ich in Versuchung geraten würde, zurückzurufen. Also hing ich umgeben von leeren Chipstüten, schmutzigen Tellern und ausgetrunkenen Limodosen auf dem Sofa, bis Mom am späten Nachmittag einen beißenden Kommentar über Hirnfäule und platt gesessene Hinterteile machte und mir befahl, mich irgendwie anders zu beschäftigen.
    Ich schaltete den Fernseher aus, setzte mich hin und dachte nach. Bis zur Vorführung blieben mir immer noch ein paar Stunden. Als ich in mein Zimmer zurückkehrte, wurde mein Blick wieder von dem Handy auf dem Tisch angezogen. Nichts. Keine verpassten Anrufe, keine SMS oder sonst etwas. Ich schwankte zwischen Erleichterung und Enttäuschung.
    Doch als ich danach griff, klingelte es plötzlich. Ohne auf die Nummer zu achten, ging ich ran.
    »Hallo?«
    »Ethan?« Das war nicht Kenzies Stimme, wie ich gehofft hatte, aber sie kam mir dennoch vage vertraut vor. »Spricht dort Ethan Chase?«
    »Ja?«
    »Hier … hier ist Mrs. Wyndham, Todds Mutter.«
    Mein Herz setzte einen Schlag aus. Ich schluckte schwer und umklammerte krampfhaft das Telefon, während die Stimme fortfuhr: »Ich weiß, dass die Polizei schon mit dir gesprochen hat«, erklärte sie stockend, »aber ich … ich wollte dich selbst noch einmal fragen. Du sagst, du wärst Todds Freund … Weißt du, was mit ihm passiert sein könnte? Bitte, ich bin völlig verzweifelt. Ich will doch nur, dass mein Sohn wieder nach Hause kommt.«
    Ihre Stimme brach, und ich schloss kurz die Augen. »Mrs. Wyndham, das mit Todd tut mir so leid«, sagte ich dann und kam mir vor wie ein Schwein. Schlimmer als ein Schwein, wie ein totaler Versager, weil ich jemanden im Stich gelassen und es nicht geschafft hatte, ihn vor den Feen zu beschützen. »Aber ich weiß wirklich nicht, wo er ist. Das letzte Mal habe ich ihn gestern in der Schule gesehen, bevor ich mit Ihnen telefoniert habe, das schwöre ich.« Ihr leises

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