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Plötzlich Royal

Plötzlich Royal

Titel: Plötzlich Royal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roland Brodbeck
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hatte, sprach dafür. Doch hatte Timm nicht gesagt, der Trojaner stamme ursprünglich vom russischen Geheimdienst? War die Homophobie nur ein Ablenkungsmanöver? Wollte Putin mit dem Attentat auf meinen Großvater und dem Streit um meine Person den Westen schwächen?
    Ich musste mich bereits auf das nächste Problem konzentrieren: Neben Lord Kimber aus Jamaika habe sich auch die Premierministerin von Barbados angekündigt, hatte mir John beim Einsteigen in die Panzerlimousine mitgeteilt. Sie treffe zur Stunde ihre Botschafterin und würde gleich anschließend in den Palast kommen, ergänzte der Südafrikaner, als wir aus der Tiefgarage ins Freie fuhren. Auf dem Rückweg in den Palast las ich den Wikipedia-Eintrag über Lord Kimber. Der Generalgouverneur von Jamaika war Adventist, so konnte ich bereits nach wenigen Zeilen aufhören zu lesen. Ich spielte mit dem Gedanken, Kimber absichtlich einige Minuten länger warten zu lassen, doch das würde mir nur schaden. Irgendwie musste nun auch eine Phase der Deeskalation beginnen, nahm ich mir als Gesprächsziel vor, als ich ihn im Nelson-Zimmer erwartete.
    „King Alexander IV., the Governor of Jamaica , Sir Patrick Kimber“, stellte Butler Fletcher knapp vor und ließ mich mit Sir Kimber alleine. Immerhin hielt sich der Gouverneur ans Audienzprotokoll und verneigte sich an der Tür. Ich streckte als Erster die Hand zu einem sehr knappen Händedruck aus und bat ihn, am Tisch mir gegenüber Platz zu nehmen.
    „Ich möchte Ihnen danken, dass Sie die Reise von Kingston nach London auf sich genommen haben. Können Sie mir weiterhin zur Verfügung stehen?“
    „Sie kommen schnell auf den Punkt, Majestät.“
    „Ja, das ist meine Art. Haben Sie meine inoffizielle Stellungnahme bereits gelesen?“
    „Im Flugzeug wurde ich davon in Kenntnis gesetzt.“
    „Ich habe eine gewisse Vorahnung, warum Sie hier sind, Sir Kimber. Doch möchte ich nicht vorgreifen, bitte!“
    Er räusperte sich, bevor er mit seinem Bericht begann.
    „Die Lage in Kingston hat sich leider seit meiner Abreise zugespitzt. Ihr Abschnitt über Jamaika wird dort als Beleidigung und Überschreitung Ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen aufgefasst. Das muss ich Ihnen leider mitteilen, Majestät.“
    „Was denkt denn der jamaikanische Premier, was die geforderte Verbannung meines Mannes ins Ritz für mich bedeutet? Das fasse ich durchaus als beleidigend auf.“
    „Warum stellen Sie Ihr Privatleben über das Wohl des Commonwealth?“, fragte der Gouverneur.
    „Ihre Frage illustriert, dass Sie nie verstehen werden, dass es nicht um mein Privatleben geht. Es geht um Rassismus. Nehmen wir mal an, ich hätte eine schwarze Hautfarbe wie die meisten Menschen auf Jamaika. Kaum besteige ich den Thron, käme aus Kanada die Meldung, einen Neger auf dem Thron fänden sie eklig und sie würden sofort die Verfassung ändern. Hätten Sie da Verständnis für Kanada?“
    „Ich habe kein Verständnis für die Art des Vergleichs, Majestät. Hautfarbe und das, was Sie machen, ist wohl kaum miteinander vergleichbar und die Verwendung des Begriffs ‚Neger‘ ist schwer erträglich“, empörte er sich.
    „Sehen Sie, das stört Sie zu Recht. Der Begriff diffamiert Menschen. Aber Sie, die Regierung in Kingston und die jamaikanische Presse würdigen mich zu einem Schwerverbrecher herab. Zehn Jahre Zwangsarbeit würden mich und den Prince Consort auf Jamaika erwarten?“
    „Das müsste ein Gericht entscheiden. Die Diskussion ist so nicht zielführend, Sire.“
    „Das sehen Wir auch so. Also kommen Wir auf den Punkt, Sir Kimber.“
    Der zugeknöpfte erzkonservative Diplomat mit dem Tonfall eines zornigen evangelikalen Reverends provozierte mich. Deshalb wechselte ich absichtlich zum Pluralis Majestatis. „Es ist der Wille Ihres Souveräns, sich öffentlich für Menschenrechte einzusetzen. Die Menschenrechte schließen die Straffreiheit einvernehmlicher homosexueller Handlungen mit ein. Das findet seit dem ersten Tag meiner Regentschaft die Zustimmung des britischen Premierministers. Sie sind Unser Stellvertreter in Jamaika. Ihre Pflicht gegenüber der Krone ist es, dass Sie in Kingston Unsere Position vertreten. Sind Sie dazu in der Lage? Sie können sich Bedenkzeit nehmen.“
    Sir Kimber notierte sich alles gewissenhaft, was einen Moment dauerte. Ich wartete höflich ab, glaubte jedoch nicht daran, dass er ernsthaft meine Gedanken nachvollziehen könnte. Dann schaute er mich mit einem strengen Pastoren-Blick

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