Plötzlich Prinz - Das Erbe der Feen
ziemlich beeindruckend, das musste ich zugeben. Eigentlich hatte ich erwartet, dass es im Inneren alt und irgendwie schäbig sein müsste, aber auch hier war es hell und freundlich, alles wirkte fröhlich und modern. Auch wenn es gewisse seltsame Eigenheiten gab, die einen immer wieder daran erinnerten, dass man sich trotz allem im Feenreich befand. Zum Beispiel die Bäume im Korridor, die durch die Glühlämpchen an ihren Metallästen den Weg beleuchteten. Oder die Computermäuse, die auf winzigen roten Pfoten durch die Flure huschten, oft gejagt von Gremlins oder Aufziehhunden. Eine komplette Wand war mit riesigen Messing- und Kupferzahnrädern bedeckt, die meiner Meinung nach keinem anderen Zweck dienten, als höllisch laut zu quietschen, zu ticken oder zu ächzen.
Kenzie hielt sich dicht bei mir, während wir unserem kleinen Führer durch die Gänge folgten, bestaunte dabei aber mit weit aufgerissenen Augen die Umgebung. Ich sperrte mich dagegen, mich derart leicht beeindrucken zu lassen, und beschränkte mich darauf, allen Eisernen Feen, denen wir unterwegs begegneten, finstere Blicke zuzuwerfen. Gleichzeitig versuchte ich, mir den Weg einzuprägen. Irgend wann bog Fix in einen langen, hell erleuchteten Gang ab, in dem wir Glitch wiedersahen, der sich tief vor mir verneigte. Am Ende des Flurs ragte eine imposante Doppeltür auf, die rechts und links von Rittern bewacht wurde.
»Dies ist der Thronsaal der Königin«, erklärte Fix, als wir davor stehen blieben. »Sie und der Prinzgemahl erwarten Euch. Seid Ihr bereit?«
Meine Handflächen wurden feucht, und mein Magen schlug Purzelbäume. Trotzdem nickte ich, woraufhin Fix die beiden Türflügel aufschob.
Als wir über die Schwelle traten, erstreckte sich vor uns ein riesiger, fast schon kathedralenartiger Raum. Zierliche Säulen, die mit Ranken und kleinen Lichterketten geschmückt waren, ragten zu einer geschwungenen Glasdecke auf, die den Blick auf den Himmel freigab und das Tageslicht hereinließ. Mit hallenden Schritten folgten wir unserem Führer über den schmalen roten Teppich. Offensichtlich war dieser Raum für größere Versammlungen gedacht, aber abgesehen von mir, Kenzie und Fix war niemand vorgelassen worden.
Auf einem Podest am Ende des Raums stand ein großer Thron aus Metall. An einer Ecke der Empore saß Grimalkin und leckte sich die Pfote. Ich verdrehte genervt die Augen, bevor ich meine Aufmerksamkeit auf den Thron richtete.
Und … da war sie. Sie saß nicht auf ihrem Thronsessel, sondern stand daneben, eine Hand leicht auf die Armlehne gestützt.
Meine Schwester, Meghan Chase. Die Eiserne Königin.
Sie sah noch genauso aus, wie ich sie in Erinnerung hatte – obwohl das Jahre her war und sie mich damals noch überragt hatte. Sie hatte dieselben langen, hellen Haare und diese unglaublich blauen Augen. Außerdem trug sie Jeans und T-Shirt, wie sie es auch getan hatte, als sie noch bei uns zu Hause lebte. Nichts hatte sich verändert. Diese Meghan hätte genauso gut das Mädchen sein können, das mich vor dreizehn Jahren aus Machinas Turm befreit hatte.
Mein Hals brannte, und eine Flut von verwirrenden Erinnerungen sorgte dafür, dass mein Magen sich schmerzhaft zusammenzog. Ich wusste nicht, was ich zu meiner Schwester sagen sollte – jetzt, wo ich endlich hier war. Warum hast du uns verlassen? Warum darf ich dich nicht mehr sehen? Überflüssige Fragen. Die Antworten darauf kannte ich bereits, auch wenn sie mir nicht gefielen.
»Ethan.« Selbst ihre Stimme klang noch so vertraut, dass sie mich genauso zu ihr hinzog wie damals, als ich noch klein gewesen war. Als Meghan lächelte, verflogen alle Ängste, dass sie sich verändert haben und zu einer kühl-distanzierten Feenkönigin geworden sein könnte. Sie verließ die Empore, kam zu mir und schloss mich, ohne zu zögern, in die Arme.
Da brach der Damm. Ohne auf die anderen Anwesenden zu achten, klammerte ich mich an sie. Mir war egal, was sie dachten. Das hier war Meghan, dieselbe Meghan, die sich immer um mich gekümmert hatte, die ins Nimmernie gegangen war, um mich nach Hause zu bringen. Und trotz der Wut, trotz der dunklen Momente, in denen ich gedacht hatte, ich würde sie hassen, trotz all dem war sie noch immer meine Schwester.
Komm nach Hause , wollte ich sie bitten, obwohl ich wusste, dass es zwecklos war. Mom und Dad vermissen dich. Es ist nicht mehr dasselbe, seit du fort bist. Und ich habe es satt, so tun zu müssen, als wärst du tot und als hätte ich keine
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