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Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen

Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen

Titel: Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Kagawa
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die seit Jahren nicht benutzt worden war. Zumindest nicht von Menschen. Aber die riesigen Eichen und Trauerweiden hier waren uralt, und wenn man angestrengt in das Geflecht der Zweige starrte, entdeckte man manchmal eine Bewegung, die nicht von einem Eichhörnchen oder einem Vogel herrührte.
    Ich ließ das Rad stehen, ging zur Feuerstelle und untersuchte sie genauer. Die kalte Asche war mehrere Tage oder sogar Wochen alt, aber vor ein paar Monaten hatte ich hier zwei Kobolde gesehen, die irgendwelches Fleisch über dem Feuer geröstet hatten. Außerdem lebten in den Eichen einige Blumenelfen und Baumgeister. Vielleicht wussten die hiesigen Feen gar nichts über ihre gruseligen, transparenten Cousins, aber es konnte dennoch nicht schaden, sie zu fragen.
    Ich hockte mich hin, suchte mir einen flachen Stein, wischte ihn kurz ab und legte ihn dann mitten in die Feuergrube. Anschließend kramte ich aus meinem Rucksack eine Flasche Honig hervor und träufelte den goldenen Sirup auf den Stein. Für Feen war Honig wie Ambrosia, sie konnten ihm unmöglich widerstehen.
    Nachdem ich die Flasche wieder verschlossen hatte, warf ich sie zurück in den Sack und wartete.
    Zu meiner Überraschung vergingen mehrere Minuten. Ich wusste, dass es in dieser Gegend Feen gab. Und ich hatte fest damit gerechnet, dass zumindest ein paar Kobolde oder Blumenelfen auftauchen würden. Aber es rührte sich nichts, niemand verbarg sich in den Schatten. Schließlich glitt hinter mir etwas mit einem Rascheln über das Gras.
    »So wirst du sie nicht finden, Ethan Chase.«
    Gelassen drehte ich mich um. Regel Nummer zwei: Zeige niemals Angst, wenn du es mit dem Schönen Volk zu tun hast. Natürlich hätte ich meine Rattanstöcke auspacken können, was ich ehrlicherweise auch am liebsten getan hätte, doch das wäre womöglich als Zeichen von Nervosität oder Unbehagen gedeutet worden.
    Unter der Trauerweide stand eine große, schmale Gestalt und beobachtete mich durch den Blättervorhang hindurch. Als ich mich nicht rührte, teilte eine schlanke Hand die Zweige, und die Fee verließ ihre Deckung.
    Es war eine Dryade, und die Weide war wahrscheinlich ihr Baum, denn ihre langen, grünen Haare und die raue, borkenartige Haut wiesen dieselbe Struktur auf. Dabei war sie erstaunlich groß und unfassbar dünn. Beim Gehen schwankte sie leicht, wie ein Ast im Wind. Das lange Haar verhüllte ihren gesamten Körper, und sie schüttelte den Kopf, während sie mich mit großen, dunklen Augen musterte.
    »Sie werden nicht kommen«, hauchte sie traurig mit einem Blick auf die Honigschlieren vor meinen Füßen. »Sie waren schon viele Nächte nicht mehr hier. Am Anfang fehlten nur ein oder zwei von ihnen. Aber jetzt …«, sie deutete auf den leeren Park, »… jetzt ist niemand mehr da. Sie sind alle fort. Ich bin die Letzte.«
    Verwirrt runzelte ich die Stirn. »Was soll das heißen, du bist die Letzte? Wo sind all die anderen?« Angestrengt suchte ich die dunklen, schattigen Ecken des Parks ab, konnte aber nichts entdecken. »Was ist hier verdammt noch mal los?«
    Schwankend glitt sie näher heran. Instinktiv wollte ich zurückweichen, unterdrückte den Impuls aber.
    Die Dryade neigte den Kopf, sodass ihre Haare im Mondlicht schimmerten. Eine große weiße Motte flog aus ihnen hervor und flatterte davon. »Du hast Fragen«, stellte die Dryade mit einem trägen Blinzeln fest. »Ich kann dir sagen, was du wissen willst, doch dafür musst du etwas für mich tun.«
    »O nein!« Jetzt trat ich doch zurück, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte sie finster. »Auf keinen Fall. Keine Deals, keine Verträge. Such dir jemand anderen, der für dich die Drecksarbeit macht.«
    »Bitte, Ethan Chase.« Die Dryade hob eine zerbrechlich wirkende Hand, die gleichzeitig knotig und rau war wie Baumrinde. »Dann eben als Gefälligkeit. Du musst für uns zur Eisernen Königin gehen. Informiere sie über unsere Lage. Leih uns deine Stimme. Auf dich wird sie hören.«
    »Ich soll Meghan suchen?« Ich dachte kurz an die Münze, die noch immer auf meinem Schreibtisch lag, dann schüttelte ich den Kopf. »Du erwartest von mir, dass ich ins Nimmernie gehe«, stellte ich fest, und allein beim Gedanken daran wurde mir ganz anders. Erinnerungen stiegen in mir auf, finstere, Furcht einflößende Erinnerungen, die ich schnell verdrängte. »Ins Feenreich. Zu Mab, Titania und den ganzen anderen Irren.« Meine Lippen verzogen sich zu einem verächtlichen Grinsen. »Vergiss es. Das ist

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