Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen
Schluchzen war wie ein Schlag in die Magengrube. »Es tut mir wirklich leid«, wiederholte ich, auch wenn ich wusste, wie überflüssig das klang. »Ich wünschte, ich könnte Ihnen etwas anderes sagen.«
Sie holte zitternd Luft. »Na gut, ich danke dir, Ethan. Bitte entschuldige die Störung.« Ein leises Schniefen, dann wollte sie offenbar auflegen. Doch sie zögerte noch. »Falls … falls du ihn siehst«, sagte sie, »oder wenn du irgendetwas herausfindest … gibst du mir Bescheid? Bitte!«
»Ja«, flüsterte ich. »Falls ich ihn sehe, werde ich dafür sorgen, dass er nach Hause kommt, versprochen.«
Nachdem sie das Gespräch beendet hatte, tigerte ich in meinem Zimmer auf und ab und wusste nicht, was ich tun sollte. Um mich abzulenken, ging ich ins Internet, schaute bei YouTube rein und besuchte verschiedene Online-Waffenshops, aber nichts davon half. Ich konnte einfach nicht aufhören, an Todd und Kenzie zu denken, die in die perversen Spielchen der Feen verstrickt worden waren. Was zum Teil meine Schuld war. Todd hatte mit dem Feuer gespielt, und Kenzie war so stur, dass sie nicht begriff, wann es besser war, die Finger von etwas zu lassen – aber der gemeinsame Nenner des Ganzen war ich.
Jetzt war einer der beiden verschwunden, und eine Familie wurde zerstört. Genau wie beim letzten Mal.
Ich schob das Handy in meine Hosentasche und schnappte mir meine Schlüssel und die Sporttasche. Genauso gut konnte ich jetzt schon zu dem Turnier fahren, immer noch besser, als hier rumzuhängen und mich in den Wahnsinn treiben zu lassen.
Ein Funkeln der Silbermünze auf dem Tisch ließ mich innehalten. Ich nahm sie in die Hand und starrte sie an. Wo war Meghan wohl gerade, und was machte sie? Dachte sie überhaupt noch an mich? Würde es sie abstoßen, wenn sie wüsste, was aus mir geworden war?
»Ethan!«, drang Moms Stimme aus der Küche herauf. »Heute Abend ist doch diese Karate-Sache, oder nicht? Willst du vorher noch etwas essen?«
Ich stopfte die Münze zum Schlüssel in meine Hosentasche und ging hinunter. »Kali, Mom, nicht Karate«, erklärte ich ihr, als ich die Küche betrat. »Und nein, ich hole mir unterwegs etwas. Wartet nicht auf mich.«
»Sperrstunde ist um elf, Ethan.«
Das verbesserte meine Laune nicht gerade. »Ja, ich weiß«, grummelte ich. »Schon seit fünf Jahren. Warum sollte sich daran jetzt etwas ändern? Ich bin ja nicht etwa alt genug, um meine eigenen Entscheidungen zu treffen.« Bevor sie etwas erwidern konnte, stürmte ich an ihr vorbei nach draußen. »Und ja, ich rufe an, falls es später wird«, rief ich ihr noch über die Schulter zu.
Ich spürte Moms halb wütenden, halb besorgten Blick im Rücken, als ich die Haustür möglichst laut hinter mir zuknallte. Das war dumm von mir. Hätte ich geahnt, was nach der Vorführung passieren würde, hätte ich ganz anders mit ihr geredet.
Als ich ankam, war es drinnen bereits proppenvoll. Die Turniere waren schon seit dem Nachmittag im Gange, und aus der Halle hörte man Schreie, ki-yas und das Klatschen nackter Füße auf den Matten. Jugendliche in weißen Gis mit verschiedenfarbigen Gürteln traktierten sich in den abgegrenzten Arenen mit Tritten und Schlägen. So wie es aussah, waren gerade die Kempo-Schüler an der Reihe.
Ich entdeckte Guro Javier und schob mich durch die Teilnehmer und Zuschauer. Ein großer Junge mit violettem Gürtel rammte mir den Ellbogen in die Rippen, aber ich biss brav die Zähne zusammen. Er quittierte meinen finsteren Blick mit einem provokativen Grinsen. Als ob ich mich vor den Augen von zweihundert Eltern und einem Dutzend Meistern der verschiedensten Kampfkünste mit dem Idioten prügeln würde. Ohne sein selbstgefälliges Grienen zu beachten, schob ich mich weiter an der Wand entlang, bis ich in der Ecke landete, wo mein Guro stand. Er verfolgte das Turnier mit unparteiischem Interesse und schenkte mir zur Begrüßung ein schmales Lächeln.
»Du bist früh dran, Ethan.«
Ich zuckte hilflos mit den Schultern. »Konnte nicht anders.«
»Bist du bereit?« Guro wandte sich mir nun ganz zu. »Unsere Vorführung ist nach dem Turnier der Kempo-Schüler angesetzt. Oh, und Sean hat sich gestern Abend den Knöchel verstaucht, du wirst also die Demonstration an der Waffe übernehmen.«
Ein leiser, nervöser Schauer durchlief mich. »Wirklich?«
»Musst du noch üben?«
»Nein, ich komme klar.« Ich dachte an die wenigen Male, bei denen ich Guros echte Klingen in der Hand gehabt hatte. Es handelte
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