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Ploetzlich Shakespeare

Ploetzlich Shakespeare

Titel: Ploetzlich Shakespeare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Safier
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sein. Denn, mal logisch gesehen, ein Wahntraum müsste sich ja zusammensetzen aus Bildern und Informationen, die sich in meinem Unterbewusstsein angesammelt hatten. Aber über die Historie Englands hatte ich nie etwas in der Schule gelernt, ich hatte keine Filme oder Dokumentarfilme darüber gesehen, ich hatte mich nicht mal ansatzweise dafür interessiert. Dennoch verstand und sprach ich das Englisch jener Zeit, als wäre ich damit aufgewachsen. Es wurde immer wahrscheinlicher: Ich war wirklich in einem früheren Leben gelandet.
    Au Mann, warum hätte ich dann nicht irgendwo hinkommen können, wo es viel netter war als hier? Zum Beispiel nach Beverly Hills. In eine Villa. Als Freundin von James Dean. Die dann aber auch mal - wenn James gerade beim Filmdreh war - Besuch von dem jungen Marlon Brando bekam.
    Drake hielt immer noch die Waffe auf mich gerichtet, er wollte einfach nicht auf den anderen Mann hören. Ich hielt die Luft an.
    «Drake, die Queen wäre nicht amüsiert, wenn Sie ihn töten.»
    Geht mir genauso, dachte ich, atmete aber vor lauter Angst immer noch nicht.
    Drake blickte zu mir, dann zu diesem Walsingham, erneut zu mir und nochmal zu Walsingham, der ihn wiederum finster anstarrte, und schließlich senkte Drake widerwillig die Pistole.
    Ich begann wieder zu atmen.
    «Brav», meinte Walsingham.
    «Finde ich auch», rutschte es mir raus.
    Beide Männer sahen mich finster an. Es war wohl keine allzu gute Idee, in diesem früheren Leben vorlaut zu sein. Daher hielt ich wieder meine Klappe. Drake verzog sich widerwillig mit seinen Mannen, nicht ohne mir zuzuraunen: «Das hier ist noch nicht vorbei.»
    «Leider», seufzte ich.
    Wann würde es aber vorbei sein? Wann zum Teufel würde ich wieder aufwachen? Was hatte Prospero nochmal gesagt? Es kann einem vorkommen, als ob man ein ganzes Leben in der Vergangenheit lebt. Ach du meine Güte, sollte das hier etwa noch Jahre dauern?
    Während ich verzweifelt mit dem Gedanken rang, noch lange in diesem Albtraum leben zu müssen, setzte sich der dicke Mann in Papageienweste schnaufend auf eine Bank, die sich leicht unter seinem Gewicht bog. Er tupfte sich die schweißnasse Stirn mit einem Taschentuch ab. Ihn schien die ganze Situation richtig mitgenommen zu haben, höchstwahrscheinlich hatte er in den letzten Minuten drei Kilo abgenommen und wog jetzt nur noch 143. Der Jüngling hingegen lief auf mich zu und umarmte mich schluchzend: «Du hast überlebt, Will...»
    Jetzt verstand ich, das war offensichtlich mein Name: .
    Halskrause Walsingham wandte sich mir zu: «Kommen Sie her, sofort.»
    Ich nickte brav. Ich wollte diesen Ort gerne verlassen. Und da eine Queen höchstwahrscheinlich in einem Palast lebte, dürfte es doch dort deutlich netter zugehen als hier in diesem ... ja, wo war ich eigentlich? Ich blickte mich zum ersten Mal in Ruhe um: Es sah aus wie ein Theater. Hier wurden wohl die Stücke des Stückeschreibers aufgeführt, der ich gerade war, und der Jüngling, der nun an meiner Schulter mein Hemd vollschluchzte, war sicher ein Schauspieler.
    Das erste Mal musste ich etwas lächeln: Kein Wunder, dass ich als Teenager so gerne über Musicals nachdachte, ich war in einem früheren Leben ein Stückeschreiber!
    Allerdings wohl kein allzu beliebter, denn sonst hätte mich dieser Drake nicht umbringen wollen. Walsingham bedeutete seinen Soldaten, den Jüngling von mir wegzureißen. Der schlich zur Bühne und beschwerte sich heftig über die männliche Rohheit der Soldaten, obwohl man seinem Blick entnehmen konnte, dass er diese insgeheim doch recht attraktiv fand.
    «Wir wollen los!», befahl Walsingham, dessen Autorität wirklich beeindruckend war. Ich würde auch eher Lambada tanzen, als es mir mit diesem Mann zu verscherzen. Auch Limbo. Sogar den Ententanz.
    «Die Queen benötigt Sie und Ihre Künste, Shakespeare.»
    Ich glaubte, mich verhört zu haben.
    Shakespeare?!?
     

15
    Ich war Shakespeare? Der Shakespeare? Aber vor allen Dingen: Ich werde Shakespeare sein, bis ich hier aus dem Schlamassel rauskomme?
    Na ja, immerhin besser als Kafka.
    Hastig versuchte ich zu rekapitulieren, was ich über Shakespeare wusste. Vielleicht gab es ja irgendetwas, was mir hier weiterhelfen konnte. Im Englischunterricht hatte ich nie so recht aufgepasst, obwohl der Lehrer uns immerzu gesagt hatte, dass es für das Leben wichtig sei, sich bei Shakespeare auszukennen. Von einem früheren Leben hatte der Depp allerdings nichts gesagt. Und ein Langweiler war er leider

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